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Dieses Buch unternimmt den Versuch, das Markusevangelium als ein Krisendokument zu verstehen als poetische Reaktion auf den Jüdischen Krieg, auf die Verheerung Galiläas und die Zerstörung Jerusalems. Was immer an ungebrochener Verkündigung der frohen Botschaft von Jesus Christus, dem Sohn Gottes, vor dem Jüdischen Krieg möglich gewesen war, nach dem Untergang Jerusalems war es nicht länger möglich, jedenfalls nicht für den Verfasser des ältesten der drei synoptischen Evangelien. Im Markusevangelium wird darum nicht Theologie getrieben, 'als wäre nichts geschehen', und ebensowenig erkennen wir in ihm das Bemühen, die Spannung zwischen christologisch begründeter Heilsgewißheit auf der einen Seite und der Erfahrung realer Heillosigkeit auf der anderen in einer Synthese aufzuheben. Statt dessen, so die hier vertretene These, ist das Werk darauf angelegt, diese Spannung ohne den mindesten Versuch einer Abmilderung zur Geltung zu bringen und sie so als Aporie zu erweisen.
Autorentext
Andreas Bedenbender, Dr. theol., Jahrgang 1964, Studium der Evangelischen Theologie. 1988/1989 Studienjahr an der Hebräischen Universität Jerusalem. Seit 1996 verantwortlicher Redakteur der exegetischen Zeitschrift "Texte und Kontexte". 1999 Promotion an der Theologischen Fakultät der Humboldt-Universität zu Berlin. 2008/2009 Alfried Krupp Junior Fellow im Alfried Krupp Wissenschaftskolleg Greifswald. Seit 2010 Pfarrer im Entsendungsdienst der Evangelischen Kirche von Westfalen. 2013 Habilitation an der Fakultät für Kulturwissenschaften der Universität Paderborn. Zu seinen Hauptwerken zählt: "Der Gott der Welt tritt auf den Sinai. Entstehung, Entwicklung und Funktionsweise der frühjüdischen Apokalyptik" (Berlin 2000).
Inhalt
INHALT Teil I. Das Markusevangelium als polyphone Komposition Kapitel 1. Eine kurzgefaßte Entfaltung der Grundthese 3 1.1. Das Markusevangelium und der Judische Krieg 3 1.1.1. Die traditionelle Sicht: der Judische Krieg als ein Geschehen, das mit dem »Evangelium nach Markus« ohne weiteres vereinbar ist 4 1.1.2. Der Judische Krieg als soziale Katastrophe, die (auch) christliche Gruppen in Mitleidenschaft zieht: Joel Marcus und Ched Myers 5 1.1.3. Der Judische Krieg als fundamentale Erschutterung christlicher Gewißheiten 6 1.1.4. Stolpersteine im Markusevangelium: die Sprach- und Ratlosigkeit der Junger 7 1.1.5. Das Markusevangelium, gelesen im Lichte des Judischen Krieges 10 Erlauterungen zur Begrifflichkeit: Das Markusevangelium als »christlicher« Text; »Christianer« als die »Christen des 1. Jahrhunderts« 11 1.2. Die Kreuzigung Jesu als implizite Geschichte des Judischen Krieges 16 1.2.1. DieThese 16 1.2.2. Zur Begrundung einer allegorischen Interpretation des Markusevangeliums 17 a) Erlauterungen zur Begrifflichkeit: Metapher, Symbol, Allegorie und Allegorese 18 b) Der Kampf der modernen Bibelauslegung gegen die Allegorese und das Wiederaufkommen allegorischer Interpretationen 25 c) Das allegorische Potential des Markusevangeliums 26 d) Indizien fur das Vorliegen einer allegorischen Sinnschicht im Markusevangelium 30 1.2.3. Der Judische Krieg als Praetext des Markusevangeliums 31 a) Die im Markusevangelium erkennbaren allegorischen Bezuge zum Judischen Krieg 31 b) Die Auswirkungen des allegorischen Kriegsbezugs auf den Sinn des Markusevangeliums 34 c) Die Passion Jesu als allegorisch-reale Geschichte 35 1.3. Die Leistung des von Markus gewahlten Verfahrens 36 1.3.1. Die exemplarische Verdichtung der Ereignisse 36 1.3.2. Die poetische Verfremdung der Ereignisse 41 Exkurs a): Die Zerstorung Jerusalems in der Darstellung heidnisch-romischer, fruhjudischer und fruhchristlicher Quellen 41 Exkurs b): Die synoptischen Evangelien als Beispiele fur eine »typisch judische« Rezeption der Zerstorung Jerusalems 49 1.4. Das Markusevangelium in Auseinandersetzung mit anderen christlichen Deutungen der Zerstorung Jerusalems 52 1.4.1. Die falschen Zeugen im Prozeß Jesu (Mk 14,5659) 52 1.4.2. Das Bekenntnis der Damonen 56 1.4.3. Der Beelzebul-Vorwurf (Mk 3,2230) 57 1.5. Das Markusevangelium von seinem Anfang her gelesen: eine Schutzschrift fur Israel 64 1.6. Das Markusevangelium von seinem Ende her gelesen: ein auf christologische Klarung und auf Selbstvergewisserung zielender Text 66 1.7. Weitere Themen des Markusevangeliums 69 1.8. Zur Diskussion um die Gattung des Markusevangeliums 69 1.9. Kontrollfragen 70 Kapitel 2. Von Lesern und Nichtlesern 72 2.1. Fur welche Zielgruppe wurde der Text geschrieben? 72 2.1.1. Die »markinische Gemeinde« als Phantasma der Forschung 72 2.1.2. Die Okumene der Apostelnachfolger 74 2.2. Eine heterogene Leserschaft 75 2.2.1. Minimal informierte, durchschnittlich kompetente und ideale Leser. Die Eigennamen des Markusevangeliums 76 Exkurs: Surreale Elemente in der Sprachwelt des Markusevangeliums 85 2.2.2. Judenchristliche und heidenchristliche Leser 89 2.2.3. Zur Moglichkeit einer interpretatio simul biblica et hellenistica 91 2.2.4. Der lector malevolens: der heidnische Sachwalter des romischen Staates 94 2.2.5. Der jakobaisch-pharisaische lector incurvatus in se ipsum I 98 2.2.6. Der am Sinn der theologia crucis zweifelnde lector incurvatus in se ipsum II 106 2.2.7. Gott 107 2.3. Charakteristische Nichtleser des Markusevangeliums 109 2.3.1. Der non lector malevolens als Vertreter einer damonischen Christologie 109 2.3.2. Christliche Zeloten 111 2.3.3. Der non lector feminei generis (seu non lectrix) 112 Kapitel 3. Tradition und Subversion. Die Aufnahme vormarkinischer Jesusuberlieferungen 116 3.1. Voruberlegungen 116 3.2. Das Jungerunverstandnis als Ausdruck der literarischen Strategie des Evangelisten 117 3.3. Die o des Markusevangeliums 119 3.3.1. Vom Sinn der Rede v o (Mk 4,1013.2125.33f.) 119 3.3.2. Die Bedeutung der einzelnen o 127 a) Die Antwort Jesu auf den Beelzebul-Vorwurf (Mk 3,2327) 128 b) Das Ratselgleichnis vom vierfachen Acker (Mk 4,19.1420) 128 c) Das Ratselgleichnis vom Senfkorn (Mk 4,3032) 131 d) Die Belehrung uber Rein und Unrein (Mk 7,1423) 132 e) Das Ratselgleichnis von den bosen Weingartnern (Mk 12,112) 142 f) Das Ratselgleichnis vom Feigenbaum (Mk 13,28f.) 145 3.3.3. Zusatz: die Geschichten vom Turhuter (Mk 13,3437) und von der selbstwachsenden Saat (Mk 4,2629) 147 3.4. Jesus als Tempelzerstorer ein Mißverstandnis 150 3.5. Voraussetzungen fur die Moglichkeit, die traditionelle Jesusuberlieferung durch Innovationen zu erganzen 151 3.6. Zusatz: Die Umdeutung Johannes des Taufers 152 Kapitel 4. Das Markusevangelium ein judischer Text? 153 Kapitel 5. Mutmaßungen uber Markus 159 Teil II. Topographie des Schreckens. Beobachtungen zu ausgewahlten Ortsangaben des Markusevangeliums Kapitel 6. Kein Ort, nirgends. Die Erfahrung der Tempelzerstorung als »Sitz im Leben« des Markusevangeliums 165 6.1. Tóo und o óo im Markusevangelium 165 6.1.1. Das Problem 165 6.1.2. Der o óo in der LXX 169 6.2. Das Zusammentreffen von óo und Mitgliedern der Wortfamilie * in der griechischsprachigen Literatur des Judentums (unter Einschluß des NT) 171 6.2.1. Die »zwischentestamentliche« Literatur a) Die Paraleipomena Jeremiou 172 b) Zusatz: 4 Esra 173 6.2.2. Philo von Alexandrien 174 6.2.3. Flavius Josephus174 6.2.4. Die ubrigen Schriften des NT 176 a) »An dem heiligen Orte« (Mt 24) 176 b) Die Flucht der Frau an den Ort in der Wuste (Offb 12,6.14) 177 6.3. Weiterfuhrende Uberlegungen fur das Markusevangelium 178 6.3.1. Der abwesende Ort 178 6.3.2. Der o óo als Storung im Gefuge des Textes 180 a) Mk 1,35 180 b) Mk 1,45 und 6,31 f. 182 6.3.3. Das Evangelium in der Wuste 187 6.4. Fazit 190 Kapitel 7. Golgatha die »Schadelstatte«. Auslegung von Mk 15,3339 191 7.1. Der Text 191 7.2. »Dieser Mensch ist Gottes Sohn gewesen.« Der Nekrolog des Zenturio (V.39) 191 7.2.1. Der Zenturio als christlicher Bekenner: eine akustische Tauschung 191 a) Der Sinn des Satzes bleibt in einem entscheidenden Punkt offen 192 b) »Dieser ist Gottes Sohn gewesen« ist kein christliches Bekenntnis 194 c) Das Bekenntnis der Damonen 194 7.2.2. Der…