CHF9.90
Download steht sofort bereit
In Fürstentümern, in verlassenen Dörfern, im Dunkelwald und am Ufer des Meeres treiben düstere Seelen ihr Unwesen. Gerüchte über eine schicksalhafte Urteilsverkündung geraten in Umlauf. Ludwig van Normayenn und die Bruderschaft der Seelenfänger sind die letzte Hoffnung der Menschen - nur sie können das Land noch vor der Dunkelheit bewahren. Doch Ludwig ist lebensgefährlich verwundet worden. Wird die Bruderschaft scheitern und die Welt zugrunde gehen? Alexey Pehov gehört zu den erfolgreichsten russischen Autoren unserer Zeit. Seine epischen Chroniken von 'Siala' und 'Hara' wurden zu internationalen Bestsellern, und die neue Serie des Autors, 'Die Chroniken der Seelenfänger', steht ihren Vorgängern auch in Band 2 in nichts nach.
Alexey Pehov, geboren 1978 in Moskau, studierte Medizin. Seine wahre Leidenschaft gilt jedoch dem Schreiben von Fantasy- und Science-Fiction-Romanen. Er ist neben Sergej Lukianenko der erfolgreichste phantastische Schriftsteller Russlands. 'Die Chroniken von Siala' wurden zu millionenfach verkauften, mit mehreren Preisen ausgezeichneten Bestsellern. Zuletzt erschien seine epische Fantasyreihe 'Die Beschwörer'. Gemeinsam mit seiner Ehefrau, die ebenfalls Schriftstellerin ist, lebt Pehov in Moskau.
Vorwort
Die Welt steht am Rande des Abgrunds ...
Autorentext
Alexey Pehov, geboren 1978 in Moskau, studierte Medizin. Seine wahre Leidenschaft gilt jedoch dem Schreiben von Fantasy- und Science-Fiction-Romanen. Er ist neben Sergej Lukianenko der erfolgreichste phantastische Schriftsteller Russlands. "Die Chroniken von Siala" wurden zu millionenfach verkauften, mit mehreren Preisen ausgezeichneten Bestsellern. Zuletzt erschien seine epische Fantasyreihe "Die Beschwörer". Gemeinsam mit seiner Ehefrau, die ebenfalls Schriftstellerin ist, lebt Pehov in Moskau.
Leseprobe
1
Der Dunkelwald
An meine Eltern hatte ich kaum Erinnerungen. Nicht daran, wie sie aussahen, nicht daran, wie ihre Stimmen klangen. Worüber sie lachten, wovon sie träumten - ich weiß es nicht.
Das Einzige, woran ich mich erinnerte, war das Wiegenlied, das meine Mutter mir vorsang, damals, bevor ich ins Waisenhaus kam. Auf einem Tisch mit einer weißen Spitzendecke darüber stand eine Wachskerze, die ein sanftes Licht spendete. Die Flamme spiegelte sich in dem kleinen Fenster, durch das die verschneite Straße zu sehen war. Im Ofen prasselte Feuer, das für wohlige Wärme sorgte. Bereits einschlummernd, lauschte ich dem Lied meiner Mutter.
Seitdem waren wer weiß wie viele Jahre vergangen. Trotzdem träumte ich häufig von diesem Lied, wachte jedoch jedes Mal auf, bevor meine Mutter es zu Ende gesungen hatte. Danach lag ich stets wach, starrte an die Decke irgendeines Zimmers in irgendeiner Schenke oder auf die niedrig hängenden Äste von Ahornbäumen samt den Sternen am Himmel und versuchte, mich an das ganze Lied zu erinnern. Doch mein Gedächtnis kannte kein Erbarmen, stellte mir den Rest des Textes nie zur Verfügung, geschweige denn die Stimme meiner Mutter.
Als ich Apostel einmal gestand, wie sehr ich mich an den Schluss des Liedes und die Stimme meiner Mutter zu erinnern wünschte, hatte er bloß die Schultern gezuckt und gemurmelt, alle Menschen würden ihre Kindheit irgendwann vergessen.
Aber warum erinnerte ich mich dann an die verschneite Straße und die Kerze auf dem Tisch? Warum erinnerte ich mich an das von Grauen gezeichnete Gesicht unserer Nachbarin, als die ersten Menschen in Ardenau vom Justirfieber erfasst wurden. An die unter Schnee begrabenen Leichen, den Aufstand, Schießereien und gehenkte Menschen. Nur an den vollständigen Text des Wiegenliedes und die Art, wie meine Mutter gestorben war, erinnerte ich mich eben nicht.
Zu der Zeit, als ich die Beichte noch für recht bedeutsam hielt und sie folglich regelmäßig ablegte, hatte mir ein Kirchenmann einmal gesagt, Gott würde mich auf diese Weise auf die Probe stellen. Meine Demut solle dann im Paradiese vergolten werden, wo mir Engel besagtes Wiegenlied vorsingen würden. Aber in dem Punkt waren sich die Herren der Kirche ja durch die Bank einig: Im Jenseits würde sich alles glücklich fügen, weshalb man hienieden jedes Leid ertragen müsse - und bloß nicht vergessen dürfe, den Ablass zu entrichten.
Doch als Scheuch mich damals im Frühjahr auf der schmutzigen Landstraße geschultert hatte, mein Blut zu Boden getropft und ich fest davon überzeugt gewesen war zu sterben, da hatte ich keine Lieder gehört. Überhaupt nichts hatte ich da gehört. Keine Stimmen, keine Harfen. Mir war auch weder der Duft von Feldblumen oder Obstbäumen noch Schwefelgestank aufgefallen. Ich hatte irgendwo zwischen Himmel und Hölle gebaumelt, gefangen im Dunkel des Vergessens, und nicht einmal mehr gewusst, wer ich war, geschweige denn, wie das Wiegenlied in meiner Kindheit endete.
Irgendwann hatte mich Schlaf überwältigt, unendlich süßer Schlaf. Am liebsten hätte ich, gebettet in warme Schwanenfedern, ewig weitergeschlafen. Damit ich an nichts mehr denken musste. In diesem Zustand, weder tot noch lebendig, hatte ich mir eine Schwäche erlaubt, die ich mir seit Jahren versagt hatte: Ich hatte mein Schicksal in fremde Hände gelegt.
Hatte mich aufgegeben, auch nicht mehr an all diejenigen gedacht, denen ich etwas bedeutete. Sämtliche Entscheidungen über mein Leben hatte jemand anders getroffen ...
Es war tief in der Nacht, bis zur Morgendämmerung schien es noch eine Ewigkeit hin zu sein. Allein der Gedanke, je wieder hinauf in die strahlende Sonne zu blicken, nahm sich absurd aus. Ich lag auf dem Rücken, unmittelbar auf dem erstaunlich warmen, wenn auch etwas rauen Boden, der gleichmäßig unter mir atmete. Dicht über mir zogen Sterne dahin. Kalte Sterne, die an die unablässig schlagenden Her