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Friesland im 12. Jahrhundert. Robin ist fünfzehn Jahre alt, als Fremde ihr Dorf überfallen und die Bewohner niedermetzeln. Als einzige Überlebende des Massakers befindet sie sich nun in höchster Gefahr, denn sie hat die Mörder erkannt. Als Knappe getarnt, findet sie Zuflucht im Orden der Templer. Sie lebt sich schnell ein und verblüfft die Ordensbrüder mit ihrem Wissensdurst, ihrem Mut und ihrer Unerschrockenheit. Aber schon nach kurzer Zeit gerät sie erneut in Gefahr...
Friesland im 12. Jahrhundert: Robin ist noch ein junges Mädchen, als Fremde ihr Dorf überfallen und ihre Mutter töten. Man verdächtigt die Tempelritter, doch Robin kennt die Wahrheit. Sie sucht Zuflucht vor den wirklichen Mördern bei den Templern und beginnt ihr eigenes, geheimnisvolles Schicksal zu begreifen.
Autorentext
Wolfgang Hohlbein wurde 1953 in Weimar geboren. Seit er 1982 gemeinsam mit seiner Frau Heike den Roman »Märchenmond« veröffentlichte, arbeitet er hauptberuflich als Schriftsteller. Mit seinen Romanen aus den verschiedensten Genres Thriller, Horror, Science-Fiction und historischer Roman hat er mittlerweile eine große Fangemeinde erobert und ist einer der erfolgreichsten deutschen Autoren überhaupt. Er lebt mit seiner Familie in der Nähe von Düsseldorf.
Leseprobe
Robins Welt war klein. Ausgehend von dem Dorf, in dem sie geboren und aufgewachsen war, masie weniger als einen Tagesmarsch in jede Richtung und im Norden sogar noch sehr viel weniger, denn dort hrte die Welt gewisserman auf. Wenn man zwei Stunden in scharfem Tempo in diese Richtung marschierte, erreichte man die Dnen, niedrig, unregelmg und von klichen Flecken borstigen Grns bewachsen, und wenn man sie berquerte und sich dem Wind stellte, der selbst im Sommer manchmal eisig war, dann sah man das Meer: eine unendliche, manchmal blaue, zumeist aber schmutzig graue nis, die nirgendwo anfing und nirgendwo endete.
Im Westen fhrte der Weg schon weiter. Brach man um die Osterzeit bei Sonnenaufgang auf, so erreichte man am spn Nachmittag den Fluss. Er war nicht sehr breit, aber tief und reind. Die Bewohner des Dorfes auf der anderen Uferseite lagen mit denen aus Robins Dorf im Streit, was in gewisser Weise ungemein praktisch war: So kam niemand in Versuchung, den Fluss zu berqueren und dabei das Risiko einzugehen, in null Komma nichts zu ertrinken. Im Sden und Osten schlieich erhoben sich dicht bewaldete Hgel, durch die nur eine einzige, schmale und meist verschlammte Stra fhrte. Gerchten zufolge wurden sie mitunter von Wegelagerern und wilden Tieren heimgesucht, aber Robin vermutete, dass diese Grlmhen maos bertrieben waren. erprfen konnte sie das allerdings nicht: Niemand aus ihrem Dorf hatte diese Stra je benutzt; jedenfalls nicht, solange sie sich zurckerinnern konnte.
Robin verdankte ihren etwas ungewhnlichen Namen ihrem Vater. Er war Engler - vielleicht auch Schotte, so genau hatte sie diesen Unterschied nie begriffen - und hatte nur einen einzigen Winter in ihrem Dorf verbracht. Zusammen mit einer Hand voll Kameraden war er eines Morgens vor fnfzehn Jahren pltzlich aus dem Wald getorkelt. Dem halben Dutzend zerlumpter, blutberstrmter, aber auch schwer bewaffneter Gestalten erging es ganz offensichtlich nicht viel besser als ein paar Hasen bei einer Treibjagd: Sie waren vollkommen am Ende ihrer Kre und sahen so gehetzt aus, als ob sie schon das Hufgetrappel der Verfolgermeute hren wrden.
Nachdem sich die erste Aufregung gelegt und die Dorfbewohner begriffen hatten, dass ihnen von den fremden Soldaten zumindest keine unmittelbare Gefahr drohte, hatten es sich die Fremden unter der gron Linde auf dem Dorfplatz einigerman gemtlich gemacht, ihre Wunden versorgt, etwas getrunken und gegessen und wenddessen begonnen, ihre Geschichte zu erzen. Sie gehrten zu einem Heer, das sich auf dem Weg ins Heilige Land befand und nicht weit vom Dorf entfernt vorbeigezogen war. Wend eines pltzlichen Schneesturms - so erzten sie wenigstens - waren sie vom Haupttross getrennt worden, und kaum hatte sich das Wetter gebessert, da waren sie in einen Hinterhalt geraten, dem sie nur mit knapper Mhe entkommen konnten. Nun war ihr Heer fort und sie hatten keine andere Wahl, als auf das Frhjahr zu warten, um sich dann auf eigene Faust auf den Weg ins Land des Heilands zu machen.
Das war jedenfalls die Geschichte gewesen, die sie erzten. Niemand im Dorf hatte sie wirklich geglaubt. Wahrscheinlicher war wohl, dass es das Heer, von dem sie gesprochen hatten, zwar gab, sie selbst aber nichts anderes als Deserteure waren. Aber welcher der einfachen Bauern und Fischer he schon den Mut gehabt, das einem halben Dutzend schwer bewaffneter Soldaten ins Gesicht zu sagen?
Dabei hen sie es vermutlich ohne gro Gefahr gekonnt. Die Leute im Dorf sprachen selten ber den Winter, in dem die englischen Soldaten da gewesen waren. Aber wenn sie es taten, dann war in ihren Stimmen keine Bitterkeit oder gar Zorn, sondern vielmehr ein Ton, als spre man ber liebe alte Freunde, die man gerne einmal wiedersehen wrde. Robin hatte nicht erfahren, was sich in jenem Winter vor fnfzehn Jahren wirklich zugetragen hatte, aber als die Schneeschmelze einsetzte und die Soldaten wieder abzogen, waren sie und viele Dorfbewohner Freunde gewesen.
Vier Monate spr war Robin geboren worden.
Niemand im Dorf hatte Robins Mutter diesen Fehltritt wirklich bel genommen. Sie war damals schon seit zehn Jahren Witwe und fhrte ein einfaches, aber gottesfrchtiges Leben und Robin vermutete, dass der englische Soldat - ihre Mutter nannte niemals seinen Namen, wenn sie ber ihn sprach, so nannte sie ihn stets nur den Soldaten -, dass dieser namenlose englische Soldat also ihrer Mutter etwas gegeben hatte, worauf sie zu lange hatte verzichten mssen.
Robin dachte an nichts von alledem, als sie sich an jenem Abend der leer stehenden Kapelle am Ortsrand nrte. Es war der vierzehnte Juli, aber obwohl es der Tag war, der Robins Leben in so vollkommen andere Bahnen lenkte, dass sie kurz darauf ein vllig neuer Mensch zu werden schien, wusste sie nicht einmal das Datum. Niemand im Dorf zte das Verstreichen der Zeit anhand von Kalendertagen, und wozu auch? Das Leben im Dorf wurde von den Jahreszeiten bestimmt - Frhling, Sommer, Herbst, Winter - und vom sonntichen Kirchgang, nicht von Jahreszahlen.
Aurdem war Robin aufgeregt. Sehr aufgeregt. Sie war unterwegs, um ihren neuen Freund zu treffen, den sie vor vier Wochen kennen gelernt hatte; Jan, den Knappen, der im Dienst eines richtigen Ritters stand und stets spannende und aufregende Geschichten zu erzen hatte.
Es war purer Zufall gewesen, dass sie sich getroffen hatten - oder, um genau zu sein, eine Kombination aus Zufall und Robins bergror Neugier, die ihr schon mehr als einmal gehrigen ger eingebracht hatte. Die alte Kapelle lag ein gutes Stck aurhalb des Dorfes, gerade weit genug, um den Weg lig werden zu lassen, und niemand wusste mehr genau, warum man sie ausgerechnet dort errichtet hatte, und als sei damit alles gesagt, brachte man ihr auch nicht unbedingt den Respekt entgegen, den sie als ein Gotteshaus zweifellos verdiente. Ganz im Gegenteil: Dstere Geschichten rankten sich um die aufgelassene Kapelle. Es hie dass dort heidnische Riten abgehalten worden seien, und einige der Alten behaupteten sogar, dass der Teufel selbst dort nachts sein Unwesen treibe. Darber hinaus war es ein offenes Geheimnis, dass die Kapelle den Liebespaaren aus dem Ort als verschwiegener Treffpunkt diente. Robin hatte sich oft gefragt, was sie dort eigentlich taten, und sie hatte diese Frage sogar einmal ihrer Mutter gestellt, aber eine so rde Abfuhr erhalten, dass sie es fortan nicht mehr gewagt hatte, das Thema anzusprechen.
An jenem Abend vor vier Wochen befand sie sich auf dem Rckweg ins Dorf. Sie hatte Krer gesammelt, aus denen ihre Mutter allerlei Salben und Tinkturen herzustellen wusste, aber auch wohlschmeckende Tees, und sie hatte nicht auf die Zeit geachtet und musste sich nun sputen, um noch vor Einbru…
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