Tiere und Geschlecht

In diesem Band von Tierstudien geht es um die verschiedenen Ebenen der vergeschlechtlichten Beziehung von Menschen zu anderen Tieren, aber auch anderer Tiere untereinander. Die Autorinnen untersuchen, inwieweit sich Konzepte der Gender-Theorie eignen, um die Performativität von Geschlecht in tierlichen und tierbezogenen Praktiken, die diese als männliche und weibliche Aktivitäten darstellen, herauszuarbeiten. Ein Aspekt, der befragt wird, ist, inwiefern Tiere nicht nur ein Geschlecht, sondern auch *gender haben, das in diesen Praktiken ebenfalls hergestellt wird.

Geschlecht im Sinne von sex bestimmt häufig darüber, welchen Tieren Menschen erlauben, sich fortzupflanzen. Das ganze Feld der Tierzucht basiert auf der vergeschlechtlichten Zuchtwahl: Haustiere werden kastriert oder sterilisiert, mit Hormonvergabe wird die Fortpflanzungsfähigkeit von Nutztieren gefördert, Verhütungsmittel werden in Taubenfutter gemischt und männliche Küken geschreddert.

Gender hingegen bestimmt den sozialen Ort von Gruppen und Individuen und dazu gehören auch Tiere. Zwar handelt es sich nicht selten um Projektionen menschlicher Vorstellungen auf die Tierwelt, doch nimmt man kulturelle Ko-Produktion und Ko-Evolution ernst, muss angenommen werden, dass diese Projektionen zu Praktiken geführt haben, die sich in die Körper und die Kultur der Tiere eingeschrieben haben.

Zu den Themen des Bandes zählen Animal Drag, Zoosexualität, tierliche Homosexualität, hegemoniale Männlichkeit in der Mensch-Tier-Beziehung und die Pferdeliebe von Mädchen. Auch Geschlechterkonstellationen und vergeschlechtliche Mensch-Tier-Verhältnisse in der Falknerei, der Hundehaltung, der Schweinezucht und im Zibetkatzenhandel kommen zur Sprache. Neben Hühnern und Fischen werden zudem u.a. auch Bulldoggen und Löwinnen in den Blick genommen.

Mit wissenschaftlichen Beiträgen von Max Böhner, Philine Helas, Julia Kaiser, Christiane Keim, Alexandra König / Annette Schnabel, Johannes Müller, Maja Martha Ploch, Sarah-Maria Schober, Astrid Silvia Schönhagen, Volker Sommer, Aline Vogt und Nadir Weber.

Mit künstlerischen Beiträgen von Lin May Saeed, SK Symbiotic, Soya the Cow, Martin Steinfeld und Victoria Windtner.

Autorentext

Jessica Ullrich(Dr. phil) ist Honorarprofessorin f Kunstwissenschaft und thetik an der Kunstakademie Mster. Zuvor war sie Wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Philosophischen Fakult der Friedrich-Alexander-Universit Erlangen und Leiterin der Kunstvermittlung im Kunstpalais Erlangen. Sie kuratierte diverse Ausstellungen von zeitgensischer Skulptur und Fotografie. Sie ist Mitglied des Senior Editorial Board vonAntennae, Journal for Nature in the Visual Arts, Reprentantin und Board-Mitglied von Minding Animals Germany und Mitglied von Bdnis f Mensch und Tier, Mchen, ferner von Animalit und thetik Berlin, der Forschungsinitiative Tiertheorie (FiTT), CLAS (Cultural Literary Animal Studies) an der Universit Wzburg und Animals in History, einer von den Universiten Konstanz, Wien und Zich getragenen Gemeinschaftsinitiative. Ullrich studierte Kunstgeschichte, Kunstpagogik und Germanistik in Frankfurt am Main sowie Kultur- und Medienmanagement in Berlin. Sie promovierte zu dem ThemaWachs als thetisches Material. Kper und Kperfragmente in der Wachsbildnerei am Ende des 20. Jahrhunderts und ihre kulturhistorischen Einflse. Im Kontext der Human-Animal Studies verfentlichte sie u.a. gemeinsam mit Friedrich Weltzien und Heike Fuhlbrge den SammelbandIch, das Tier. Tiere als Perslichkeiten in der Kulturgeschichte(Reimer 2008).

Mieke Roscherhat Anglistik mit Schwerpunkt auf Englische Kulturgeschichte, Politikwissenschaften und Pagogik an den Universiten von Bremen und Middlesex studiert. Nach der Promotion 2008 war sie u.a. als Postdoc am Deutschen Historischen Institut in London tig. Von 201113 absolvierte sie ein Bibliotheksreferendariat an der Landesbibliothek Oldenburg und von 201420 war sie Juniorprofessorin f die Geschichte von Tier-Mensch-Beziehungen an der Universit Kassel. Seitdem leitet sie dort das Lehrgebiet Sozial- und Kulturgeschichte. Ihre Forschungsschwerpunkte sind die Geschichte Groritanniens, die britische Kolonialgeschichte, Geschlechtergeschichte, Tiergeschichte und Human-Animal Studies. Ihr derzeitiges Forschungsprojekt konzipiert eine olitische Tiergeschichte des Dritten Reiches. Sie hat zahlreiche Zeitschriftenaufsze und Buchkapitel zur Geschichte der britischen Tierrechtsbewegung und zur Schreibung von Tiergeschichte verfentlicht. 2009 erschien ihr BuchEin Kigreich f Tiere(Tectum).