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"An einem Nachmittag im Frühsommer ging Jane Whittaker zum Einkaufen und vergaß, wer sie war"
So beginnt der Alptraum einer Frau, die sich plötzlich blutbefleckt, die Taschen voller Geld und ohne Erinnerungsvermögen auf den Straßen Bostons wiederfindet. Wer ist dieser Mann, den man ihr als ihren Ehemann vorstellt? Was sind das für Medikamente, die ihr angeblich helfen sollen? Und warum fühlt sie sich als Gefangene im eigenen Haus? Verzweifelt kämpft Jane von nun an um ihr Gedächtnis es wird ein Kampf auf Leben und Tod
Das ist der Stoff, aus dem Alpträume gemacht werden ein phantasiereiches, atemloses Leseerlebnis.
Autorentext
Joy Fielding gehört zu den großen Spitzenautorinnen Amerikas. Seit ihrem Psychothriller »Lauf, Jane, lauf« waren alle ihre Bücher internationale Bestseller. Joy Fielding hat zwei Töchter und lebt mit ihrem Mann in Toronto, Kanada, und in Palm Beach, Florida.
Leseprobe
An einem Nachmittag im Frhsommer ging Jane Whittaker zum Einkaufen und verga wer sie war.
Sie stand an der Ecke Cambridge und Bowdoin Street mitten in Boston und wurde sich pltzlich ohne jede Vorwarnung bewu, dasie zwar genau wue, wo sie war, aber keine Ahnung hatte, wer sie war. Sie wue, dasie auf dem Weg ins Lebensmittelgesch war, um Milch und Eier zu besorgen. Die brauchte sie fr den Schokoladenkuchen, den sie backen wollte; warum sie ihn hatte backen wollen und fr wen, konnte sie aber nicht sagen. Sie wue genau, wieviel Gramm Schokoladenpulver das Rezept vorschrieb, aber ihr eigener Name fiel ihr nicht mehr ein. Sie konnte sich auch nicht erinnern, ob sie verheiratet oder alleinstehend, verwitwet oder geschieden, kinderlos oder Mutter von Zwillingen war. Sie wue weder ihre Gr noch ihr Gewicht noch ihre Augenfarbe. Sie wue ihren Geburtstag nicht und nicht ihr Alter. Sie konnte die Farben der Bler an den Ben benennen, aber sie konnte sich nicht erinnern, ob sie blond oder brnett war. Sie wue, wohin sie wollte, aber sie hatte keine Ahnung, woher sie kam.
Der Verkehrsstrom in der Bowdoin Street flolangsamer und kam zum Stillstand. Rechts und links lsten sich Menschen von ihrer Seite, wie von einem Magneten zur anderen Stranseite hinbergezogen. Sie allein stand wie festgewachsen, nicht imstande, einen Schritt zu tun, kaum fg zu atmen. Vorsichtig, bewu langsam, den Kopf im Kragen ihres Trenchcoats versteckt, blickte sie verstohlen erst ber die eine, dann ber die andere Schulter. Passanten schssen an ihr vorbei, als sei sie gar nicht vorhanden, Mer und Frauen, deren Gesichter keinerlei ere Zeichen von Selbstzweifel zeigten, deren Schritt kein Zgern verriet. Sie allein stand vllig still, nicht willens - nicht fg -, sich zu bewegen. Sie nahm Gerche wahr - Motorengebrumm, Hupen, das Gelter von Menschen, den Klang ihrer Schritte, der abrupt abbrach, als die Autoschlangen sich wieder in Bewegung setzten.
Sie hrte das giftige Flstern einer Frau - diese kleine Nutte, zischte sie - und glaubte einen Moment lang, die Frau spre von ihr. Aber sie war offenkundig im Gespr mit ihrer Begleiterin, und keine der beiden schien sich auch nur im geringsten bewu, dasie neben ihnen stand. War sie unsichtbar?
Eine irrwitzige Sekunde lang dachte sie, sie w vielleicht tot, so wie in einer dieser alten Twilight Zone Episoden, in der eine Frau sich mutterseelenallein irgendwo auf einer ntlichen Stra wiederfindet und verzweifelt bei ihren Eltern anruft, nur um von ihnen hren zu mssen, daihre Tochter bei einem Autounfall ums Leben gekommen sei und was ihr berhaupt einfiele, sie mitten in der Nacht aus dem Schlaf zu rein? Aber dann bestgte die Frau, deren Mund sich eben noch geringschig um das Wort >NutteMadamCindy CrawfordSupermodelCindy Crawford< sah so schn aus, so glcklich, so verdammt selbstsicher. Hoffte sie vielleicht, daetwas von dieser grenzenlosen Selbstsicherheit auf sie abfen wrde? In der Hoffnung, etwas Kleingeld zu finden, griff sie hastig in die Taschen ihres Trenchcoats, erst in die eine, dann in die andere, und konnte nicht glauben, was sie fand. Ihre Hand war voll knisternder neuer Hundert-Dollar-Scheine.
Wau! Der Mann hinter der Theke pfiff durch die Ze. Haben Sie vielleicht 'ne Bank ausgeraubt oder so was? Dann: Oder haben Sie die selbst gedruckt?
Sie sagte nichts, starrte nur auf das Geld in ihrer Hand.
Ist ja auch egal. Mit Hundert-Dollar-Scheinen kann ich jedenfalls nichts anfangen. Wenn ich Ihnen jetzt einen Hunderter kleinmach, hab ich nachher kein Wechselgeld mehr. Wieviele von den Dingern haben Sie berhaupt?
Sie sprte, wie der Atem in kurzen, flachen Stn aus ihrer Brust herausgepre wurde. Was in aller Welt tat sie mit zwei Taschen voller Hundert-Dollar-Noten? Woher kam das viele Geld?
Hey, alles in Ordnung, Lady? Der Mann hinter der Theke sah stlich zur Tr. Sie werden mir doch hier nicht umkippen?
Haben Sie eine Toilette?
Nur privat, sagte er stur. Bitte!
Die Verzweiflung in ihrer Stimme berzeugte ihn offenbar, denn er hob hastig den Arm und wies zu dem Lagerraum zu seiner Rechten. Aber da hab ich gerade saubergemacht. Versauen Sie mir nicht den frisch geschrubbten Boden, wenn's geht.
Sie fand die Toilette neben dem Lagerraum ohne Mhe. Es war eine enge Kammer mit einer alten Toilette und einem gesprungenen Spiegel ber einem fleckigen Waschbecken. An den Wen waren Kartons mit Vorrn gestapelt. Neben der Tr stand ein zur Hte mit Wasser gefllter Eimer, daneben lehnte ein Schrubber.
Sie rannte zum Becken und drehte das kalte Wasser auf. Die Zeitschrift unter den Arm geklemmt, fing sie den eisigen Strahl mit beiden Hen und schwappte sich das Wasser ins Gesicht, bis sie das Gefhl hatte, wieder gerade stehen zu knnen, ohne ohnmtig zu werden.
Langsam hob sie das Gesicht zum Spiegel und fuhr zurck. Die Frau, die sie anblickte, war eine Fremde. Nichts an ihren Zgen war auch nur vage vertraut. Sie betrachtete die helle Haut und die dunkelbraunen Augen, die kleine, etwas aufgeworfene Nase und den vollen Mund, der im gleichen Korallenton gemalt war wie ihre Nl. Das braune Haar war vielleicht eine Nuance heller als die Augen, zu einem Pferdeschwanz zurckgebunden und von einer straesetzten Spange gehalten, die sich gelockert hatte und herauszufallen drohte. Sie zog sie ganz heraus, schttelte den Kopf und sah, wie ihr Haar weich und locker auf ihre Schultern fiel.
Ein anziehendes Gesicht, dachte sie, es mit Abstand taxierend, als ziere es wie Cindy Crawfords das Titelblatt einer Zeitschrift. Ganz hbsch, hatte der junge Mann gesagt. Vielleicht etwas mehr. Es war makellos. Nichts war zu grooder zu klein. Nichts stach unangenehm heraus. Alles war da, wo es sein mue. Sie schte ihr Alter auf Mitte Dreig und fragte sich gleich darauf, ob sie er oder jnger aussah, als sie wirklich war. Das ist alles so verwirrend, flsterte sie ihrem Abbild zu, das den Atem anzuhalten schien. Wer bist du?
Ich kenne dich nicht, antwortete ihr Spiegelbild, und beide Frauen senkten die Kpfe und starrten in das fleckige Becken aus weim Porzellan.
O Gott, flsterte sie, als eine Hitzewallung in ihr hochscho Werd jetzt nicht ohnmtig! rief sie sich zu. Werd jetzt blonicht ohnmtig.
Doch die Hitzewelle flutete durch ihren ganzen Krper, durch die Beine und den Magen in die Arme und den Hals, und staute sich in ihrer Kehle. Sie hatte das Gefhl, von innen heraus zu schmelzen, ein Gefhl, als wrde sie jeden Moment in Flammen aufgehen. Wieder spritzte sie sich Wasser ins Gesicht, aber es khlte sie nicht ab und machte sie nicht ruhig. Sie rian den Knpfen ihres Mantels, um ihrem Krper Luft zu geben, mehr Raum zum Atmen. Die Zeitschrift unter ihrem Arm fiel zu Boden, sie bckte sich hastig nach ihr und zog im Aufstehen ihren Mantel auseinander.
Sie holte tief Luft und erstarrte.
Langsam, wie eine Marionette, die von fremder Hand gefhrt wird, senkte sie in nahtloser Bewegung den Kopf zur Brust. Was sie sah - schon gesehen, aber nicht zur Kenntnis genommen hatte, als sie in die Knie gegangen war, um die Zeits…