Tiefpreis
CHF45.35
Auslieferung erfolgt in der Regel innert 1 bis 2 Wochen.
Kein Rückgaberecht!
Internationale Arbeitsstudien
Die Hartz-Reformen rückten das Paradigma der aktivierenden Arbeitspolitik in den Fokus: Durch Eigeninitiative sollen aus »passiven« Arbeitslosen »aktive« Arbeitssuchende werden. Dennis Eversberg entwickelt eine soziologische Konzeption dieses Arbeitsmarkts, der »aktivierte« Subjekte erzeugen soll. Er entschlüsselt damit an einer empirischen Fallstudie die gesellschaftliche Dynamik der »Dividualisierung«: Arbeitskraft bezieht sich nicht mehr auf das Individuum. Stattdessen sind »Dividuen« gefragt, die ihre Kompetenzen permanent messen, vergleichen und optimieren, um den Marktanforderungen gerecht zu werden.
Vorwort
Internationale Arbeitsstudien
Autorentext
Dennis Eversberg, Dr. phil., ist wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Soziologie der Universität Jena.
Klappentext
Die Hartz-Reformen rückten das Paradigma der aktivierenden Arbeitspolitik in den Fokus: Durch Eigeninitiative sollen aus »passiven« Arbeitslosen »aktive« Arbeitssuchende werden. Dennis Eversberg entwickelt eine soziologische Konzeption dieses Arbeitsmarkts, der »aktivierte« Subjekte erzeugen soll. Er entschlüsselt damit an einer empirischen Fallstudie die gesellschaftliche Dynamik der »Dividualisierung«: Arbeitskraft bezieht sich nicht mehr auf das Individuum. Stattdessen sind »Dividuen« gefragt, die ihre Kompetenzen permanent messen, vergleichen und optimieren, um den Marktanforderungen gerecht zu werden.
Leseprobe
Erster Grundsatz: Die Frage nach der Macht "Aktivierung" präsentiert sich hier also als Strategie machtförmiger Einwirkung auf die subjektive Verfassung von Individuen, durch die diese im "gesellschaftlichen" Interesse auf aktives Handeln verpflichtet und die Herstellung von Passung zu den Anforderungen des Marktes zum Erfolgsmaßstab dieses Handelns erklärt werden. Damit ist über die konkreten Formen politisch-administrativen Intervenierens, die sich mit dieser Zielsetzung in Programmatik wie Praxis verbinden, noch nichts gesagt, wohl aber über Menschenbild und Politikvorstellungen eines Modus der Herstellung des Sozialen: Menschen gelten als form- und anpassbar, insbesondere aber als zur Selbstanpassung fähig, "der Markt" dagegen erscheint als unbeeinflussbare Größe, deren Diktate anzuerkennen und zu befolgen sind. Arbeitsmarktpolitische Interventionen geraten folglich zu Technologien der Erzeugung von aktiv handelnden, sich aus freien Stücken an den Bedarfen "des Markts" orientierenden Arbeitsmarktsubjekten. In guter soziologischer Tradition ist dies der erste Grundsatz der Perspektive auf den Gegenstand "Ar-beitsmarkt", die ich hier theoretisch begründen und auf ein empirisches Beispiel anwenden will: Es geht um Macht, und zwar um eine Macht, die auf die Subjektivität derer zielt, über die sie ausgeübt wird, und diese zu modifizieren sucht. Über Struktur und Logiken von Politiken der "Aktivierung" ist auch und gerade aus machtkritischer Perspektive viel geschrieben worden. Darüber hinaus wurden gerade die Hartz-Reformen - also jene politischen Restrukturierungsmaßnahmen, durch die die oben wiedergegebene "Leitidee" von der Aktivitäts-Absicherungs-Relation als oberste Handlungsmaxime arbeitsmarktpolitischer Intervention institutionell verankert werden sollte - in ihren Folgen durch ein beispiellos aufwendiges evaluierendes Forschungsprogramm untersucht. Angesichts dessen ist es umso erstaunlicher, dass die Frage, inwiefern denn "aktivierende" Arbeitsmarktpolitiken in ihrer Praxis ihren programmatischen Kernanspruch - die Hervorbringung von ihrem Selbstverständnis nach aktiven, sich aus eigenem Antrieb um Teilhabe am ökonomisch gerahmten, kommodifizierten Prozess der Produktion des Gesellschaftlichen bemühenden Subjekten - eigentlich einlösen, bisher kaum gestellt wurde. Diese Frage aber ist es, die für diese Studie erkenntnisleitend sein soll und die ich, wie durch das bis hierher Gesagte schon angedeutet, aus einer den In-tentionen machtförmiger Bearbeitung von Subjektivität gegenüber grundsätzlich kritischen Perspektive zu stellen suche. Wenn ich hier also untersuche, ob "Aktivierung" ihre Ziele erreicht, dann richtet sich dies nicht auf die Erhöhung der Effektivität "aktivierender" Interventionen, sondern auf eine Kritik der Formen von Zurichtung, Unterordnung und Zwang, die solche Politiken erzeugen - und zwar nicht nur dort, wo diese intentional ausgeübt werden, sondern auch und gerade da, wo sie sich "hinter der Kulisse" programmatischer Versprechen von Integration, sozialem Aufstieg und Selbstbestimmung auf strukturellem Wege materialisieren. Dazu entwickle ich nach einer historisch-soziologischen Kontextualisierung von "Aktivierung" (Kapitel 2) zunächst auf theoretischer Ebene eine machtkritische Analyseperspektive auf Arbeitsmärkte und Arbeitskraft, ausgehend von Pierre Bourdieus Konzepten des Feldes und des Habitus beziehungsweise der Dispositionen sowie von einer konstruktivistisch-strukturalistischen Reinterpretation des Dispositivbegriffs Michel Foucaults (Kapitel 3-5). Diese wende ich dann mit Hilfe qualitativer Methoden auf das empirische Beispiel der an benachteiligte Jugendliche gerichteten "aktivierenden" Pilotmaßnahme KapUZe ("Kompetenzaufbau durch persönliche Unterstützung in der Zeitarbeit") an, um herauszuarbeiten, wie sich deren Rationalitäten und Tech-nologien über mehrere Ebenen hinweg - von den Intentionen der Program-matik bis in die Wahrnehmung und die Handlungen der zuvor arbeitslosen Teilnehmenden hinein - brechen und welche Auswirkungen auf deren subjektive Verfasstheit sowie auf ihre Position im sozialen Raum der Klassen sie erzeugen. Aus der Untersuchung der "Machtstruktur" des Projekts KapUZe auf die-sem Wege und mit diesem theoretischen Rüstzeug hat sich ein zentraler Befund ergeben, der der Darstellung meiner Forschungsergebnisse in diesem Buch als strukturierende Kernthese zugrunde liegt und der auch in seinem Titel bereits angedeutet ist: "Aktivierung" ist nicht, wie häufig unterstellt, ein Programm der Individualisierung, sondern eines der Dividualisierung. Wie zu zeigen sein wird, ist die Ausübung von Macht innerhalb "aktivierender" Politikformen wie KapUZe darauf angelegt, die bearbeiteten Subjekte mit den Anforderungen von "flexibilisierten", kleinteilig und kurzzyklisch reorganisierten Arbeitsprozessen kompatibel zu machen, innerhalb derer - diktiert durch den kapitalistischen Imperativ der optimalen Ausnutzung aller der Verwertung zugeführten Ressourcen - auf menschliche Arbeitskraft nunmehr auf sub-individueller Ebene zugegriffen wird. Ausgangspunkt: Eine doppelte Kritik Ausgangspunkt meines Herangehens an die Erforschung von "Aktivierung" ist eine Kritik der beiden grundsätzlichen Ansätze der wissenschaftlichen Ausein-andersetzung mit diesem Gegenstand - der quantifizierenden arbeitsmarktpoli-tischen Evaluationsforschung auf der einen und der Mehrheit der machtkritisch argumentierenden Arbeiten zum Thema, darunter die sich auf Foucault berufenden Gouvernementalitätsstudien sowie qualitativ-empirische Arbeiten zur subjektiven Verarbeitung von "Aktivierung", auf der anderen Seite. Meine Kritik an den vor allem quantitativen Ansätzen, die den Mainstream der Arbeitsmarktforschung bilden, richtet sich im Kern darauf, dass diese, in-dem sie "den Arbeitsmarkt" als eine Sphäre freien wirtschaftlichen Austausches und "Arbeitsmarktpolitik" als regulierendes, rahmensetzendes Eingreifen des Staates in diesen Markt konzipieren, die Macht- und Herrschaftsphänomene, auf denen das "Funktionieren" dieser Sphäre gesellschaftlicher Wirklichkeit grundlegend beruht, weitgehend unsichtbar machen. Diese Forschungen leugnen nicht etwa den Machtcharakter "aktivierender" Arbeitsmarktpolitik, sondern sie dethematis…