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Mikropolitik der Gewalt - Micropolitics of Violence Herausgegeben von Klaus Schlichte und Peter Waldmann
Mafiöse Gruppen sind kein Überbleibsel aus längst vergangenen Zeiten. Organisierte Kriminalität kann zum "normalen" Gefüge moderner Gesellschaften gehören - wie etwa in Italien und Kolumbien. Doch auch dort gibt es keine Verbrechensimperien, höchstens Diktaturen innerhalb eines ansonsten lose organisierten illegalen Marktgeschehens. Denn Mafiosi und Drogenhändler sind, wie andere Menschen auch, um ihr Image bemüht, und ihre Handlungsmuster sind vertrauter, als vielen lieb sein mag. Drei Jahre lang hat Ciro Krauthausen Mythen und Fakten rund um die organisierte Kriminalität erforscht. Interviews, Zeugenaussagen, Gerichts- und Polizeiakten halfen ihm, die verborgenen Mechanismen der Illegalität aufzudecken. Seine Untersuchungsergebnisse dokumentieren, dass organisierte Kriminalität immer ein Spiegel der Gesellschaft ist, aus der sie hervorgeht. Die Neuauflage des Klassikers wurde um eine Einleitung von Peter Waldmann ergänzt. Die Ergebnisse der Studie haben bis heute nichts von ihrer Gültigkeit verloren, denn Ciro Krauthausen nimmt nicht nur die Strukturen krimineller Verbände in den Blick, sondern auch ihre gesellschaftlichen, historischen und politischen Bedingungen. Damit hat er ein Handbuch der organisierten Kriminalität vorgelegt, das für den deutschsprachigen Raum einmalig ist.
"Ein aufwendiges und durch die vielfältige Hintergrundarbeit genau recherchiertes und gut lesbares Werk.", Portal für Politikwissenschaft, 27.06.2013
Vorwort
Mikropolitik der Gewalt Micropolitics of Violence Herausgegeben von Klaus Schlichte und Peter Waldmann
Autorentext
Ciro Krauthausen ist Journalist und promovierter Soziologe. Er ist heute Chefredakteur der Mallorca Zeitung.
Leseprobe
Einleitung zur zweiten Auflage »Macht« und »Markt« als Grundprinzipien organisierter Kriminalität: Zur Aktualität von Moderne Gewalten Peter Waldmann Die Herausgeber der Reihe »Mikropolitik der Gewalt« danken dem Campus Verlag für seine Bereitschaft, den vergriffenen Band von Ciro Krauthausen neu aufzulegen und in unsere Reihe aufzunehmen. Diese wird durch die vor rund 15 Jahren erstmals erschienene Studie wesentlich bereichert, handelt es sich doch um eine Thematik, die nichts von ihrer Aktualität verloren hat und zu der es keine jüngere deutschsprachige Publikation gibt, die sich methodisch, systematisch und in ihrer Gründlichkeit mit der Arbeit von Krauthausen messen könnte. Die Einleitung dient einem dreifachen Zweck. Zunächst sollen kurz die Vorzüge von Moderne Gewalten skizziert werden, die eine Neuauflage rechtfertigen. Zweitens sollen die Ergiebigkeit und Nützlichkeit einiger von Krauthausen herauspräparierter Ergebnisse und Unterscheidungen, vor allem die Differenzierung von »Macht« und »Markt« als bestimmende Prinzipien organisierter Kriminalität, anhand eines weiteren Beispiels des Drogenhandels in Mexiko untermauert werden. Die mexikanischen Rauschgiftkartelle haben inzwischen ihre kolumbianischen Konkurrenten als wichtigste Exporteure von lateinamerikanischem Kokain in die USA vom Markt verdrängt. Drittens wird erneut die alte Frage aufzuwerfen sein, was unternommen werden kann, um das Problem des illegalen Drogenschmuggels, samt den damit verbundenen unheilvollen Nebenfolgen (wie hohe Korruption, steigende Gewalt, politische Destabilisierung der in den Handel involvierten Länder) wenn schon nicht zu lösen, so doch wenigstens besser unter Kontrolle zu bekommen. I. Um die Qualitäten von Krauthausens Arbeit aufzuzeigen, bietet es sich an, zunächst auf einige Probleme aufmerksam zu machen, die er bei der Bearbeitung seiner Fragestellung zu bewältigen hatte. Da organisierte Kriminalität sich im illegalen Raum abspielt, ist die erste Frage die des Zugangs zu den einschlägigen Quellen. Krauthausen hat zwar keine direkten Kontakte zu italienischen Mafiosi und kolumbianischen Rauschgifthändlern geknüpft (was vermutlich gefährlich gewesen wäre), im Übrigen jedoch alle Informationsquellen ausgeschöpft, derer er habhaft werden konnte: Von Gesprächen mit Experten aus dem Polizeiapparat und der Justiz über die Auswertung von Gerichtsprotokollen und Presseartikeln bis hin zur Aufarbeitung der besonders im italienischen Fall reichlich vorhandenen Sekundärliteratur. Im Falle der italienischen Mafia standen in Form der Aussagen der »Pentiti« (das sind ehemalige Mafiamitglieder, die der Organisation den Rücken gekehrt haben) zudem Auskünfte aus erster Hand zur Verfügung; in Kolumbien, seiner ehemaligen Heimat, stützte sich der Autor verstärkt auf Interviews mit auf die Drogenproblematik spezialisierten Angehörigen der Sicherheitsbehörden. Alles in allem war es eine gewaltige Datenmenge, die erhoben wurde und die zu verarbeiten war. Dabei ist zu bedenken, dass die Untersuchung sich nicht nur auf zwei »Fälle«, den italienischen und den kolumbianischen, erstreckte, sondern jeder derselben wiederum in separat zu behandelnde Unterfälle zerfiel. Was Italien betrifft, so galt es zwischen der sizilianischen Cosa Nostra, der 'Ndrangheta Kalabriens und der Camorra in Kampanien mit dem Schwerpunkt Neapel zu differenzieren. In Kolumbien war der Rivalität zwischen den verschiedenen Rauschgiftkartellen, insbesondere den Kartellen von Medellín und Cali, Rechnung zu tragen. Die eingehende Beschäftigung mit den in Italien und Kolumbien operierenden kriminellen Organisationen setzte eine fließende Beherrschung beider Sprachen voraus. Ohne des Englischen mächtig zu sein lässt sich, wie ein Blick in das Literaturverzeichnis der Arbeit lehrt, die Thematik ohnehin nicht behandeln. Berücksichtigt man weiterhin, dass die Arbeit, die in einem sehr gewandten Deutsch geschrieben ist, am ethnologischen Institut in Berlin (bei Professor Georg Elwert) als Dissertation eingereicht wurde, so wird deutlich, dass der Verfasser vier Sprachen fließend beherrschen musste, um ein derartig anspruchsvolles, den üblichen Rahmen einer Doktorarbeit sprengendes Projekt angehen zu können. Darin dürfte zugleich die Erklärung dafür liegen, warum komparative Untersuchungen wie die von Krauthausen in Deutschland relativ dünn gesät sind (im angelsächsischen Sprachraum sieht es nicht besser, eher noch schlechter aus). Man kann dem Autor bestätigen, dass er die Aufgabe, der er sich gestellt hat, glänzend gemeistert hat. Das gilt nicht zuletzt für die von ihm angewandte Methode, den Vergleich. Beim Vergleichsverfahren, einem Instrument der qualitativen Sozialforschung, unterscheidet man, grob gesprochen, zwischen Ähnlichkeits- und Kontrastvergleichen. Krauthausen kombiniert in geschickter Weise beide Vorgehensweisen, indem er sowohl die Unterschiede als auch die Gemeinsamkeiten zwischen italienischer Mafia und kolumbianischem Narcotráfico als Teiltypen der organisierten Kriminalität herausarbeitet. Dabei schwingen bei den Gemeinsamkeiten als Kontrastfolie stets die rechtsstaatlich geordneten Verhältnisse mit, wie sie der Verfasser in der Bundesrepublik Deutschland kennengelernt hat. Der Verfasser vermeidet vereinfachte Schemata bei der Einstufung der Fälle und scheut sich nicht, auf den vermischten Charakter der jeweiligen konkreten Situationen, die jedes simplifizierende Modelldenken Lügen strafen, hinzuweisen. Nicht von ungefähr ist im Text wiederholt von hybriden Strukturen und fließenden Übergängen die Rede. Zu den großen Vorzügen der Arbeit zählt, dass sie nicht bei den Organisationsstrukturen und dem engeren sozialen Umfeld der kriminellen Verbände stehenbleibt, sondern auch die gesellschaftlichen, historischen und politischen Bedingungen berücksichtigt, die diese Art von Kriminalität hervorgebracht haben und weiterhin tragen. Auf diese Weise ist ein Werk entstanden, das alle wesentlichen Aspekte des Phänomens anspricht. Man könnte es als eine Art Minihandbuch der organisierten Kriminalität bezeichnen, selbst wenn das Literaturverzeichnis nicht über das Jahr 1998 hinausreicht. Der…
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