Der französische Maler und Bildhauer Edgar Degas war ein geradezu besessener Meister der Bewegung, allein 1.500 Bilder von Tänzerinnen zählt sein umfangreiches Werk. Von Stillleben zu Cabarets, von Pferderennen zu lärmigen Straßen ließ Degas keine Ecke der Pariser Vergnügungswelt aus. Ohne sich in eine Schublade stecken zu lassen, inspirierte und spiegelte er mit seinen Studien der Körperlichkeit den Impressionismus und wuchs schließlich über ihn hinaus.
Edgar Degas (18341917), der meist mit der Entstehung des Impressionismus in Paris Mitte des 19. Jahrhunderts in Verbindung gebracht wird, war tatsächlich nur schwer einzuordnen. Er entwickelte einen ganz eigenen Stil, der gleichermaßen geprägt war vom Studium der alten Meister wie vom Tempo und Rhythmus der modernen Großstadt und der Lust am Experiment. Als ältester Spross einer wohlhabenden, kunstsinnigen Familie war Degas Mitveranstalter einer Reihe von Ausstellungen impressionistischer Kunst, setzte sich aber schon bald von der Gruppe ab, um einen realistischeren Ansatz zu verfolgen. Seine Motive fand er in den belebten, lärmigen Straßen von Paris, aber auch in den Amüsierbetrieben der Stadt, wie etwa beim Pferderennen, im Varieté und vor allem beim Ballett. Aus einfallsreichen, oft unkonventionellen Blickwinkeln zeigen rund 1.500 seiner Arbeiten Tänzerinnen, bevorzugt in unbeobachteten, intimen Momenten hinter der Bühne, bei der Toilette, beim Ausruhen, bei der Pflege und Disziplinierung ihrer Körper, wobei ihm eine neue, einzigartige Perspektive auf den weiblichen Körper gelingt. Bilder wie Foyer in der Oper (1872), Musiker im Orchester (1872) und viele mehr vermitteln einen ersten Eindruck vom Werk Degas, das sich jeder Kategorisierung entzog und durchaus vielfältiger ist, als seine populären Ballettbilder vermuten lassen.
Autorentext
Bernd Growe (1950-1992) war von 1979 bis 1990 als Kunsthistoriker an der Justus-Liebig-Universität in Gießen tätig. Bei TASCHEN erschien seine Monografie über Edgar Degas.
Klappentext
Tänzerinnen - das Lieblingsthema von Edgar Degas
"Keine Kunst ist weniger spontan als die meine. Inspiration, Spontaneität und Temperament sind mir unbekannt. Das gleiche Sujet muss man zehn-, sogar hundertmal wiederholen. Nichts in der Kunst sollte zufällig aussehen, nicht einmal Bewegung." Edgar Degas
Der Schlüssel zum Verständnis der Themen und Techniken im Frühwerk von Edgar Degas (1834-1917) ist die klassische Malerei. Obwohl er den Impressionisten nahe stand und sogar an ihren Gruppenausstellungen teilnahm, verfolgte Degas niemals einen rein impressionistischen Ansatz.
Seine Arbeit spiegelt eine äußerst persönliche und psychologische Perspektive wider und betont das Szenische oder konzentriert sich auf Details. Degas' Malerei wird daher oftmals im Zusammenhang mit dem Aufstieg moderner Fotografietechniken diskutiert. Die Natur erwies sich für den Künstler als ein weniger interessantes Thema als das Leben und die Bewohner der modernen Metropolen. Er fand seine Motive vornehmlich in Ballettsälen, auf der Rennstrecke, im Zirkus oder in Schlafzimmern - Tänzerinnen blieben jedoch immer sein Lieblingsthema.