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Schutz vor Verfolgung im Mittelalter, initiative Uhrenindustrielle in der Neuzeit, Solidarität in der Moderne: so könnte man die Geschichte der Juden in Biel charakterisieren. Die Geschichte der Bieler Juden beginnt 1305. In diesem Jahr erhielt eine jüdische Witwe mit ihren Kindern eine modern ausgedrückt Aufenthaltsbewilligung, die ihr viele religiöse und geschäftliche Freiheiten liess. Im 15. Jahrhundert bot Biel mehreren jüdischen Familien, die aus Bern vertrieben worden waren, Schutz und Einkommen. Der einzige dunkle Fleck in der fast durchwegs hellen Geschichte kann in der frühen Neuzeit ausgemacht werden, als Biel sich der übrigen Eidgenossenschaft anpasste und den Juden den Aufenthalt in der Stadt verbot. Im Gefolge der französischen Uhrenmacher zogen im 19. Jahrhundert elsässische Juden nach Biel, erwarben Häuser und gründeten Geschäfte. Das zweisprachige Biel bot den elsässischen Juden im 19. und 20. Jahrhundert mehr als nur einen Aufenthaltsort, sie fühlten sich mit der Stadt, die sie offen und vorurteilsfrei aufnahm, stark verbunden. Die Juden nahmen aktiv am politischen Geschehen der Stadt teil und waren Mitglieder verschiedener städtischer Kommissionen. Bieler Juden gründeten den grössten Schweizer Warenhauskonzern und jüdische Uhrenindustrielle leisteten einen wichtigen Beitrag zur Stadtentwicklung. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts wanderten osteuropäische Juden nach Biel ein, doch im Vergleich zu anderen Städten blieben die Spannungen zwischen Ost und West moderat und verschwanden im Laufe der vierziger Jahre ganz. Nachdem in den frühen zwanziger Jahren die Sozialdemokraten die Mehrheit im Stadt- und Gemeinderat errungen hatten, schritten die Stadtbehörden schnell und effizient gegen antisemitische Vorfälle ein. Und als die Bieler während des Zweiten Weltkrieges mit dem Elend des 'Concentrationslagers' Büren an der Aare konfrontiert waren, half die Bevölkerung beim Sammeln von Kleidern, Schuhen, Wäsche und weiteren Dingen des täglichen Bedarfs. Aus dieser Zeit sind mehrere Tausend Briefe erhalten, anhand deren die Arbeit der jüdischen Flüchtlingshilfe im Detail dargestellt werden kann.
Autorentext
Annette Brunschwig ist Diplompsychologin und Historikerin, Mitautorin des Buches 'Geschichte der Juden im Kanton Zürich', während vielen Jahren Herausgeberin des 'Luchot', des Mitteilungsblattes der jüdisch-liberalen Gemeinde Or Chadasch Zürich.
Inhalt
Einleitung I Juden unter dem Schutz der 'muthwilligen' Bieler (13051451) Die Rechtsstellung der Juden im Spätmittelalter - Die Schutzbriefe - Juden als Stadtbürger Die Jüdin Guta eine Spur ins 14. Jahrhundert Das 15. Jahrhundert - Juden in den Stadtrechnungen und Akten - Biels Auseinandersetzung mit Bischof Friedrich zu Rhein - Juden vor dem Ratsgericht - Die Ausweisung der Bieler Juden Fazit II Die elsässisch-jüdische Gemeinde - Vom Ancien Régime zur Helvetik - Der Staat Bern und die Juden - Erste Ansiedlung in Biel Die Volkszählung von 1856 - Einsassen und Aufenthalter Die Israelitische Cultusgemeinde Biel (ICB) - Die ersten Jahre - Die Statuten - Einnahmen und Ausgaben - Die Synagoge - Geburt und Tod - Der Friedhof - Kultusbeamte und Rabbiner - Die Religionsschule - Die Vereine Fazit III Sich zeigen in Biel: Politik und Wirtschaft Politische Ämter Baugesuche und Eingaben Einbürgerungen Industrie und Handel - Die Uhrenindustrie - Der Detailhandel - Die Warenhäuser Fazit IV Ost und West Die Passanten Die Armenkasse der ICB Die ostjüdische Gemeinschaft Die Entwicklung der ICB - Rabbiner, Kultusbeamter - Vereine Weitere Vereine Eine Zufluchtsstätte für Flüchtlinge: das Städtebundtheater Biel-Solothurn Fazit V 'Vertriebene sind wir': die Zeit des Zweiten Weltkriegs Der Verband Schweizerischer Jüdischer Fürsorgen Das 'Concentrationslager' Büren an der Aare Major Heinrich Hatt Das Lager Les Enfers Kinderelend - Die Ferienkolonie in Klosters - Der Religionsunterricht - Die Pflegeeltern - Kinderschicksale - Das Kinderheim Le Châlet in Tavannes 'Si helfen fil laite mit fil herz': Else Lauer Die Freiplatzaktion - Zwischen Toleranz und Verlorensein: Maria Schiff - Das andere Gesicht von Büren: das Ehepaar Molho - Unfreiwillige Reise durch Europa: das Ehepaar Schachter - Zwei Welten prallen aufeinander: Fajga Moczydlinski Das Flüchtlingsheim Mon Souhait Überfordert: Anny und Moric Levy Theresienstadt-Überlebende: das Ehepaar Neisser Schweizerisches Arbeiterhilfswerk - Der Flüchtling als Betreuer: Nathan Frenkel - Der Politische: Raphael Ryba - Die Facharbeiter: das Ehepaar Zollmann - Das Gewicht der Autorität: die Familie Hajblum Fazit Schlusswort