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Das kleine Dorf Obergassen liegt malerisch am Fuße der Allgäuer Alpen. Nur der heruntergekommene Garzinger Hof stört die ländliche Idylle - und manche Bewohner würden den Schandfleck des Ortes lieber heute als morgen abreißen lassen. Aber der kauzige Eigentümer Manfred Garzinger mag weder verkaufen noch renovieren. Eines Tages wird er tot in seinem abgewetzten Lehnsessel gefunden, und Kommissar Hansen stößt bei seinen Ermittlungen auf eine verschwiegene Dorfgemeinschaft, die ihre Angelegenheiten lieber selbst regelt ...
Jürgen Seibold, geboren 1960 in Stuttgart, arbeitete als Redakteur und freier Journalist für diverse Tageszeitungen, Zeitschriften und Radiostationen. Es folgten Biografien, Jugendbücher, Thriller und schließlich sehr erfolgreiche Regional-Krimis. Seine mörderischen Krimidinner mit Lesung finden stets regen Zulauf, und auch die 'Mitmachmorde'-Krimitouren, auf denen er die Leser zu den originalen Schauplätzen seiner Bücher führt, sind stets gut besucht. Mit seiner Familie lebt Jürgen Seibold im Rems-Murr-Kreis.
Vorwort
Das Allgäu: ein idyllischer Landstrich voller Tatorte und Mordwaffen
Autorentext
Jürgen Seibold, geboren 1960 in Stuttgart, arbeitete als Redakteur und freier Journalist für diverse Tageszeitungen, Zeitschriften und Radiostationen. Es folgten Biografien, Jugendbücher, Thriller und schließlich sehr erfolgreiche Regional-Krimis. Seine mörderischen Krimidinner mit Lesung finden stets regen Zulauf, und auch die "Mitmachmorde"-Krimitouren, auf denen er die Leser zu den originalen Schauplätzen seiner Bücher führt, sind stets gut besucht. Mit seiner Familie lebt Jürgen Seibold im Rems-Murr-Kreis.
Leseprobe
Samstag, 22. Juli
Als Marga Mecheler auf ihrem alten Mofa davonknatterte, löste das quäkende Röhren des Zweitakters auf dem Weg von Schellenried nach Obergassen die unterschiedlichsten Gefühle aus.
Ferdi Kugler zum Beispiel, der an diesem Samstagnachmittag die ärgste Unordnung in seiner kleinen Werkstatt am Ortsausgang von Schellenried beseitigte, hörte dem Motor schon von Weitem an, dass er bald wieder Arbeit mit dem alten Ding bekommen würde, und er freute sich, weil er jeden noch so kleinen Auftrag gut brauchen konnte. In Untergassen, etwa auf halber Strecke, versetzte der Klang des Mofas Hans Hintermeyer wie üblich einen Stich. Wehmütig sah er die füllige Rentnerin durch den Ort brausen, die einen gut gefüllten Korb auf den Gepäckträger des Mofas geschnallt hatte, erwiderte ihr grüßendes Winken, aber nicht ihr fröhliches Lachen - wie auch, wo er doch seit so langer Zeit vergeblich darauf hoffte, dass sie endlich einmal mit ihm ausging! Und in Obergassen, gut hundert Meter vor Marga Mechelers Ziel, schaute Maximilian Röhrich sehnsüchtig aus dem Fenster seines Jugendzimmers, weil er nur zu gern mit einem solchen Mofa fahren würde und sich dafür noch mindestens ein Jahr lang gedulden musste.
Marga selbst hörte nichts außer der lauten Musik, die die kleinen Kopfhörer vibrieren ließ. Als sie nach einer schwungvoll genommenen letzten Linkskurve den Helm abgesetzt, die Stöpsel aus den Ohren gezogen und in der Tasche ihrer leichten Windjacke verstaut hatte, war der Zweitakter verstummt. Nur die bläulich-graue Abgaswolke schwebte noch hinter dem Auspuff und löste sich langsam in der warmen Sommerluft auf.
Sie zog das Gummiband aus ihren schulterlangen grauen Haaren und schüttelte ihre Frisur ein wenig auf. Dann strich sie ihren Rock glatt und sah sich um. Die Obergassener gingen ihren üblichen Wochenendbeschäftigungen nach. Sie tünchten Wände, putzten Fenster, rückten Vorhänge gerade, zupften Unkraut aus den gepflegten Beeten, schichteten das frisch gespaltete Brennholz auf akkurate Beigen, fegten die Einfahrt, polierten die Motorhauben ihrer knallig rot, blau und grün lackierten Oldtimer-Traktoren, gossen die Geranien und dekorierten ihre gepflegten Häuser mit Arrangements aus Strohblumen und dunkelbraun lasierten Holzrädern.
Kaum einer der Nachbarn grüßte sie oder sah auch nur von seiner Arbeit auf. Nur der greise Helmfried, der fast den ganzen Tag über seinem Fensterbrett hing, stierte wie immer zu ihr herüber, den erkalteten Rest seiner billigen Zigarre im Mundwinkel. Aber auch er winkte nicht, sondern glotzte sie nur unverwandt an - und sie wusste, dass er das auch noch tun würde, wenn sie ins Haus ging und ihm den Rücken zuwandte. Ihr Hintern hatte es ihm dabei natürlich mehr angetan als ihr Rücken, das konnte sie seinem ausgemergelten Gesicht mit den hervorstehenden Augen ansehen, wenn sie sich beim Aufschließen wie zufällig kurz umdrehte. Einmal hatte sie sich den Spaß erlaubt und vor dem Hineingehen einen ausladenden Hüftschwung eingelegt - doch als sie danach beobachtete, wie Helmfried der Stumpen aus dem Mund glitt, wie er sich an die Brust fasste und um Luft rang, hatte sie sich geschworen, den Alten nie wieder so aufzuregen.
Heute aber nickte sie Helmfried knapp zu, bevor sie sich ihren Korb schnappte und ins Haus ging.
»Manfred?«, rief sie.
Irgendwo im Haus glaubte sie Schritte zu hören, vielleicht auch das Knarren einer Bodendiele, aber als sie stehen blieb und horchte, war wieder alles still.
»Manfred?«
Sie sah auf die Uhr. Halb drei. Es kam zwar vor, dass ihr Neffe um diese Zeit noch sein Mittagsschläfchen hielt, aber zumindest an den Tagen, an denen sie ihn besuchte, rollte er sich schon etwas früher aus dem Bett und kochte Kaffee, den sie dann gemeinsam zu den süßen Stückle tranken, die sie gewöhnlich vom Bäcker in Schellenried mitbrachte.
Auch diesmal hatte sie Süßes dabei, dazu natürlich Brot und Semmeln, Wurs