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Das biblische Bilderverbot hat in der Geschichte der jüdischen und der christlichen Religion eine wichtige Rolle für die Abgrenzung der eigenen Identität gegenüber den Bilderkulten gespielt und den byzantinischen Bilderstreit ebenso befeuert wie den Bildersturm der Reformationszeit. Was waren die leitenden Intentionen bei der Ablehnung bildlicher Vergegenwärtigungen Gottes? Und wie verträgt sich diese Ablehnung mit der durch den Gedanken der Inkarnation ermöglichten Tradition des Christusbildes als Repräsentation des unsichtbaren Gottes? Welche Abgrenzungen vollziehen die alttestamentlichen Formulierungen des Bilderverbotes und wie ist es religions- und theo-logiegeschichtlich zu beurteilen? Was folgt aus den neueren archäologischen Einsichten zur Ikonographie Palästinas für die Auslegung des Bilderverbotes? Welche Bedeutung hat es in Religionsphilosophie, Ästhetik und Systematischer Theologie und wie stellt sich die Theologie heute zur Nicht-Bildlichkeit Gottes? Die Annäherungen aus der Sicht eines Exegeten und eines Systematikers sind von der gemeinsamen Überzeugung getragen, dass eine sachgemäße Hermeneutik des Bilderverbotes angesichts des iconic turn in Kulturwissenschaft und Theologie ebenso lohnend wie nötig ist.
Autorentext
Friedhelm Hartenstein, Jahrgang 1960, war von 2002 bis 2010 Professor für Altes Testament und Altorientalische Religionsgeschichte am Fachbereich Evangelische Theologie der Universität Hamburg und ist seit 2010 Professor für Altes Testament an der Evangelisch-Theologischen Fakultät der LMU München.
Inhalt
INHALT I Einleitung 11 II Exegetische und religionsgeschichtliche Perspektiven 23 1. Religionsgeschichtliche Kontexte 24 1.1 Grundzuge altorientalischer Bilderkulte 24 a) Was ist ein Heiligtum? 24 b) Anthropomorphe Kultbilder: Herstellung, Verehrung, Bedeutung 34 c) Gottersymbole: gleichwertige oder konkurrierende Medien? 45 d) Anikonische Kultsymbole: komplementar oder kontrar zu Bildern? 52 e) Was wissen wir uber die Kultsymbolik Jerusalems? 58 1.2 Der Vorstellungsrahmen des Kultes: die mentale Ikonographie 66 a) Die Korper der Gotter 66 b) Die Transzendenz der Gottheiten 69 2. Das Bilderverbot: Eigenart und Entstehung 72 2.1 Die Bilderkritik der Vorsokratiker 72 2.2 Antike judische Bilderkritik 73 a) Hellenistisch-romische Autoren uber Monotheismus und Bilderverbot: Der Blick von außen 73 b) Die Bilderkritik in antiken judischen Zeugnissen und in Texten der nachexilischen Zeit (5.-3. Jh. v. Chr.): Der Blick von innen 81 b1) Antike judische Texte 81 b2) Alttestamentliche Bilderkritik aus nachexilischer Zeit 85 2.3 Das Bilderverbot: Entstehung, Varianten, Begrundung 95 a) Das dekalogische Bilderverbot 95 b) Die weiteren expliziten Bilderverbote des Alten Testaments und ihr Verhaltnis zum Dekalog 106 2.4 Die Entstehungsvoraussetzungen des Bilderverbots 115 a) Der judaisch-babylonische Kulturkontakt und die Entstehung des Bilderverbots 115 b) Zwei altere Voraussetzungen einer Bilderkritik in Israel und Juda 128 b1) Das Stierbild von Bethel im Nordreich Israel: Hoseabuch und Exodus 32 (8./7. Jh. v. Chr.) 128 b2) Die Reformmaßnahmen Joschijas von Juda (Ende 7. Jh. v. Chr.) 142 3. Folgerungen fur eine Hermeneutik des Bilderverbots aus exegetischer Perspektive 153 3.1 Das Bilderverbot und sprachlich vermittelte Gottesbilder 157 a) Biblische Metaphorik als Grenzbegrifflichkeit 157 b) Ikonik der Psalmen 159 3.2 Modelle einer kritischen Bildhermeneutik im Alten Testament 162 a) Die Sinaitheophanie: Transitorische Bildlichkeit und das Bild im Wort 165 b) Das bleibende Vergehen der Theophanie als Erinnerungs-Figur 170 c) Gottebenbildlichkeit des Menschen in der Priesterschrift und ihre bildhermeneutische Relevanz 174 III Systematische Perspektiven 183 1. Kontexte 183 2. Bilder der Macht 188 2.1 Herrschaftsreprasentation 188 2.2 Konigskorper und Konigsbild 192 2.3 Bilderverbot als Machtkritik 195 3. Bild und Leiblichkeit 197 3.1 Leiblosigkeit Gottes? 198 3.2 Negative Bewertung der Leiblichkeit 201 3.3 Philosophische Bilderkritik (Platon) 203 3.4 Philosophische Kritik der Imagination (Descartes) 206 3.5 Verdrangung des Sinnlichen 209 3.6 Leib als Imago Dei 211 3.7 Leiblichkeit und Christologie 212 3.8 Christentum als Korperkrise? 215 3.9 Zwischenfazit 217 4. Bilderverbot, Monotheismus und negative Theologie 218 4.1 Hermeneutik des Bilderverbots als Hermeneutik der Gewalt 219 4.2 Hermeneutik des Bilderverbots als rationalistische Apologetik 224 4.3 Hermeneutik des Bilderverbots als Phanomenologie der Alteritat 229 4.4 Negative Theologie vorsokratisch 230 4.5 Transzendenz als Negativitat und Andersheit 232 4.6 Darstellung des Undarstellbaren: Kants Rezeption des Bilderverbots 237 4.7 Bilderverbot und Medienrevolution 240 5. Unsichtbarkeit oder Verborgenheit Gottes? 246 5.1 Unsichtbarkeit Gottes 248 5.2 Dimensionen des Bildverstandnisses in Luthers Theologie 251 5.3 Bilderverbot und Ebenbildlichkeit 260 5.4 Bilder geben zu sehen 263 6. Die Macht der Bilder: Vergegenwartigung und Prasenzverdichtung 267 6.1 Ambivalente Prasentationsleistungen 267 6.2 Verschrankung von Anwesenheit und Abwesenheit 268 6.3 Prasenz und Magie 271 6.4 (Re-)Prasentation und Bild 272 6.5 Zwischenfazit 278 6.6 Prasenzverdichtung und Verfugbarkeit 280 6.7 Bild und Sakrament 282 7. Sehen versus Horen, Bild versus Wort: Protestantische Konstellationen einer Theologie des Bildes? 287 8. Christologische Rehabilitierung der Bilder: Systematische Uberlegungen zum Bilderverbot im antiken Christentum 292 8.1 Didaktische Rehabilitierung der Bilder 293 8.2 Theologische Perspektiven 296 8.3 Partizipation am Heiligen 298 8.4 Bildtheologie und Christologie 301 9. Asthetik im Horizont des Bilderverbots 304 9.1 Das Bilderverbot in der Kritischen Theorie 305 9.2 Bildproduktive Dimensionen reformatorischer Theologie 309 9.3 Ikonoklasmus als asthetische Strategie 315 9.4 Noch einmal: Die Darstellung des Undarstellbaren 338 9.5 Das Ende des Bildes? 339 10. Schlussreflexion des systematischen Teils 341 IV Ausblick 347