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Im Rahmen des Projekts »Duncker & Humblot reprints« heben wir Schätze aus dem Programm der ersten rund 150 Jahre unserer Verlagsgeschichte, von der Gründung 1798 bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs 1945. Lange vergriffene Klassiker und Fundstücke aus den Bereichen Rechts- und Staatswissenschaften, Wirtschafts- und Sozialwissenschaften, Geschichte, Philosophie und Literaturwissenschaft werden nach langer Zeit wieder verfügbar gemacht.
Autorentext
»Historiker, * 30.11.1817 Garding bei Eiderstedt (Schleswig-Holstein), 1.11.1903 Berlin-Charlottenburg. Bis zum 17. Lebensjahr wurde M. zusammen mit seinen beiden jüngeren Brüdern vom Vater unterrichtet. Obwohl dieser Pfarrer war, zeigte M. ein durchgehend distanziertes Verhältnis zum Christentum und zum Wunderland Religion überhaupt. 1834 38 besuchte er das Christianeum in Altona, 1838 43 studierte er an der Univ. Kiel, damals zu Dänemark gehörig, Rechtswissenschaft. Nach seiner Promotion über röm. Recht ging er mit einem dän. Stipendium nach Frankreich und Italien, wo er sich unter dem Einfluß von Bartolommeo Borghesi den Inschriften des Kgr. Neapel widmete. Während der Revolution 1848 wandte sich M. als Journalist gegen die dän. Ansprüche auf Schleswig-Holstein. Im gleichen Jahr erhielt er eine rechtswissenschaftliche Professur in Leipzig, die er 1851 verlor, als er mit Moriz Haupt und Otto Jahn gegen den sächs. Verfassungs-Oktroi protestierte. M. fand 1852 Aufnahme in Zürich, ging 1854 nach Breslau und kam auf Intervention Alexander v. Humboldts 1858 an die Berliner Akademie, deren korrespondierendes Mitglied er 1853 geworden war. 1874 wurde er Sekretär der Historisch-Philologischen Sektion und legte den Posten erst 1895 während des Antisemitismus-Streits mit Treitschke nieder. 1861 87 hielt M. nie habilitiert regelmäßig Vorlesungen (vier Wochenstunden) und Seminare (zwei Wochenstunden) an der Berliner Universität. Die Themen entstammten überwiegend seinem wichtigsten Forschungsgebiet, der röm. Kaisergeschichte. Zu seinen Schülern gehören O. Hirschfeld, H. Dessau, A. v. Domaszewski, O. Seeck, L. M. Hartmann und U. Wilcken. 1874/75 bekleidete M. das Rektorenamt. Als M. nach Berlin berufen wurde, hatte er schon 262 Publikationen vorgelegt, darunter seine Römische Geschichte (I III, 1854 56), verfaßt auf Drängen der Verleger Hirzel und Reimer. Das Werk wurde schnell populär, trotz der Kritik durch D. F. Strauß, Bachofen und Gregorovius, und ist bis heute eines der meistgelesenen und meistübersetzten Geschichtswerke deutscher Sprache. Die ersten drei Bände behandeln die Röm. Republik unter dem Gesichtspunkt einer nationalen Einigung Italiens und einer allmählichen Demokratisierung der res publica. Die Römer waren nach M. ein freies Volk, das zu gehorchen verstand, in klarer Absagung von allem mystischen Priesterschwindel, in unbedingter Gleichheit vor dem Gesetz und unter sich, in scharfer Ausprägung der eigenen Nationalität. Mit dem Ausgreifen über Italien hinaus und der Proletarisierung, zumal der Landbevölkerung, schien für M. ein Zustand erreicht, dessen innere Probleme nur noch durch die Genialität Caesars zu lösen waren. Dieser war für M. wie für Hegel und Burckhardt der größte der Sterblichen. Offen oder verdeckt zog er immer wieder Parallelen zu seiner eigenen Zeit, daher firmieren die Senatoren als Junkerklasse , die equites als Kapitalisten . Diese Modernisierungen wurden ihm sowohl von Marx als auch von Nietzsche verübelt. Dennoch versuchte M., nicht grundsätzlich anders als diese Autoren, Geschichte zu aktualisieren und in den Dienst einer politischen Pädagogik zu stellen. Dies wollte er auch durch scharfe Wertungen und prägnante Charakteristiken der handelnden Persönlichkeiten erreichen. Der dritte Band endet mit der Vollendung der Monarchie durch Caesars Sieg über die Republikaner ( Legitimisten ) bei Thapsus 46 v. Chr. Nach langer Pause publizierte M. 1885 eine sine ira et studiö geschriebene Geschichte der röm. Provinzen in der Kaiserzeit unter dem Serientitel Römische Geschichte, Band V . 1902 erhielt er für sein großes Werk aufgrund einer Eingabe berühmter Kollegen der Akademie den Nobelpreis für Literatur. Den vierten Band über die Röm. Kaisergeschichte hat M. nie geschrieben; über die Gründe ist schon unter den Zeitgenossen viel gerätselt worden. Einen gewissen Ersatz bieten die 1980 aufgefundenen Vorlesungsnachschriften der M.schen Kaisergeschichte von Sebastian und Paul Hensel. Sie schildern Innen- und Außenpolitik, Hofleben und Verwaltung in Italien und den Provinzen in der Zeit von Caesar bis Alarich und liefern somit ein Gesamtbild der Kaiserzeit, in das sich die entsprechenden Reden und Aufsätze (1905), literarische Kabinettstücke, einfügen. 1871 88 veröffentlichte M. sein dreibändiges Römisches Staatsrecht , bis heute unentbehrlich wie sein Römisches Strafrecht (1899). Dazu kommen seine Monographien über Chronologie und Numismatik, seine Römischen Forschungen (2 Bde.) und seine postum edierten Gesammelten Schriften (8 Bde.). Die Gesamtzahl der publizierten Arbeiten beträgt fast 1600. M.s Hauptarbeit an der Akademie galt dem Corpus Inscriptionum Latinarum , dem gemäß Adolf v. Harnack aufwendigsten Projekt der Akademie. Es kostete bis 1900 über 400 000 Goldmark. Bei seinem Tode waren 15 der 16 geplanten Teile erschienen. Fünf von ihnen hatte M. selber vorgelegt, für die anderen die Mitarbeiter ausgesucht und ihnen Unterstützung gewährt. Er bestand darauf, daß jede erhaltene Inschrift am Original verglichen wurde, bevor sie in den Druck ging. 1854 schrieb er an seinen Jugendfreund Theodor Storm: Diese Inschriftenwelt mit all ihrer Plattitüde und Tenuität steht dem wirklichen Leben doch sehr nah. Daneben war M. beteiligt an der Gründung der Zeitschriften Hermes und Ephemeris Epigraphicä sowie an der Organisation des Deutschen Archäologischen Instituts in Rom. 1871 entwarf er die neue Satzung, die 1874 aus dem preuß. ein deutsches Institut machte. Eine zweite Sorge galt der Römisch-Germanischen Kommission und der provinzialröm. Archäologie, namentlich der von Wilhelm II. persönlich geförderten, seit 1890 in Gang kommenden Reichs-Limes-Forschung. Ebenso beteiligte sich M. am Vocabularium Iurisprudentiae Romanae , am Thesaurus Linguae Latinae , am Corpus Nummorum und an den Editionen der Kirchenväter-Kommission. M.s große editorische Arbeiten standen im Zusammenhang mit den Monumenta Germaniae Historicä, für die er mehrere Bände der Auctores Antiquissimi und den ersten Teil der Gesta Pontificum redigierte. Auf ausgedehnten Reisen durch die europ. Bibliotheken kollationierte er alle Manuskripte selbst. Für die von ihm herausgegebenen Corpora des Römischen Rechts Corpus Iuris Civilis und Codex Theodosianus griff er auf Vorarbeiten anderer zurück, die dabei ungebührlich in den Hintergrund rückten. Alle diese Editionen sind bis heute Standardwerke der Forschung. In seinem Testament von 1899 bezeichnete sich M. in Anknüpfung an Aristoteles (pol. 1253 a) als animal politicum . Nach den Aktivitäten in Rendsburg 1848 und Leipzig 1850 ließ er sich 1863 66 als Mitglied der Fortschrittspartei ins preuß. Abgeordnetenhaus wählen. Im deutsch-franz. Krieg trat er publizistisch nur halbherzig hervor. Er fürchtete um die wissenschaftliche Zusammenarbeit und plädierte später (1900) für eine Abschaffung der Sedan-Feiern. 1873 79 saß er wiederum im preuß. Abgeordnetenhaus, 1881 84 im Reichstag. M. kämpfte vor allem für die finanzielle Ausstattung der Bibliotheken und Universitäten und verfocht im übrigen eine liberale und nationale Politik. Bismarcks Föderalismus hielt er für eine halbe Sache, brüchiges Flickwerk. 1879/80 stellte er sich in der Judenfrage gegen Treitschke, der ebenso wie der mit beiden befreundete Herman Grimm (und wie zuvor Ranke und Burckhardt) einen wachsenden Einfluß der Juden fürchtete. Treitschke hatte gefordert, die Juden sollten Deutsche werden, M. meinte, sie seien es. 1901 stemmte er sich im Fall Spahn öffentlich gegen konfessionelle Gesichtspunkte bei Berufunge…