

Beschreibung
Die Crawfords zeigen uns, was eine entschlossene Gemeinschaft bewirken kann. Krieg erschüttert Twifloten. In dem bitterarmen Landstrich schlägt sich eine Gemeinschaft aus Vogelfreien um die aufsässige Familie Crawford durch die Wirren der Unruhen. Die Situatio...Die Crawfords zeigen uns, was eine entschlossene Gemeinschaft bewirken kann. Krieg erschüttert Twifloten. In dem bitterarmen Landstrich schlägt sich eine Gemeinschaft aus Vogelfreien um die aufsässige Familie Crawford durch die Wirren der Unruhen. Die Situation spitzt sich zu, als sie eintausend Kriegsflüchtlinge unter ihre Fittiche nehmen, doch ihr beherztes Handeln leitet einen historischen Umsturz ein und der neue König belohnt sie mit Burg und Adelstitel. Zeit zum Ausruhen bleibt den Crawfords nicht: Während sie sich mit Feinden aus Räubertagen und ihrer finsteren Familiengeschichte herumschlagen, schmieden die adligen Nachbarn bereits Intrigen, um die Emporkömmlinge zu Fall zu bringen. Die Krähen von Greengate bildet den Auftakt einer epischen Fantasyreihe in einer mittelalterlichen, von Armut, Unterdrückung und kulturellen Konflikten geprägten Welt. Facettenreiche, zutiefst menschliche Figuren treiben die dramatische Handlung voran. Es wird rau, blutig und tränenreich. Finden die Crawfords die Kraft, ihren Weg zu Freiheit und Gerechtigkeit zu gehen, gegen alle äußeren und inneren Widerstände?
Leseprobe
Marcin Dougal Smite kniete vor den Statuen des Allvaters und seiner göttlichen Gattin, der Allmutter, und hielt die Finger so fest ineinander verschränkt, dass die Knöchel weiß hervortraten. Es musste wehtun, denn in seiner Vorstellung erhörten die Götter nur jene, die bereit waren, Opfer zu bringen. Die Stimmen aller anderen, aller, die zu schwach waren, gingen im allgemeinen Wehklagen der Bittsteller unter. Der Father hielt seine Hände mit festem Griff, um ihm Beistand zu leisten. Father, ich bin ein frommer Mann. Warum wird meine Gattin nicht schwanger? Sie ist jenseits der Fünfzig und bekommt ihr Blut schon lange nicht mehr. Dougal konnte ein Schluchzen nicht unterdrücken. Ist es eine Strafe der Götter? Wenn Ihr gesündigt habt, müsst Ihr Abbitte leisten. Nicht zum ersten Mal fragte sich Dougal, was er getan haben könnte, um den Zorn der Götter auf sich zu ziehen. Stets achtete er die göttlichen Gesetze und er war ehrlich, großzügig, ehrte seine Gattin und war ein gerechter Herr, der gerechteste gar, den dieses Land seit Generationen gesehen hatte. Sein Volk aber liebte ihn nicht, weil er es für seinen Ungehorsam strafte, so wie der Allvater es verlangte. Er war nicht wie die Vorgänger seines Namens, die dabei zugesehen hatten, wie das Volk den Bernstein von der Küste raubte, dem Mond huldigte und heimlich seine finsteren Blutrituale praktizierte. Er setzte den Willen des Allvaters durch, so wie einst die Ritter vom Orden der Knochenbrecher, die edelsten Streiter des Wahren Glaubens, die je unter der Sonne gewandelt waren. Alles muss seine rechte Ordnung haben, nicht wahr, Father? So ist es, mein Marcin. Das Recht des Allvaters kennt keine Gnade. Auch das ist wahr. Gnade schenkt nur die gütige Allmutter. Dougal Smite erhob sich und blickte dem Father in die Augen. Bin ich ungerecht? Ihr seid ein strenger, aber gerechter Herr, mein Marcin. Für heute bedarf ich Eurer Dienste nicht mehr, Father. Der Priester in seiner Gewandung, blau wie der Himmel des Allvaters, bernsteingelb wie die Sonne der Allmutter, verneigte sich und durchquerte den Altarraum, der abwechselnd im Schatten und dem einfallenden goldenen Licht lag. Dougal wartete, bis die Tür hinter ihm zugefallen war. Die überlebensgroße Statue des Allvaters schaute auf ihn herab. Ehrfürchtig studierte er das von einem prächtigen Bart umrahmte, makellose Gesicht, das so voller Ernst, Weisheit und Würde war, dass er das Echo der Erhabenheit in seinem Herzen spüren konnte. Die steinerne Tunika bedeckte den Oberkörper des Gottes nur zum Teil und gewährte so den Blick auf seine imposante Statur. Genauso sollte ein richtiger Mann aussehen. Vor ihm stand die in Stein gemeißelte, perfekte Verkörperung des gerechten, starken und weisen Anführers, jenes Ideals, das Ritter, Väter und Herrscher gleichermaßen dazu inspirierte, besser zu werden. Für einen Sterblichen gab es keine größere Ehre, als diesem Gott zu dienen. Wie nur konnte das Volk ihn schmähen? Wie nur konnte es dem finsteren Knochenkönig huldigen, dessen Joch der Allvater von den Menschen fernhielt? Dougal schaute hinauf zur Statue der Allmutter. Eine Hand lag an ihrem vorgewölbten Bauch, die andere hielt sie zum Zeichen des Friedens erhoben. Ihr Lächeln war mild, ihre Gesichtszüge weich, ihr ganzer Körper rundlich und schwach. Wut keimte in ihm auf. Warum sollte ich gnädig sein, wenn du es nicht bist, Mutter? In den Windy Fields winseln die Weiber um Gnade, weil meine Soldaten ihre Söhne holen! Wie gefällt dir das? Mit energischen Handgriffen öffnete er die Knöpfe seines Gehrocks, riss ihn sich vom Leib und warf ihn auf den Altar, zog dann sein Hemd aus und schleuderte es der marmornen Göttin ins Gesicht. Einige deiner Kinder sind ungehorsam! Sie stehlen Bernstein! Sie verehren Knochen und Blut und den Mond! Sie rennen Aufrührern hinterher und verstecken sie vor der Hand der Gerechtigkeit! Dougal Smite, Marcin von Goldhome, stellte sich vor die Allmutter, atmete ein und spannte Brust und Arme an. Sie sind wirklich sehr ungehorsam! Sag es: Warum sollte ich gnadenvoll sein, wenn du es nicht bist? Seine Muskeln zitterten und er grollte und schnaufte, während die Wut weiter in ihm hochkochte. Als die Anstrengung nicht mehr auszuhalten war, ließ er mit einem Keuchen alle Anspannung von sich abfallen. Er atmete ein paarmal durch, bis sich sein Herzschlag wieder beruhigt hatte. Nun war er bereit. Aus seinem Hosenbund zog er eine Peitsche mit acht Schwänzen, einen für jede Tugend, und küsste sie mit geschlossenen Augen. Sie roch nach Leder und Blut. Für einen Moment musste er daran denken, dass die Commoners ihn als einen Selbstgeißler verspotteten und nur der verfluchte Knochenkönig wusste, wer aus seinen Reihen das ausgeplaudert hatte. Gewiss machte sich auch Wicked Cass über ihn lustig und sich vorzustellen, wie dieser dreckige Räuber grinste, fachte seine Wut wieder an. Keine Gnade für niemanden! Mit Wucht schlug er sich auf den Rücken. Der Schmerz jagte ihm einen kalten Schauer in die Glieder und ließ ihn aufstöhnen. Er biss die Zähne aufeinander. Der zweite Schlag war der schwierigste. Danach wurde es leichter. No rest for the wicked! Keine Gnade! Auch nicht für mich! Wieder und wieder schlug er zu und bald triefte die Peitsche von seinem Blut. Heute Nacht würde er Thelmas Gesicht in die Kissen drücken und sie von hinten besteigen. Wie gefällt dir das Mutter? Mit jedem Schlag wuchsen sein Schmerz und seine Rechtschaffenheit. Wer solche Opfer auf sich nahm, war ein richtiger Mann und hatte alles Recht, gnadenlos zu sein. Allvater, schau auf deinen Diener! Schau nur! Ich tue, was du verlangst! Es gibt keine Gnade für die Ruchlosen! Für den letzten Schlag nahm er alle Kraft zusammen und als die Achtschwänzige auf seinen Rücken peitschte, brüllte er der Allmutter seine Wut und seinen Triumph entgegen. Gemessenen Schrittes stieg Dougal die Stufen zur Tribüne hinauf. Jubel konnte er von den Commoners nicht erwarten, darum drehte er sich auch nicht zum Volk, sondern setzte sich gleich auf seinen Platz neben Marcin Liora, vermied es aber, sich anzulehnen. Sein Rücken war noch wund von der Geißelung und die verschorfende Haut riss bei jeder unbedachten Bewegung wieder auf. Keine Salbe seines Gelehrten, dem Wissenden Wespian, könnte das verhindern, und er begrüßte den Schmerz sogar, zeugte er doch von seinem Opfer. Liora bedachte ihn mit kaum mehr als einem Seitenblick und schaute dann wieder auf den Platz vor der Tribüne, auf dem sich das Volk versammelte. Sie standen um ein Schafott, auf dem der Henker bereits wartete. Dougals Blick blieb an seiner Mitregentin haften. Sie trug ein Kleid aus weißer Seide mit aufgestickten schwarzen Rosen, eine wundervolles Schneiderwerk, aber selbst darin sah sie hässlich aus. Ihre abnorm hohe Stirn und ihr viel zu langes Kinn, ihr hohlwangiges, bleiches Gesicht unter dessen Haut sich spitze Knochen abzei…
