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Das Warenhaus scheint uns heute als Institution selbstverständlich. Erst in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts jedoch veränderte es die Konsumgewohnheiten grundlegend. Moderne Basare hatten schon ein paar Jahrzehnte zuvor begonnen, die vom kleinen Einzelhändler dominierte Marktordnung zurückzudrängen. Doch mit der Erfindung des Warenhauses wurden die herkömmlichen Warenvertriebsformen umgewälzt, und Prachtbauten schufen eine neue Plattform für den hereinbrechenden Massenkonsum. In der Schweiz konnten sich die ersten Warenhäuser an der Schwelle zum 20. Jahrhundert etablieren. Die Mehrheit der helvetischen Warenhauspioniere stammte aus dem benachbarten Ausland, viele von ihnen waren jüdische Einwanderer. Namen wie Brann, Mandowsky, Pilz oder Knopf sind heute in Vergessenheit geraten, aber auch bestehende Häuser wie Loeb und Manor oder die 2005 aufgelöste Epa sind weitgehend unerforscht geblieben. Obschon beim Publikum beliebt, war das Warenhaus von Beginn an umstritten. Spätestens in den 1930er-Jahren wurde das für den Mittelstand angeblich existenzvernichtende Warenhaus Zielscheibe einer rechtsbürgerlichen Kampagne, die den Liberalismus der Gründerzeit suspendierte. 1933 verbot ein dringlicher Bundesbeschluss die Eröffnung und Erweiterung von Warenhäusern, Kaufhäusern, Einheitspreisgeschäften und Filialgeschäften. Das Buch thematisiert einen kaum erforschten Zweig der Kultur- und Wirtschaftsgeschichte der Schweiz, der von einer jüdischen Minderheit mitgeprägt wurde. Die Darstellung vereint Aspekte der Wirtschafts- und Sozialgeschichte, der Migrations- und der Architekturgeschichte.
Autorentext
war wissenschaftliche Mitarbeiterin am Seminar für Kulturwissenschaft und Europäische Ethnologie der Universität Basel. Sie ist Mitherausgeberin des Buches «Jüdischer Kulturraum Aargau» (2020).
Inhalt
Dank Einleitung Zu diesem Buch Multifokales Forschen: Überlegungen zur Theorie und Methode Phänomen Warenhaus Von der Geburt des Konsumenten und dem Paradies der Damen Der Begriff Konsum: Schillernde Semantik und sich wandelnder Sprachgebrauch Vom Basar zum Warenhaus: Begriff, Thematik und Problem des «Warenhauses» Teil I: Migration, Kultur und Wirtschaft in transnationaler Perspektive 1. «Revolution» und «Wunder»: Die Entstehung des Warenhauses im Kontext des Liberalismus Transformationsprozesse und «legendäre» Anfänge in Paris Die Entwicklung der Warenhäuser in Europa und Amerika Arisierung und Enteignung im Deutschen Reich 2. Der Einzug und Aufstieg des Warenhauses in der Schweiz Allgemeine Entwicklung Paris erobert die Schweiz, buchstäblich Die Gebrüder Geismar und das Kaufhaus Zur Stadt Paris Herkunft, Mobilität und Migration der Schweizer Warenhausgründer Die Herausbildung der Warenhäuser Warenhaus Knopf und Klopstock Sozialer Aufstieg und Verbürgerlichung: Vom Händler zum Warenhausbesitzer Familiäre Bande: Ein Netzwerk zum Erfolg 3. «Kathedralen des Konsums»: Architektonische Bauzeugen Einzigartige Anfänge im Stile der Pariser Grands Magasins Die Warenhäuser Brann und Loeb in Zürich, Bern und Basel Warenhaus Léon Nordmann in Luzern und Basel Von der Schipfe bis zum Glaspalast: Warenhaus Jelmoli Warenhauspionier Giovanni Pietro Jelmoli (17941860) 4. Erfahrungswelten Warenhaus Das Warenhaus als kulturelles und geschmacksbildendes Moment Weisse Wochen Schauplatz einer sinkenden Moral Exkurs: Die Macht der Mode 5. Wirtschaftspolitische Eindämmungen im Zeichen des Neokorporatismus Nicht alle mögen sie: Konsumkritik und Warenhausdebatte Erster Widerstand gegen die Warenhäuser und die Gründung des «Vorläufers» des Schweizerischen Detaillistenverbandes Die Folgen der Wirtschaftskrise der 1930er-Jahre Kampagne gegen jüdische Warenhausbesitzer Der Warenhausbeschluss WHB Kampf gegen die Einheitspreis AG, besser bekannt als Epa Der Widerstand und das Aktionskomitee in Vevey Maus und Brann in Frankreich, Brann und andere in Spanien und der Tschechoslowakei Kurzes Gastspiel: Das Selbstbedienungsrestaurant Mika Subtile «Arisierung» oder gewollter Ausstieg? Teil II: Familien- und Unternehmensbiografien Einleitung 6. Der Allererste: Julius Brann aus Rawitsch und das Warenhaus Brann Familie und Herkunft «Flitterkrams» am Talacker 50 in Zürich: Das erste Warenhaus der Schweiz Eine Warenhauskarriere nimmt ihren Lauf In illustrer Gesellschaft: Vom Kleinbetrieb zur Aktiengesellschaft Tragödie in Biel Familiäre Bande und die Warenhäuser Mandowsky, Pilz und Universum Warenhausdirektoren, Prokuristen und Else Lasker-Schüler Vorboten des Zweiten Weltkriegs und Emigration in die USA Ziehsohn und Geschäftspartner: Frank Bruce (Brauchbar) 7. Der Familienbetrieb partout: Die Gebrüder Loeb und das Warenhaus Loeb Urvater Moses Loeb der Zweite aus Nieder-Wiesen Neue Heimat in Freiburg im Breisgau und die Etablierung der Gebrüder Loeb 1864 Unterwegs in die Schweiz Die Schwestern: Emilia und Wilhelmina Loeb «Überaus populär»: Das erste Warenhaus der Gebrüder Loeb in Basel Modewaren, Bonneterie und Mercerie an der Bahnhofstrasse in Zürich Warenhaus Loeb in Bern: Eine Erfolgsgeschichte Gründerzeit: David und Fanny Loeb-Löw Blütezeit: Auf dem Weg zum Traditionshaus Loeb Kunst und Kultur: Religion und Philanthropie 8. Die Dynastie: Die Familien Maus und Nordmann sind das Warenhaus Manor Aus dem Elsass in die Stadt der Zukunft Die Anfänge in Biel: Moïse Nordmann aus Hegenheim, Ernest und Henri Maus aus Colmar Warenhaus Léon Nordmann Der Freiburger Zweig der Familie Nordmann: À la Ville de Paris und Aux Trois Tours «Schem tov»: Ein brillantes Geschäftsmodell und ein weitverzweigtes Netzwerk À l'Innovation in Lausanne Das Au Louvre in Murten, das Kaufhaus Strauss in Burgdorf Besiegelung zum Grosskonzern und bewegende Jahre des Aufbaus 9. Das Paradebeispiel: Die Gebrüder Lang und die Grosse Französische Warenhalle Die Pioniere: Jacques, Raphael und Benoit Lang aus Sierentz Etablierung in Glarus 1863: Die erste Tuch- und Kleiderhandlung der Gebrüder Lang Kriegsherbst 1870: «Deballage», «Mechale Schabes» und das Nachspiel in Luzern Kaufhaus Schlossberg in Baden und die Synagogen-Episode Die glanzvollen Zeiten der Grossen Französischen Warenhalle in Zürich, 18711917 Krisenjahre: Grossbrand, das «Gross» muss weg und eine ungewisse Zukunft Von der Frawa zur Übernahme durch C & A Epilog Anmerkungen Anhang Abkürzungsverzeichnis Abbildungsnachweis Verzeichnis Tabellen Tabellen Warenhäuser Testamentarischer Familien-Verband der Gebrüder Lang Stammbäume, genealogisches Material Quellen und Literatur