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Es war die Hochzeit des Jahres, als Martina Bucher und Hugo Fischer 1938 in Escholzmatt im Entlebuch heirateten. Sie, die schönste Frau im Tal, aus gutem Haus. Er, der Dorfarzt, vielseitig gebildet, geschätzt und geachtet. Doch nach einigen Jahren glücklicher Ehe mit drei Kindern lebten sie sich auseinander. Im Sommer 1945 begegnete Martina dem Militärinternierten Karl Michel. Sie verliebten sich und verbrachten gemeinsam den Sommer in Weesen am Walensee. Er versprach ihr den Himmel auf Erden, wünschte sich ein Kind und riet ihr zur Scheidung. Die akribischen Aufzeichnungen von Hugo Fischer und Martinas Briefe geben einen sehr persönlichen Einblick in die Ereignisse von damals: die Chronologie einer Scheidung in all ihren Facetten. Im Dorf wird geredet. Man betrachtet Martina als krankhaft, die Einweisung in eine Anstalt wird erwogen. Karl Michel war kurz vor Kriegsende in die Schweiz geflüchtet. Als Hauptmann der deutschen Wehrmacht im Generalstab, zuständig für Fremde Heere Ost, wurde er von den Schweizer Behörden beschattet, vom Nachrichtendienst einvernommen. Er gab an, am Widerstand um Stauffenberg beteiligt gewesen zu sein, war Autor verschiedener Bücher und Artikel und bewegte sich im Umfeld der Moralischen Aufrüstung (MRA). Michel jonglierte sich durch viele behördliche Instanzen. In der Schweiz verkehrte er in der besten Gesellschaft von Zürich. Martina tauchte in seine Welt ein.1946 bringt sie in Zürich eine uneheliche Tochter zur Welt und kehrt ins Elternhaus zurück. Sie wird in ihrem Dorf geächtet. Die Vormundschaftsbehörde wird eingeschaltet, das Kind soll fremdplatziert werden. Martina flüchtet mit ihrem Baby ins Tessin, wo die Polizei sie aufspürt und ihr das Kind wegnimmt. Es wächst in einer Pflegefamilie auf. Der Kindsvater verlässt die Mutter und die Schweiz, wo er sporadisch, undurchsichtige Geschäfte treibend, auftaucht. Karl Michel hinterlässt eine abenteuerliche Spur eines Lebens mit vielen weissen Flecken.
Autorentext
Andrea Blunschi ist die Tochter des unehelichen Kindes von Martina Bucher. Ihre Grossmutter starb 2003, ohne aus ihrem früheren Leben erzählt zu haben. Sie hinterliess indes zahlreiche Fotografien, Briefe und ein Tagebuch. Von 2005 bis 2009 führte Andrea Blunschi Interviews mit Verwandten und Bekannten, besuchte Archive in der Schweiz und in Deutschland. Ein reichhaltiger Quellenfundus entstand. Die Spurensuche verdichtete sich allmählich zu einer spannenden Geschichte, die mit vielen Originaltexten, Stimmen und Fotos aus verschiedenen Perspektiven erzählt wird.
Leseprobe
Aus der Scheidungschronik Hugo Fischer, Sonntag 1. Juli 45: Ich reise nach Weesen10 Uhr komme ich an, Martina führt mich ins Schlosshotel Mariahalden. Bis Mittag schwärmt mir Martina vor u. erklärt mir immer wieder, ein weiteres Zusammenleben mit mir in Escholzmatt beides ist gleich unerträglich werde sie verrückt machen, komme nicht in Frage. Bei Karl werde sie gesund. Es gehe schon viel besser. Karl Dr. Michel ist etwas grösser wie ich wie Martina bald erkennt stramm, flott, stark vorstehende Backenknochen mit auffallender Behaarung. Er scheint mir ruhig, energisch, intelligent, es lässt sich gut mit ihm reden. Bleibt ruhig, wenn ich, bewusst, ziemlich scharf die Deutschen angreife. Er erzählt mir seine Lebensgeschichte Dr. Jus. Biologie. Reichsgesundheitsamt. Im Krieg Hauptmann im Generalstab, Spezialist für Russland u Ostvölker, wo er Anpflanzungsprobleme zu lösen hatte. Lang nebenbei Sportler, Sportlehrer sagt er fast beschämt! Geschieden Frau Künstlerin (Malerin). Sie wollte von je her 4 Kinder von ihm u habe sie. In Frieden geschieden. Verstehe sich auf Frauenherzen u. könne sich gut einfühlen, was bei Martina einzig heilend wirken könne. Die Frau habe nötig, dass man sich mit ihr abgebe, sonst werde sie eben krank. Milieu bedingt sei Martina unglücklich, bei ihm werde sie bald voll gesund, man sehe den Erfolg ja schon bis jetzt.Da offenbar zwischen Martina u mir unrettbar alles verloren sei, sieht er als einzige vernünftige Lösung die Scheidung in Frieden, zu der ich Hand bieten möge. Erst die Scheidung ermögliche ihm, sich so eingehend mit Martina abzugeben, dass sie vollständig gesund werde. Er wolle sie sobald mögl. heiraten, sie sei seine grosse Liebe, sein Typ was Martina auch von ihm sagt. 4.10.45 Lieber Herr Doktor Martina hat im Augenblick nur den einen Wunsch nach einem Zuhause, irgendwo den müden Kopf hinlegen und an nichts mehr denken müssen einmal.Hier kann ihr das zurzeit leider nicht geboten werden wie in ihrem Elternhaus. Ausserdem habe ich den Eindruck, dass Martina sich zur letzten Klarheit am besten dort durchringt, wo sie die sittlichen Werte des Elternhauses und der Familie ganz nahe empfindet.Ich würdige Ihre Bedenken wegen eines Aufenthaltes von Martina in Escholzmatt vollauf. Ich glaube aber auch, dass gerade eine vorübergehende stille Rückkehr von Martina in ihr Elternhaus der ganzen Sache die sensationelle Note nimmt und sie für Schwätzer uninteressant macht. Martina ist jetzt so verinnerlicht, dass sie bestimmt bald ein ganz klarer ruhiger und reifer Mensch werden wird und selbst die richtige Endlösung erkennt. In Liebe und Sorge für MartinaIhnen stets verbundenGrüsst SieIhr K. Michel Tagebuch von Martina Geboren wurde Diana in der Klinik Hirslanden in Zürich. Dienstag den 28. Mai 1946 abends 8h. Ich verbrachte 10 sehr schöne Tage in der Klinik. Diana war gesund; Karl, der Vatti, kam mich jeden Tag besuchen. Er schenkte mir wundervolle Rosen und auch andere Blumen; er verwöhnte mich mit Früchten und allerhand. Am 9. Tag spazierten wir zusammen im Garten & am 10. Tag fuhr ich mit Diana nach Hause. Karl begleitete uns bis Thalwil. In Luzern holte mich Irene ab & mit dem Auto fuhren wir nach Hause. Vom 7. Juni 466. August 46 pflegte ich die kl. Diana zu Hause. Wir waren fast immer im Garten. Ich ging ab & zu nach Zch., dann pflegte Irene Ackermann die Kleine oder meine Mamma. Ich hatte oft schwere Stunden betr. Zukunft und meine Mamma machte es mir auch nicht leicht. Aber ich war ja glücklich, die kl. Diana wenigstens bei mir zu wissen. Gott half mir & zeigte mir den einen wahren Weg, für immer. Ende Juni 46 lächelte Diana schon süss und wacker. Maria Becker: Die Frau Bucher hatte bei uns gewohnt, um sich um mein Baby zu kümmern. Und der Michel kam dazu. Die beiden hatten sich bei uns so richtig eingenistet. Robert Freitag, mein Mann, ging zu einem Freund, ihm war diese Person, dieser Michel, so widerwärtig und so zudringlich. Und leider Gottes liess Boby das Kind alleine bei denen.