Die Calanques vor Marseille, tiefe Küsteneinschnitte, türkis glitzerndes Wasser, schroffe Felsen und versteckte Buchten. Doch etliche Meter unter der Wasseroberfläche liegt noch eine ganz andere Welt: jahrtausendealte Unterwasserhöhlen, an deren Wänden prähistorische Felszeichnungen prangen. Der Archäologe und erfahrene Taucher Rémy Fortin erforscht die Höhlenmalereien, als er panikartig auftaucht und dabei schwerste Verletzungen erleidet. Seine letzten Fotos zeigen gigantische Stalagmiten, eine rätselhafte Hirschkopfstatue und den Schatten einer riesigen Gestalt. Hauptkommissar Michel de Palma, der 'Baron' von Marseille, begibt sich auf eine prähistorische Spurensuche und stößt auf ungeklärte Morde, die einem uralten Ritual folgen.
Xavier-Marie Bonnot, geboren 1962 in Marseille, promovierte in Geschichte und studierte Soziologie und französische Literatur. Seine berufliche Karriere begann er als Filmregisseur von Dokumentarsendungen und Reportagen. 2002 feierte er mit der Veröffentlichung seines ersten Kriminalromans La première empreinte sein literarisches Debüt. Seither erschienen weitere Fälle mit dem Marseiller Polizeikommandanten Michel de Palma. Sie wurden mehrfach ausgezeichnet und in mehrere Sprachen übersetzt.
Autorentext
Xavier-Marie Bonnot, geboren 1962 in Marseille, promovierte in Geschichte und studierte Soziologie und französische Literatur. Seine berufliche Karriere begann er als Filmregisseur von Dokumentarsendungen und Reportagen. 2002 feierte er mit der Veröffentlichung seines ersten Kriminalromans La première empreinte sein literarisches Debüt. Seither erschienen weitere Fälle mit dem Marseiller Polizeikommandanten Michel de Palma. Sie wurden mehrfach ausgezeichnet und in mehrere Sprachen übersetzt.
Zusammenfassung
Die Calanques vor Marseille, tiefe Kusteneinschnitte, turkis glitzerndes Wasser, schroffe Felsen und versteckte Buchten. Doch etliche Meter unter der Wasseroberflache liegt noch eine ganz andere Welt: jahrtausendealte Unterwasserhohlen, an deren Wanden prahistorische Felszeichnungen prangen. Der Archologe und erfahrene Taucher Rmy Fortin erforscht die Hhlenmalereien, als er panikartig auftaucht und dabei schwerste Verletzungen erleidet. Seine letzten Fotos zeigen gigantische Stalagmiten, eine rtselhafte Hirschkopfstatue und den Schatten einer riesigen Gestalt. Hauptkommissar Michel de Palma, der "e;Baron"e; von Marseille, begibt sich auf eine prhistorische Spurensuche und stt auf ungeklrte Morde, die einem uralten Ritual folgen.
Leseprobe
3
In de Palmas Alfa Romeo Giulietta Baujahr 59 war das Autoradio rechts neben den drei großen runden Chromanzeigen angebracht, direkt unter dem schlicht aufs Armaturenbrett geklebten Rückspiegel. Zum Einstellen der Sender musste man mit viel Fingerspitzengefühl den rechten Knopf drehen, sonst war man gleich viel zu weit. Der Baron traute sich an den alten Kasten schon längst nicht mehr heran, und auch sonst durfte ihn niemand berühren. Seit Jahrzehnten war in dem legendären Coupé der Zeiger auf den Klassiksender France Musique eingestellt, auf UKW, und von da rührte er sich nicht weg.
Beim Herausfahren aus der Tiefgarage des Polizeipräsidiums rauschte es kurz im Radio, dann ertönten, in Mono, die letzten Takte der großen Arie von Radames. Aida, erster Akt.
Ergerti un trono
Vicino al sol ...
De Palma erkannte die Stimme Plácido Domingos, das Jahr der Aufnahme, nämlich 1974, und nach dem spektakulären hohen b erwartete er den Auftritt von Amneris und damit die verzaubernde Stimme Fiorenza Cossottos. Stattdessen ergriff jedoch ein Musikwissenschaftler das Wort. Aha, eine Sendung über die großen Helden des Opernrepertoires. De Palma hörte nur mit halbem Ohr zu. Sowieso würde der Tunnel zwischen den früheren Docks und dem Timone-Viertel den guten Mann eine ganze Weile verstummen lassen.
Eine halbe Stunde ging es noch durch die Viertel dahin, die sich an die steilen Abhänge des Mont Saint-Cyr und des Col de la Gineste schmiegten, bis hin zu den allerletzten Häusern.
An den Ausläufern des Calanque-Massivs war Marseille zu Ende. Jenseits einer verrosteten Schranke zog sich ein schmaler Weg zum Sugiton-Pass hoch, flankiert von windgebeugten Flaumeichen und von den Kiefern, die nach verheerenden Waldbränden neu gepflanzt worden waren. Nach einem Engpass ging es schluchtartig zu einer kleinen Bucht hinunter. Vom hellen Meeresboden hoben sich die dunklen Flecken der Neptungräser ab. In achtunddreißig Metern Tiefe konnte man durch einen schlauchartigen Gang ins Innere des Berges hinaufgelangen, in die Le-Guen-Höhle, einen trockenen Höhlenraum mit prähistorischen Malereien und Zeichnungen.
Die Stille wurde von einem Schrei zerrissen. Über Sugiton hob sich ein Habichtsadler in die Luft, auf der Suche nach Aufwinden entlang der Felsen.
De Palma ging rasch den Pfad hinunter und erreichte bald den Felsvorsprung, der den Tauchern als Schaltstelle an Land diente. Kurz darauf tauchte Pauline Barton aus dem Wasser auf und winkte ihm zu.
Fachleute vom Amt für Unterwasserarchäologie machten sich um eine wasserdichte Kiste herum zu schaffen, die an einer Trosse emporgezogen wurde. Pauline hievte sich an Bord der Archéonaute und verschwand für ein paar Minuten. In abgewetzten Jeans, einer orangefarbenen Fleecejacke und mit einem Handtuch auf dem Kopf kehrte sie zurück.
»Hallo, Monsieur de Palma. Schön, dass Sie gekommen sind.«
Sie hatte einen festen Händedruck, trug keinen Ehering und war ungeschminkt. Das viele Tauchen und die beißende Sonne hatten Furchen in ihrem länglichen Gesicht mit den funkelnden grauen Augen hinterlassen.
»Gibt es was Neues von Rémy Fortin?«, fragte de Palma.
»Die Ärzte sind nicht gerade zuversichtlich. Kommen Sie doch an Bord, dann können wir uns besser unterhalten. Oder werden Sie leicht seekrank?«
De Palma lächelte. »Ich stamme aus einer Seemannsfamilie.«
Die Archéonaute war an die dreißig Meter lang, und ihr spitz zulaufender Vordersteven teilte die Wellen wie eine Messerklinge. Unter der Bullaugenlinie war der blau-weiß-rot gestreifte Rumpf voller Roststellen.
Pauline Barton lud de Palma in die Kajüte ein. An einem Pressholztisch standen zwei mit rissigem Kunstleder überzogene Sitzbänke.
»Wie genau ist die Sache passiert?«, fragte der Baron ohne U