Der große Schicksalsroman Durch Zufall erfährt die in ärmlichen Verhältnissen lebende Tess Durbeyfield, dass ihre Familie einem alten normannischen Adelsgeschlecht entstammt. Ihr Entschluss, vermeintliche Verwandte zu besuchen, hat fatale Folgen für die junge Frau: Sie trifft auf die zwei Männer, die den Gang ihres Schicksals unheilvoll lenken. Mit Tess sorgte Thomas Hardy 1891 für Aufsehen. Der Roman zählt zu den großen Klassikern der englischen Literatur. Diese Neuausgabe in attraktiver Sonderausstattung bietet die zeitgemäße Übersetzung von Helga Schulz.
Thomas Hardy, geboren am 2. Juni 1840, war Sohn eines Baumeisters. Er ging nach der Architektenlehre nach London und begann neben seiner Arbeit als Kirchenrestaurator zu schreiben. 1871 erschien der erste seiner berühmten Wessex -Romane, die alle in seiner heimatlichen Umgebung angesiedelt sind. Hardy hinterließ ein umfangreiches Werk, darunter 14 Romane und fast 1000 Gedichte. Er starb am 11. Januar 1928.
Der große Schicksalsroman Durch Zufall erfährt die in ärmlichen Verhältnissen lebende Tess Durbeyfield, dass ihre Familie einem alten normannischen Adelsgeschlecht entstammt. Ihr Entschluss, vermeintliche Verwandte zu besuchen, hat fatale Folgen für die junge Frau: Sie trifft auf die zwei Männer, die den Gang ihres Schicksals unheilvoll lenken. Mit Tess sorgte Thomas Hardy 1891 für Aufsehen. Der Roman zählt zu den großen Klassikern der englischen Literatur. Diese Neuausgabe in attraktiver Sonderausstattung bietet die zeitgemäße Übersetzung von Helga Schulz.
Autorentext
Thomas Hardy, geboren am 2. Juni 1840, war Sohn eines Baumeisters. Er ging nach der Architektenlehre nach London und begann neben seiner Arbeit als Kirchenrestaurator zu schreiben. 1871 erschien der erste seiner berühmten Wessex-Romane, die alle in seiner heimatlichen Umgebung angesiedelt sind. Hardy hinterließ ein umfangreiches Werk, darunter 14 Romane und fast 1000 Gedichte. Er starb am 11. Januar 1928.
Leseprobe
Erste Phase
Das Mädchen
1
An einem Abend in den letzten Tagen des Monats Mai ging ein Mann mittleren Alters von Shaston heimwärts nach dem Dorf Marlott im angrenzenden Tal von Blackmore oder Blackmoor. Das Paar Beine, das ihn trug, war ziemlich wackelig, und in seinem Gang lag etwas Schiefes, das ihn immer wieder ein wenig von der geraden Linie nach links abweichen ließ. Von Zeit zu Zeit nickte er heftig, wie zur Bestätigung einer Meinung, obgleich er an gar nichts Besonderes dachte. An seinem Arm baumelte ein leerer Eierkorb, der Filz seines Hutes war zerknüllt und ein Stück davon an seiner Krempe, dort, wo er mit dem Daumen hingriff, wenn er ihn abnahm, war völlig abgenutzt. Ihm begegnete bald ein älterer Pfarrer zu Pferde auf einer grauen Stute, der beim Dahinreiten ein Wanderlied vor sich hin summte.
»Wünsche eine gute Nacht«, sagte der Mann mit dem Korb.
»Gute Nacht, Sir John«, sagte der Pfarrer.
Der Fußgänger blieb nach ein paar weiteren Schritten stehen und wandte sich um.
»Mit Verlaub, Sir; aber wir trafen uns am letzten Markttag auch etwa um diese Zeit und auf dieser Straße, und ich sagte 'gute Nacht', und sie sagten 'gute Nacht, Sir John', so wie jetzt.«
»Das tat ich«, sagte der Pfarrer.
»Und davor auch schon mal - vor fast einem Monat.«
»Das mag sein.«
»Aber was wollen Sie wohl damit sagen, wenn Sie mich jedesmal 'Sir John' nennen, wo ich doch nur der ganz gewöhnliche Jack Durbeyfield, der Hausierer bin.«
Der Pfarrer kam ein paar Schritte näher herangeritten.
»Das war nur so eine Laune von mir«, sagte er. Und nach einem Moment des Zögerns: »Es war wegen einer Entdeckung, die ich vor kurzem gemacht habe, während ich in alten Stammbäumen geforscht habe für die neue Grafschaftsgeschichte. Ich bin Pfarrer Tringham, der Altertumsforscher, von Stagfoot Lane. Wissen Sie wirklich nicht, Durbeyfield, daß Sie der direkte Vertreter der alten, ritterlichen Familie der d'Urbervilles sind, die ihre Abstammung von Sir Pagan d'Urberville herleiten, dem berühmten Ritter, der mit Wilhelm dem Eroberer von der Normandie hierher kam, wie es aus der Battle Abbey Roll, der Namensliste, hervorgeht.«
»Noch nie davon gehört, Sir!«
»Es ist aber wahr. Heben Sie mal Ihr Kinn einen Augenblick, damit ich Ihr Profil besser sehen kann. Ja, das ist die Nase und auch das Kinn der d'Urbervilles - nur ein wenig degeneriert. Ihr Vorfahr war einer der zwölf Ritter, die den Lord von Estremavilla in der Normandie bei seiner Eroberung Glamorganshires unterstützten. Zweige Ihrer Familie besaßen in diesem Teil Englands überall Rittergüter; ihre Namen tauchen in den Schatzkammerrollen zur Zeit König Stephens auf. Während der Regierungszeit König Johns war einer von ihnen reich genug, den Johannitern ein Rittergut zu schenken; und zu Edwards II. Zeit wurde Ihr Ahnherr nach Westminster berufen, um dort an dem großen Konzil teilzunehmen. Zu Oliver Cromwells Zeiten gab es bei Ihnen einen geringen Niedergang, aber in keinem ernstlichen Maße, und während der Regierung Charles' II. wurden Sie wegen Ihrer Treue zu Rittern der Königseiche geschlagen. Ja, da gab es Generationen von Sir Johns unter Ihnen, und wenn Ritterschaft erblich wäre wie der Rang eines Baronets - wie es in alten Zeiten praktisch der Fall war, als die Ritterschaft noch vom Vater zum Sohn überging -, dann wären Sie jetzt Sir John.«
»Was Sie nicht sagen!«
»Kurz gesagt«, schloß der Pastor, während er mit seiner Peitsche entschieden an sein Bein klatschte, »es gibt kaum noch eine weitere solche Familie in England.«
»Da staune ich aber, ist das wirklich so?« sagte Durbeyfield. »Und da bin ich hier Jahr für Jahr rumgezogen von Pontius zu Pilatus, als wär ich nicht mehr als der gewöhnlichste Bursche in der Gemeinde . . . Und wie lange weiß man das über mich schon, Pfarrer Tringham?«
Der Geistliche erklärte, daß, soweit er wisse, inzwischen niemand mehr