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»Eine Pause im Irrsinn. Noch eine Anstrengung, das Aussterben zu verhindern, in einer seltsamen Entschlossenheit vereint. Es ist der letzte Versuch.« Sibylle Bergs neuer Roman setzt da an, wo »GRM« endet - in unserer neoliberalen Absurdität, in der der Einzelne machtlos scheint. Der Kapitalismus ist alternativlos geworden. Das beste aller Systeme hat wenigen zu absurdem Reichtum verholfen und sehr vielen ein menschenwürdiges Dasein genommen. Die Krise ist der Normalzustand, Ausbeutung heißt nicht mehr »Kolonialismus« sondern »Förderung strukturschwacher Länder«. Inflation, Seuchen, Kriege, Diktatoren, Naturkatastrophen, Müllberge. Und die Menschheit vereint nur noch in ihrer Todessehnsucht. Die Lage scheint ausweglos. Aber in einem abhörsicheren Container brennt noch Licht. Fünf Hacker programmieren die Weltrettung. Manchmal gibt es diese historischen Momente, in denen Mauern eingerissen werden, Frauen studieren und wählen dürfen, Rassismus nur noch in einigen Köpfen existiert, Geschlechter keine Rolle mehr spielen, in denen verschwindet, was Menschen für hundert Jahre für ein Naturgesetz hielten.
Sibylle Berg lebt in Zürich. Ihr Werk umfasst 27 Theaterstücke, 15 Bücher und wurde in 34 Sprachen übersetzt. Berg ist Herausgeberin von drei Büchern und verfasst Hörspiele und Essays. Sie erhielt diverse Preise und Auszeichnungen, u.a. den Kasseler Literaturpreis für grotesken Humor, den Nestroy-Preis, den Schweizer Buchpreis, den Grand Prix Literatur, den Bertold-Brecht-Preis und den Johann-Peter-Hebel-Preis. Bei Kiepenheuer & Witsch erschienen zuletzt der Roman »GRM/Brainfuck« (2019) und der Gesprächsband »Nerds retten die Welt« (2020).
Autorentext
Sibylle Berg lebt in Zürich. Ihr Werk umfasst 27 Theaterstücke, 15 Bücher und wurde in 34 Sprachen übersetzt. Berg ist Herausgeberin von drei Büchern und verfasst Hörspiele und Essays. Sie erhielt diverse Preise und Auszeichnungen, u.a. den Kasseler Literaturpreis für grotesken Humor, den Nestroy-Preis, den Schweizer Buchpreis, den Grand Prix Literatur, den Bertolt-Brecht-Preis und den Johann-Peter-Hebel-Preis. Bei Kiepenheuer & Witsch erschienen zuletzt die Romane »GRM/Brainfuck« (2019) und »RCE« (2022) sowie der Gesprächsband »Nerds retten die Welt« (2020).
Klappentext
Ein Bauplan für die Weltrevolution: der neue große Roman von Sibylle Berg.
Westeuropa, jetzt: Die Reichen haben gewonnen. Der Populismus regiert flächendeckend. Der Überwachungsstaat ist perfekt. Opposition ist abgeschafft, die Leute sind erstarrt in konsumbereiter Ruhe. Wobei - nicht alle. Ein paar Nerds sind noch wach. Und sie haben einen Plan.
Der neue Roman von Sibylle Berg führt wieder tief hinein in eine Welt, die der unseren auf beunruhigende Weise ähnelt. Das Klima ist gekippt, KI macht immer mehr Leute überflüssig, Flüchtlinge werden weggesperrt, Obdachlose verschwinden spurlos. Die Märkte mögen keine Demokratie, und darum wird sie immer weiter abgebaut. Durch Autokraten, neue Antiterrorgesetze, Demonstrationsverbote. Die man sich genauso gut sparen könnte. Denn wogegen soll man demonstrieren? Gegen alles? Eine Nacht hat sich über die Welt gesenkt. Nur in einem abhörsicheren Container brennt noch Licht. Hier sitzen Hacker vor ihren Rechnern und coden. Und was sie Schritt für Schritt entfesseln, ist nichts Geringeres als die Weltrevolution.
»RCE« ist eine messerscharfe Analyse einer durch den Neoliberalismus verheerten Welt, in der jeder Widerstand zwecklos zu sein scheint. Vor allem aber ist dieser Roman ein furioser, literarischer Bauplan, wie es doch noch möglich wäre: Europa neu zu starten. Klar ist: Nur wer in der Lage ist, das System umzuschreiben, kann es stürzen. Noch. Bevor sich die letzte Sicherheitslücke schließt.
Zusammenfassung
»Eine Pause im Irrsinn.Noch eine Anstrengung, das Aussterben zu verhindern,in einer seltsamen Entschlossenheit vereint.Es ist der letzte Versuch.«Sibylle Bergs neuer Roman setzt da an, wo »GRM« endet in unserer neoliberalen Absurdität, in der der Einzelne machtlos scheint. Der Kapitalismus ist alternativlos geworden. Das beste aller Systeme hat wenigen zu absurdem Reichtum verholfen und sehr vielen ein menschenwürdiges Dasein genommen. Die Krise ist der Normalzustand, Ausbeutung heißt nicht mehr »Kolonialismus« sondern »Förderung strukturschwacher Länder«. Inflation, Seuchen, Kriege, Diktatoren, Naturkatastrophen, Müllberge. Und die Menschheit vereint nur noch in ihrer Todessehnsucht. Die Lage scheint ausweglos. Aber in einem abhörsicheren Container brennt noch Licht. Fünf Hacker programmieren die Weltrettung.Manchmal gibt es diese historischen Momente, in denen Mauern eingerissen werden, Frauen studieren und wählen dürfen, Rassismus nur noch in einigen Köpfen existiert, Geschlechter keine Rolle mehr spielen, in denen verschwindet, was Menschen für hundert Jahre für ein Naturgesetz hielten.
Leseprobe
Inhaltsverzeichnis Zweieinhalb Jahre vor dem Ereignis -
Ben, der in einem Bus in London
auf zwei Plätzen saß. Von vier im Bus installierten Kameras beobachtet, die die Sicherheit der Busreisenden gewährleisteten.
Der Vorteil, Ben zu sein, war - gepflegte Einsamkeit im öffentlichen Raum, denn außer Leuten, die zu viel Crystal Meth geraucht hatten, mieden die meisten eine körperliche Nähe zu Menschen, die aus zwei Metern und hundertzehn Kilo Fett, Muskeln und schlechter Laune bestanden.
Ben war schon immer aufbrausend gewesen. Würde sein ehemaliges Lehrpersonal sagen, wenn sie nach Bens imaginärem Amoklauf befragt werden würden.
Die Psychologen, wenn er welche hätte, würden sagen: »Hier liegt ein typischer Fall von Impulskontrollstörung vor.«
Oder einfach: Ben hatte den ganzen Schwachsinn noch nie verstanden.
Den Drill vom Kindergarten an. Das Wählen der beliebten Kinder im Sportunterricht, die Verächtlichmachung von allem, was nicht »normal« schien, das Einpeitschen des Wettbewerbs in Kinderhirne, bis sie jeden Spaß am Lernen und auch am Leben verlernt hatten und nur noch voller Angst waren - Angst, dass die Eltern den Job verlören,
Angst, sitzen zu bleiben und später keine großartige Karriere zu machen. Kinder, die sich einnässten und unter Psychopharmaka standen. Kinder, die zu verstörten Jugendlichen wurden und danach direkt zu Rentnern. Oder Arbeitslosen, oder tot.
Aber die größte Panik, egal aus welcher Schicht die Kinder stammten, war - gar keine Arbeit zu bekommen, sich ihr Leben nicht verdienen zu dürfen.
Ben hatte seine Tabletten, irgendwelche musste ja jedes westliche Kind nehmen, um für die Zukunft gerüstet zu sein, immer ausgespuckt.
Sein Hass war mit ihm gewachsen, mit seinem Körper, der ständig bebte. Die Haare wie rote Antennen in der Luft. Das Gesicht voller Sommersprossen.
Ben sah aus wie ein miserabel gelaunter Feuerlöscher, aber das wäre eine Untertreibung. Er war richtig geladen.
Er war vierundzwanzig und seit über zehn Jahren Hacker. Seit über zehn Jahren sah er, dass sich fast - alles so entwickelte, wie er es geahnt hatte.
Der Bus fuhr an Häusern vorbei, die früher eher Ställe als Menschenunterkünfte gewesen waren und in denen Sozialhilfeempfänger entspannt auf ihr Aussterben gewartet hatten. Nun hatten die Häuser Isolierglasfenster, bunte Anstriche und wurden von Programmierern, Systemanalytikern und Entwicklern bewohnt. Früher Spitzenverdiener, war alles, was ein »IT« oder »digital« in der Berufsbezeichnung hatte, inzwischen in der neuen Mitte der Gesellschaft angelangt. Bei denen, die sich selbstausbeutend im Homeoffice oder in Sichtbeton-Co-Working-Spaces mit Chill Lounge saßen und vierzehn Stunden am Tag absolut öde Jobs machten. IT-Sicherheit für Versicherungen, Onlineshopping-Bezahlsysteme für Kaufhäuser, Digitalentwickler bei den Wasserwerken oder 3-D-Statistiker, die Produktchancen für Softdrink-Hersteller errechneten. Es gab ein Überangebot an IT-Fachleuten, die unterdessen keine Helden mehr waren, sondern den Status von Fernmeldetechnikern ha…