CHF12.90
Download steht sofort bereit
Ob Fixie oder Retro-Drahtesel, Trekking- oder E-Bike - Sebastian Herrmann kennt vom täglichen Arbeitsweg bis hin zu Amateurrennen, Alpenüberquerungen und Donauradwanderungen alle Facetten des Daseins im Sattel. Er weiß um die Sucht nach Kilometern und die grausige Furcht vor dem Hungerast. Erzählt von skurrilen Rekorden und Klapprad-Weltmeisterschaften, würdigt die Protagonisten des Profisports und widmet sich neben dem Pedalneid und der Begeisterung für alte Stahlrahmen den existenziellen Fragen eines jeden Zweiradfans: Kann man in eng anliegender Funktionskleidung seine Würde wahren? Muss man an roten Ampeln tatsächlich halten, wenn man so umweltfreundlich unterwegs ist? Und wie reagiert man, wenn Diebe einem die große Liebe ausspannen? Eine ebenso witzige wie verblüffende Hymne an die anmutigste und berauschendste Art der Fortbewegung.
Sebastian Herrmann, geboren 1974, ist Wissenschaftsredakteur der 'Süddeutschen Zeitung', Autor und lebt in München. Er hat viele Gipfel erklommen, mit dem Fahrrad mehrfach die Alpen überquert und mit Skiern wie Snowboard zur Erosion ganzer Gebirgszüge beigetragen. Auch alpine Niederlagen sind ihm nicht fremd: Der Karakorum im Norden Pakistans schüttelte ihn ab wie eine steifbeinige Bergziege; das Ettaler Manndl blieb ihm bis heute verwehrt.
Vorwort
Am achten Tag erschuf Gott das Fahrrad
Autorentext
Sebastian Herrmann, geboren 1974, ist Wissenschaftsredakteur der "Süddeutschen Zeitung", Autor und lebt in München. Er hat viele Gipfel erklommen, mit dem Fahrrad mehrfach die Alpen überquert und mit Skiern wie Snowboard zur Erosion ganzer Gebirgszüge beigetragen. Auch alpine Niederlagen sind ihm nicht fremd: Der Karakorum im Norden Pakistans schüttelte ihn ab wie eine steifbeinige Bergziege; das Ettaler Manndl blieb ihm bis heute verwehrt.
Zusammenfassung
Ob Fixie oder Retro-Drahtesel, Trekking- oder E-Bike Sebastian Herrmann kennt vom täglichen Arbeitsweg bis hin zu Amateurrennen, Alpenüberquerungen und Donauradwanderungen alle Facetten des Daseins im Sattel. Er weiß um die Sucht nach Kilometern und die grausige Furcht vor dem Hungerast. Erzählt von skurrilen Rekorden und Klapprad-Weltmeisterschaften, würdigt die Protagonisten des Profisports und widmet sich neben dem Pedalneid und der Begeisterung für alte Stahlrahmen den existenziellen Fragen eines jeden Zweiradfans: Kann man in eng anliegender Funktionskleidung seine Würde wahren? Muss man an roten Ampeln tatsächlich halten, wenn man so umweltfreundlich unterwegs ist? Und wie reagiert man, wenn Diebe einem die große Liebe ausspannen? Eine ebenso witzige wie verblüffende Hymne an die anmutigste und berauschendste Art der Fortbewegung.
Leseprobe
*Prolog
Komm, süßer Schmerz*
Gib jemandem einen Fisch, und du ernährst ihn für einen Tag. Bring einem Menschen das Fischen bei, und du ernährst ihn ein Leben lang. Wenn du aber einem Menschen das Radfahren beibringst, wird er erkennen, wie dumm und langweilig das Fischen ist.
Desmond Tutu, südafrikanischer Geistlicher und Träger des Friedensnobelpreises
Morgens um halb drei vor der Haustür in einer Münchner Vorstadt. Die Nacht hat ihren Namen nicht verdient, zwei, drei Stunden schlafloses Wälzen im Bett, bis der Wecker die Unruhe endlich beendet. Dann ein frühes Frühstück aus Nudeln mit Tomatensoße, die am Vorabend übrig geblieben sind, dazu Kaffee und kribbelnde Nervosität, die sich ebenso als Vorfreude wie als Versagensangst deuten lässt. Draußen vor der Tür wartet der Nachbar, steht über den Lenker seines Rennrads gebeugt und fummelt an seinem GPS-Fahrradcomputer herum. Eine Begrüßung, ein Gähnen, noch ein Abschiedsselfie mit dem Handy, dann los, um die anderen Mitfahrer einzusammeln. Sechs Rennräder rollen schließlich über verwaiste Bundesstraßen in Richtung Süden. Das Hinterrad des Vordermanns dreht sich im Kegel des Lichts, Ketten surren, Fahrtwind rauscht in den Ohren. Die kühle Frische der Sommernacht und die Bewegung vertreiben die Müdigkeit, sechs Radler begeben sich in ihren je eigenen Tunnel. Nächster Halt Gardasee.
Unter ambitionierten Hobbyrennradlern in und um München zählt eine Gewalttour zum Gardasee zu den populären Einträgen im sportlichen Lebenslauf. Morgens los, hoffentlich abends ankommen und dabei spüren, was in den Beinen steckt.
Am Walchensee geht die Sonne auf, Frühstück im Inntal, am Brenner gibt es schlechten Kaffee, kurz nach Brixen platzt das Hinterrad eines Mitfahrers mit lautem Knall, eine ungeduldige Reparatur in der Mittagssonne, und von Bozen bis Rovereto bläst den Unermüdlichen ein elend heißer Wind entgegen. Dann, nach 19 Stunden und 406 Kilometern: Siegerfoto und Siegerbier am Gardasee. Geschafft. Schulterklopfen. Gut gemacht. Und jetzt, was kommt als Nächstes? 500 Kilometer am Stück? Noch mehr?
Wie bescheuert. Gerade durch das Ziel gerollt, die große Tour durchgezogen, und es dauert nicht lange, bis die Frage nach der nächsten Tortur auftaucht. Für Kollegen und Freunde steht sowieso längst fest: Der Typ ist sportsüchtig, ein Junkie in hässlicher Hose mit Gesäßpolster, der sein Dasein im Wesentlichen auf einem Fahrrad fristet. Das muss pathologisch sein! Diese Sicht passt ja auch gut ins Bild der Zeit. Überall wird gerannt, geradelt, geschwitzt. Männer in Funktionswäsche keuchen über Landstraßen, Frauen mit Yogamatten zählen fest zum Stadtbild. Wer etwas auf sich hält, läuft Ultramarathon, weil ein einfacher Marathon Sache der Massen ist.
Im Lichte dieses allgemeinen Fitnesswahns ließe sich die Eskalation des eigenen Treibens leicht als Selbstoptimierungszwang und Suchtverhalten abtun. Aber das ist langweiliger Unsinn. Ausdauersport kann zu einem Lebenselixier werden und eine Tour wie die zum Gardasee ein persönliches Fest sein. Die Steigerung der Dosis ist integraler Bestandteil dieser Schwitzerei, das Höher, Schneller, Weiter gehört automatisch dazu, egal auf welchem Niveau.
Der Einstieg in die Radkarriere hatte mit einer Überdosis begonnen. Die Mountainbiketour führte durch das Karwendelgebirge im Grenzgebiet zwischen Deutschland und Österreich, mündete in vollkommener Erschöpfung und war aus heutiger Perspektive geradezu lächerlich kurz. Es regnete, es brannte in den Beinen, es ging nichts mehr, gar nichts mehr. Die Verzweiflung war groß, und der im Übrigen grob verkaterte, aber trainiertere Begleiter komplettierte die Demütigung, indem er in den vielen Zwangspausen fröhlich auf den bleichen Fahrradneuling einplapperte, Zigaretten rauchte und dann fragte, ob es denn nun endlich weiterginge. Es ging nicht weiter, die Räder mussten geschoben werden, es wurde ein sehr langsamer Tr