Ein psychologischer Spannungsroman der
Extraklasse
Henry ist ein erfolgreicher Schriftsteller. Er ist elegant, großzügig und sehr gefährlich. Denn Henry ist ein skrupelloser Hochstapler, der sich ein überaus angenehmes Leben geschaffen hat. Fatalerweise wird seine Geliebte von ihm schwanger. Nun müsste er seiner Frau alles erzählen. Aber muss er ihr wirklich alles sagen? Das würde seine Existenz vernichten. Einfacher wäre es, die Geliebte aus dem Weg zu räumen. Doch genau dabei passiert Henry ein nicht wieder gutzumachender Fehler.
Sascha Arango fragt, wo die Wahrheit endet und wo die Grauzone der Lügen beginnt. Dabei erzählt er die überaus spannende Geschichte von Henry, der schwindelfrei am Abgrund steht. Er zeigt uns einen Mann, der sich den Konsequenzen seines Tuns immer entziehen konnte - bis er einen Schritt zu weit geht.
Sascha Arango, geboren 1959 in Berlin, ist einer der renommiertesten deutschen Drehbuchautoren. Er wurde mehrfach ausgezeichnet, u. a. zweimal mit dem Grimme-Preis. Die 'Tatorte' aus seiner Feder gehören zu den Fernsehereignissen des Jahres. Er lebt in der Nähe von Potsdam.
Henry Hayden ist ein erfolgreicher Schriftsteller. Er ist elegant, großzügig und charmant. Und er ist gefährlich. Denn Henry ist ein skrupelloser Hochstapler, der in Wahrheit keine einzige Zeile seiner Romane selbst geschrieben hat. Während er seinen Ruhm genießt, sorgt seine Frau dafür, dass er auch weiterhin andauert. Denn sie schreibt die Bücher, für die Henry berühmt geworden ist. Als Henrys Geliebte schwanger wird und verlangt, dass er seine Frau verlässt, steht mit einem Mal seine Existenz auf dem Spiel. Wäre es da nicht einfacher, die Geliebte aus dem Weg zu räumen? Doch dann passiert Henry ein nicht wieder gutzumachender Fehler...
»Es mag Autoren geben, die bessere Debüts abgeliefert haben - ich kann mich nur an keinen erinnern.« (Lars Schafft, krimi-couch.de)
Autorentext
Sascha Arango, geboren 1959 in Berlin, ist einer der renommiertesten deutschen Drehbuchautoren. Er wurde mehrfach ausgezeichnet, u. a. zweimal mit dem Grimme-Preis. Die "Tatorte" aus seiner Feder gehören zu den Fernsehereignissen des Jahres. Er lebt in der Nähe von Potsdam.
Leseprobe
I
F atal. Ein kurzer Blick auf das Bild genügte, um der dunklen Ahnung der vergangenen Monate Gestalt zu geben. Der Embryo lag gekrümmt wie ein Lurch, ein Auge schaute ihn direkt an. War das da ein Bein oder ein Fangarm über dem Drachenschwanz?
Momente großer Gewissheit gibt es im Leben nur wenige. Doch in diesem Augenblick sah Henry in die Zukunft. Dieser Lurch würde wachsen, eine Person werden. Er würde Rechte haben, Ansprüche, er würde Fragen stellen und irgendwann alles erfahren, um ein Mensch zu werden.
Auf dem Ultraschallbild, etwa so groß wie eine Postkarte, war rechts neben dem Embryo eine Grauskala zu erkennen, links Buchstaben, ganz oben das Datum, der Name der Mutter und der Name der Ärztin. Henry hatte nicht den geringsten Zweifel, dass es echt war.
Betty saß rauchend neben ihm am Steuer des Wagens und sah Tränen in seinen Augen. Sie legte ihre Hand auf seine Wange. Sie glaubte, es seien Tränen der Freude. Er aber dachte an seine Frau Martha. Warum konnte sie kein Kind von ihm bekommen? Warum musste er jetzt mit dieser anderen Frau im Auto sitzen?
Er verachtete sich, er spürte Scham, es tat ihm aufrichtig leid. Das Leben gibt dir alles, war stets Henrys Devise, aber nie alles auf einmal.
Es war Nachmittag. Von den Klippen stieg das monotone Rollen der Brandung auf, der Wind bog die Gräser und drückte gegen die Seitenscheiben des grünen Subaru. Henry musste nur den Motor anlassen, aufs Gaspedal treten, der Wagen würde über die Klippen rasen und tief hinab in die Brandung stürzen. In fünf Sekunden wäre alles vorbei, der Aufprall würde alle drei töten. Dazu hätte er aber vom Beifahrersitz aufstehen müssen, um mit Betty die Plätze zu tauschen. Viel zu umständlich.
"Was sagst du?"
Was sollte er sagen? Die Sache war schon schlimm genug, dieses Ding in ihrem Uterus bewegte sich bestimmt schon, und wenn Henry etwas gelernt hatte, dann, nichts preiszugeben, was besser ungesagt bleibt.
In den vergangenen Jahren hatte Betty ihn nur einmal weinen sehen, das war, als man ihm die Ehrendoktorwürde am Smith College von Massachusetts verlieh. Bis dahin dachte sie, Henry würde niemals weinen. Henry hatte still in der ersten Reihe gesessen und an seine Frau gedacht.
Betty lehnte sich über den Schaltknüppel und umarmte ihn. So lauschten sie schweigend dem Atem des anderen, dann öffnete Henry die Beifahrertür und übergab sich ins Gras. Er sah die Lasagne wieder, die er Martha zum Mittag gekocht hatte. Sie ähnelte einem Embryokompott aus fleischfarbenen Teigklumpen. Bei diesem Anblick verschluckte er sich und begann fürchterlich zu husten.
Sie streifte die Schuhe ab, sprang aus dem Wagen, zog Henry von seinem Sitz, schloss beide Arme um seinen Brustkorb und presste sie kraftvoll zusammen, bis ihm Lasagne aus dem Nasenloch quoll. Phänomenal, wie Betty ohne nachzudenken das Richtige tat. So standen beide neben dem Subaru im Gras, und der Wind ließ Meerschaumflocken schneien.
"Jetzt sag. Was sollen wir tun?"
Die richtige Antwort wäre gewesen: Liebling, das hier endet nicht gut. Eine solche Antwort aber hat Konsequenzen. Sie ändert Dinge oder lässt sie ganz verschwinden. Bereuen nutzt dann auch nichts mehr. Und wer will schon etwas ändern, das gut ist und bequem?
"Ich fahre nach Hause und erzähle alles meiner Frau."
"Wirklich?"
Henry sah die Verblüffung in Bettys Gesicht, er war selbst überrascht. Warum hatte er das gesagt? Henry neigte nicht zur Übertreibung, alles erzählen wäre nicht nötig gewesen.
"Was meinst du mit alles ?