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Ein mittelalterlicher Kosmos am Ufer des Rheins: Mitreißend, anschaulich und präzise 1029 trifft die junge Ita zu ihrer Vermählung im Zürichgau ein. Doch ihr Bräutigam stirbt kurze Zeit später als kaiserlicher Heerführer. Sein kleiner Bruder, Eberhard von Nellenburg, wird mit fünfzehn Jahren Oberhaupt der ehemals mächtigen Familie. Wegen ihrer Mitgift und ihrer Verbindungen heiratet der Grafensohn Ita, die lesen und schreiben kann und sich auf die Heilkunst und Armenpflege versteht. Erst nach dem Tod ihres ersten Kindes verwandelt sich ihr gegenseitiges Mitgefühl in leidenschaftliche Liebe, die ein Leben lang andauern wird. Von einem Gelübde getrieben, baut Eberhard mit Ita Schritt für Schritt die Herrschaft der Nellenburger wieder auf. In Schaffhausen, einem verschlafenen Fischerdorf am Rheinfall, gelingt es den beiden, im aufblühenden Fernhandel des 11. Jahrhunderts ein einmaliges Wirtschaftswunder auszulösen. Trotz aller Rückschläge durch Überfälle und Hochwasser glauben sie an die Verwirklichung ihrer Vision: Ein eigenes Kloster mit Münster soll entstehen! 'Ein großes Historiengemälde, eine anrührende Liebesromanze und die Geschichte der Frauen im 11. Jahrhundert.' Brigitte
Monika Dettwiler, in Zürich geboren, studierte Geschichte, Kunstgeschichte und Archäologie in Rom und war dort als Journalistin und Kulturreiseleiterin tätig. Bereits ihr erster Roman 'Berner Lauffeuer' war ein durchschlagender Erfolg. Zuletzt erschien 'Der goldene Fluß'. Heute lebt die zweifache Mutter als Redakteurin in der Schweiz.
Autorentext
Monika Dettwiler, in Zürich geboren, studierte Geschichte, Kunstgeschichte und Archäologie in Rom und war dort als Journalistin und Kulturreiseleiterin tätig. Bereits ihr erster Roman "Berner Lauffeuer" war ein durchschlagender Erfolg. Zuletzt erschien "Der goldene Fluß". Heute lebt die zweifache Mutter als Redakteurin in der Schweiz.
Leseprobe
1
Als der Brautwerber im Sommer des Jahres 1029 zur Burg von Kirchberg kam, war die Tochter des Grafen verschwunden. Liutpald, der vom Zürichgau hergereiste Priester und Lehrer des Bräutigams, ließ sich zunächst fürstlich bewirten.
»Wir werden am besten gleich die Heiratsbedingungen aushandeln«, schlug der Graf vor, als die Schüsseln abgeräumt waren. Immer wieder drehte er sich zur Tür um, aber seine Tochter kam nicht. So sprach er zunächst von Höfen und Ländereien südlich von Ulm, im Elsaß, am Bodensee, von Schmuck und Talenten.
Liutpald ging nicht auf die Mitgift ein. »Es ist zu bedenken, daß mein Herr, der Vogt Manegold von der Reichenau, große Pläne hat.« Herzog von Schwaben wolle er werden. Außerdem sei er ein Heerführer, jung, gesund, schön.
Die Verhandlungen kamen ins Stocken, als Liutpald nach der Braut fragte. Der Graf ließ den Haushofmeister rufen, der beteuerte, die Suche in der Burg gehe weiter. Schließlich zog der Hausherr ein Miniaturbild aus einer Schatulle hervor.
Liutpald warf nur einen flüchtigen Blick darauf. Statt eines Kommentars zählte er die Besitztümer seines Herrn auf. Das Bild reichte Liutpald dem Bruder des Bräutigams, der schüchtern neben ihm saß. Als er die Miniatur sah, strahlte Eberhard. Fasziniert starrte er auf das Mädchengesicht mit den weißen Zähnen.
Ita stand in einer Hütte am Waldrand von Kirchberg und redete auf die alte Frau ein. Vor ihnen lagen auf einem Holztisch Lilien, Rosen, Veilchen und andere Blumen. Ita hatte sie zerpflückt, zu Kränzen und Sträußen gebunden. Der Duft der Blumen überdeckte den Kohlgeruch, der von der offenen Feuerstelle herwehte.
»Du mußt Gefäße in verschiedenen Größen formen«, sagte Ita. »Ich möchte für jeden Strauß ein anderes haben.«
Die Alte murrte: »Du würdest besser in der Burghalle sitzen, wie es sich für eine wie dich gehört. Grafentöchter sollten nicht mit Gefäßen hantieren.«
»Die Edelfrauen sind anders als ich. Ich komme mir vor wie eine Stumme in einem Kreis von Schwätzerinnen. Seit Mutter nicht mehr lebt ...« Ita legte der Alten die Hand auf die Schulter: »Du bist meine Freundin, Adelheid. Bei dir muß ich mich nicht schämen, wenn ich etwas sage.«
»Was willst du überhaupt mit all den Gefäßen?« wechselte Adelheid verlegen das Thema.
»Blumen kann man immer anders zusammenstellen. Ich spiele gern mit ihren Farben. In jedem Gefäß kommen sie neu zur Geltung.«
»So viele Vasen, wie du sie für deine Blumen brauchst, werde ich nie brennen können.«
»Nicht alle kommen in die Gefäße. Viele presse ich. Das gibt Bilder, die ich im Winter anschauen kann.«
Die Alte strich eine graue Haarsträhne aus dem Gesicht. Ihre Stimme hatte einen bitteren Unterton: »So viel Arbeit für die Freude deiner Augen.«
»Wenn du nicht willst ...« Ita ging mit gespieltem Trotz zur Tür. »Dann humple selbst hinaus und sammle deine Kräuter!«
»Sag das nicht. Ohne meine Heilmittel müßte ich verhungern.« Adelheid blickte aus den Augenwinkeln zu Ita hoch, die einen halben Kopf größer war als sie. »Wenn wir schon davon sprechen, könntest du mir etwas Minze holen?«
Ita öffnete den schiefen Fensterladen und schätzte den Sonnenstand ein. »Eigentlich müßte ich längst zu Hause sein«, murmelte sie im Hinausgehen. »Heute oder morgen wird der Brautwerber kommen.«
Ita war froh, daß die Alte sie nicht gehört hatte. Sie drehte sich um und winkte ihr zu. Adelheids zahnloser Mund verzog sich zu einem Lächeln.
Mit jedem Kraut, das sie in den Korb legte, regte sich Itas Gewissen heftiger. Sie mußte nach Hause gehen, aber sie wollte nicht. Vater will mich verschachern, dachte sie. Ob dieser Vogt mir gefällt, interessiert ihn nicht. Und er, Manegold? Was wird er an mir finden?
Ita stellte den Korb ab und beugte sich über den glatten Wasserspiegel einer Pfütze. Sie sah das zum Zopf nach hinten geflochtene braune Haar mit den hellen Strähnen, das Oval des Gesichts, d