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Die Bibel ist Gottes Wort - aber das Alte Testament ist zugleich die grandioseste Geschichtensammlung der Weltliteratur. Michael Köhlmeier, der begnadete Erzähler, führt uns von der Erschaffung der Welt, dem Brudermord von Kain und Abel über die Sintflut und den Turmbau zu Babel bis zu Moses' Einzug in das Gelobte Land.
Michael Köhlmeier, 1949 in Hard am Bodensee geboren, lebt in Hohenems/Vorarlberg und Wien. Der österreichische Bestsellerautor wurde vielfach ausgezeichnet, unter anderem mit dem Manès-Sperber-Preis, dem Anton-Wildgans-Preis, dem Grimmelshausen-Preis, 2017 mit dem Literaturpreis der Konrad-Adenauer-Stiftung sowie dem Marie Luise Kaschnitz-Preis für sein Gesamtwerk und 2019 mit dem Ferdinand-Berger-Preis.
Vorwort
Das Buch der Bücher
Autorentext
Michael Köhlmeier, 1949 in Hard am Bodensee geboren, lebt in Hohenems/Vorarlberg und Wien. Der österreichische Bestsellerautor wurde vielfach ausgezeichnet, unter anderem mit dem Manès-Sperber-Preis, dem Anton-Wildgans-Preis, dem Grimmelshausen-Preis, 2017 mit dem Literaturpreis der Konrad-Adenauer-Stiftung sowie dem Marie Luise Kaschnitz-Preis für sein Gesamtwerk und 2019 mit dem Ferdinand-Berger-Preis.
Zusammenfassung
Die Bibel ist Gottes Wort aber das Alte Testament ist zugleich die grandioseste Geschichtensammlung der Weltliteratur. Michael Köhlmeier, der begnadete Erzähler, führt uns von der Erschaffung der Welt, dem Brudermord von Kain und Abel über die Sintflut und den Turmbau zu Babel bis zu Moses' Einzug in das Gelobte Land.
Leseprobe
ADAM UND EVA
Vom ersten Adam - Von Samael und seinem Sturz - Von den Namen der Tiere - Von Adams Sehnsucht nach einer Frau - Von Lilith - Von der ersten Eva - Von der endgültigen Eva - Vom Spaziergang durch das Paradies - Von der Schlange und ihrem Gespräch mit Eva - Vom Baum der Erkenntnis und der Vertreibung aus dem Paradies
Gott nahm Erde von allen Teilen des Landes. Er legte sie auf einen Haufen, knetete den Haufen, spuckte darauf, durchmischte ihn und formte daraus den Menschen. Und Gott nannte den Menschen Adam. Nach dem Namen der Erde: Adama.
Er machte den Adam riesengroß, und Adam lag ausgestreckt auf der Erde, und er reichte von einem Ende zum anderen, von Norden nach Süden, und seine Arme zeigten von Osten nach Westen.
Aber Adam lebte nicht.
Da erinnerte sich Gott an den Kampf zwischen der Urmutter Tiamat und Marduk, dem Inbegriff des Krieges. Marduk hatte Tiamat getötet, indem er seinen Atem in ihre Nase blies.
Und Gott hielt Zwiesprache mit dem Buchstaben Beth auf seinem Unterarm, und er sagte: »Ist es wahr, daß Leben und Tod Gegensätze sind?«
»Es ist wahr«, sagte Beth.
»Ist es wahr, daß es keinen größeren Gegensatz gibt als den zwischen Leben und Tod?«
»Es ist wahr.«
»Und dennoch läßt sich nach deinem Prinzip auch dieser Gegensatz vereinen?«
»Das ist wahr«, sagte Beth.
»Also kann man«, sagte Gott, »auf die gleiche Weise, wie man Leben nimmt, auch Leben geben.«
Und er blies dem Adam in die Nase und hauchte ihm auf diese Weise Leben ein.
Und das war die Seele des Adam. Und weil Gott voraussah, daß es Tage geben wird, an denen Adam an seiner Seele verzweifelt und sich die Seele aus dem Leib reißen möchte, verankerte er die Seele tief im Menschenleib.
Dann richtete er den Adam auf, er war riesengroß, seine Schultern reichten bis zu den Wolken. Und Gott sah seinem Wesen ins Gesicht. So lange sah er seinem Wesen ins Gesicht, bis sich seine Gesichtszüge auf Adam übertrugen. So hat Gott den Adam nach seinem Ebenbild erschaffen.
Wenn wir in den Spiegel schauen: Sieht so Gott aus? Nicht ganz, nicht ganz ...
Es gibt eine alte Überlegung, die relativiert unsere Ebenbildlichkeit mit Gott. Rahel, die Frau des Jakob, heißt es da, soll die schönste Frau ihrer Zeit gewesen sein. Im Vergleich zu ihr habe die griechische Helena wie eine verschrumpelte Äffin ausgesehen. Rahel wiederum habe im Vergleich zu ihrer Vorfahrin Sara, der Frau des Abraham, wie ein Affenweib ausgesehen. Aber Sara, die noch mit hundert so schön war, daß der Pharao vor ihr in die Knie ging, Sara soll neben Eva, der ersten Frau überhaupt, wie die häßlichste aller Kröten gewirkt haben. Und Eva wiederum soll im Vergleich zu Adam ausgesehen haben wie eine Maulwurfsgrille, und Maulwurfsgrillen werden, wie allgemein bekannt, nur noch von Nacktmullen an Häßlichkeit übertroffen. Adam aber, Gottes Ebenbild, sei Ebenbild gewesen nur in dem Sinn, wie die Asche Ebenbild des Feuers sei - nicht mehr und nicht weniger ... Diese Legende sollten wir nicht vergessen, wenn wir in den Spiegel schauen.
Gott hatte also erneut mit dem Buchstaben Beth eine Vereinbarung getroffen, daß er seine Schöpfung nach dem Prinzip der Vereinigung der Gegensätze gestalte und also nicht versuche, etwas Vollkommenes zu schaffen. Aber kann man etwas schaffen wollen ohne die Ambition, es in vollkommener Form aus der Hand zu geben? Nein, das kann ein Mensch nicht. Und ein Gott sollte es können?
Also dachte Gott bei sich: »Ich werde mich nicht um mein Versprechen kümmern. Und wenn gemacht ist, was ich machen will, dann wird sein, was ist.«
Er wollte diesen Adam einzig und ewig machen, unsterblich und allein. Denn zwei gibt es nur dort, wo es kein ewiges Leben gibt, das heißt, wo das eine stirbt und das andere aus dem einen hervorgeht. Gott war stolz auf Adam.
Und als sich Adam zu