CHF9.90
Download steht sofort bereit
Die hochbetagte Lukrezia Maria von Selberg-Broode wird tot in ihrem Zimmer im Darmstädter Senioren-Wohnstift 'Goldenstern' aufgefunden. Die nicht sonderlich beliebte Dame wurde offenbar erstickt. Leah Gabriely und Steffen Horndeich von der Mordkommission nehmen die Ermittlungen auf. Schnell gerät die Familie ins Visier sowie eine Pflegerin - denn das Bargeld der Seniorin wurde gestohlen. Kurz darauf wird ein Pfleger des Heims erwürgt aufgefunden. Hängen die beiden Morde zusammen? Welche Motive spielen eine Rolle? Gänzlich verworren wird der Fall, als die Darmstädter Kommissare erfahren, dass sich im Blut der alten Dame Frostschutzmittel befand. Sie wurde bereits über einen längeren Zeitraum damit vergiftet. Horndeich und Gabriely stecken plötzlich mitten in einem höchst undurchsichtigen Fall.
Michael Kibler, geboren 1963 in Heilbronn, ist heute leidenschaftlicher Darmstädter. Nach Studium und Promotion arbeitet er als Texter und Schriftsteller. Seit 2005 veröffentlicht er erfolgreiche Kriminalromane um die Darmstädter Ermittler Steffen Horndeich und Margot Hesgart. Mit 'Sterbenszeit' erschien 2014 außerdem sein erster Krimi um den BKA-Hauptkommissar Lorenz Rasper.
Autorentext
Michael Kibler, geboren 1963 in Heilbronn, ist heute leidenschaftlicher Darmstädter. Nach Studium und Promotion arbeitet er als Texter und Schriftsteller. Seit 2005 veröffentlicht er erfolgreiche Kriminalromane um die Darmstädter Ermittler Steffen Horndeich und Margot Hesgart. Mit "Sterbenszeit" erschien 2014 außerdem sein erster Krimi um den BKA-Hauptkommissar Lorenz Rasper.
Leseprobe
Ingeborg II
Habe ich meinen Mann betrogen?
Ja.
Habe ich dadurch meinen Sohn verloren?
Ja.
War es das wert?
Und schon sind wir wieder am Ende der einfachen Antworten auf einfache Fragen.
Ich gräme mich, dass mich meine Gesundheit derart im Stich lässt. Mein Gott, ich wollte immer alt werden. Jetzt bin ich es. Und jetzt will ich es nicht mehr sein. Bis vor wenigen Wochen konnte ich noch so leben, wie ich das wollte. Da störten nur ab und an ein paar Zipperlein. Nun besteht das Leben nur noch aus Warten. Gespickt mit der großen Bewegungslosigkeit. Und der Appetitlosigkeit. Und der Kälte.
In den vergangenen Wochen habe ich mich jeden Tag ununterbrochen gefragt, wie es ihm gehen mag, meinem Sohn Valentin. Hat er Familie? Bin ich Oma, ohne es zu wissen? Bin ich vielleicht sogar schon Uroma?
Jetzt, mit diesem komischen Internet, da könnte es mir vielleicht gelingen, ihn zu finden. Und Sabrina, diese eine Pflegerin, die scheint ja ganz fit zu sein mit Computern. Ich werde sie fragen. Sie wird sich die Zeit nehmen. Das ist einer der großen Vorteile, wenn man keine finanziellen Sorgen hat: Man kann Menschen dafür bezahlen, Dinge für einen zu erledigen.
Vinzenz war nicht reich. Mein Mann war Arzt, er hat gut verdient, aber er verstand es genauso gut, alles zu verprassen. Spielsucht nannte man das damals noch nicht. Man benannte es überhaupt nicht. Er verjubelte einfach unsere Barschaft. Es gab Wochen, da lebten wir tatsächlich von der Hand in den Mund. Doch nach außen musste der Schein gewahrt werden.
Und dann wurde er selbst krank, mein Mann, mein Arzt, mein Vinzenz. Und wir hatten - nichts. Und auch mein Sohn, er hatte nichts. Der Arztsohn, dessen Mutter zum Lehrer gehen musste, weil kein Geld für die Klassenfahrt da war. Ich habe Vinzenz gehasst in diesen Momenten.
Unserem Sohn gegenüber verhielt sich Vinzenz stets korrekt. Nein, er war nicht der Vater, der mit ihm Hausaufgaben machte. Und er war auch nicht der, der ihm die Welt zeigen wollte. Aber er hat sich immer einwandfrei verhalten.
Und dann musste ich Vinzenz schließlich sogar bei der Körperpflege helfen. Und wir beantragten Sozialhilfe.
An einem Abend - es war Mittwoch, komisch, dass ich mich daran erinnern kann -, da habe ich Mann und Sohn allein gelassen. Und bin in diese Spelunke um die Ecke gegangen. Und habe Schnaps getrunken. Zwei Kurze. Und dann hat sich Xaver zu mir an die Theke gesetzt. Hat mich gefragt, ob ich seine Bekanntschaft wäre. Ich habe überhaupt nicht verstanden, was er meinte.
Xaver errötete. Er habe eine Kontaktanzeige aufgegeben, sie hätten sich hier verabredet - und ich wäre wirklich nicht Mimi? Nein, ich war nicht Mimi, aber als die echte Mimi zehn Minuten später den Raum betrat, tat Xaver so, als ob wir zusammengehörten. Mimi saß eine halbe Stunde allein an einem kleinen Tisch, bevor sie die Kneipe niedergeschlagen verließ.
Xaver arbeitete im Vertrieb einer Firma am Hafen - und ohne seine Hilfe hätte ich uns nicht durchgebracht. Natürlich habe ich das meinem Sohn niemals gesagt. Auch nicht, nachdem er uns im Bett erwischt hatte. Vinzenz lag wieder im Krankenhaus - Valentin hätte eigentlich in der Schule sein müssen. War er aber nicht. Ertappte uns in flagranti. Mein Gott, dieses hassverzerrte Gesicht. Ich glaube, es hat länger als vier Wochen gedauert, bevor er wieder ein Wort mit mir gewechselt hat.
Es war der Moment, in dem ich ihn verloren habe. Immer wieder habe ich versucht, mich zu erklären. Wie oft hat er türknallend den Raum verlassen oder mich niedergebrüllt? Wenn man fünfzehn ist, dann weiß man noch ganz genau, was richtig ist, was falsch ist. Und dazwischen gibt es nichts. Ein großes Vakuum. Xaver hat versucht, mit ihm zu reden - und ein blaues Auge davongetragen.
Der Tag, an dem Vinzenz starb, war der Tag, an dem ich erleichtert war.
Das klingt grausam?
Es ist grausam.
Es war