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Verunsicherte Kinder mit vollen Terminkalendern, gestresste Eltern, die nur alles richtig machen wollen und dabei trotzdem das Gefühl haben, dass irgendetwas falsch läuft: Bei der Erziehung und der Entwicklung ihrer Kinder stehen Väter und Mütter heute mächtig unter Druck - das führt zur Überforderung aller und selten zu wirklich glücklichen Kindern. Die renommierte Erziehunsgwissenschaftlerin Margrit Stamm kann anhand von zahlreichen empirischen Studien nachweisen, warum Eltern gut daran tun, ihre Kinder weniger zu behüten und zu kontrollieren und wie das gelingen kann. Sie zeigt Wege zu einem entspannteren Erziehungsstil für lebenstüchtige Kinder und zufriedene Eltern.
Margrit Stamm war bis 2012 ordentliche Professorin für Erziehungswissenschaft mit Schwerpunkt Sozialisation und Humanentwicklung an der Universität Fribourg (CH). Sie ist Direktorin des Forschungsinstituts Swiss Education mit Sitz in Bern sowie Gründerin und Leiterin des Universitären Zentrums für frühkindliche Bildung Fribourg. Margrit Stamm ist verheiratet und hat zwei erwachsene Kinder.
Autorentext
Margrit Stamm war bis 2012 ordentliche Professorin für Erziehungswissenschaft mit Schwerpunkt Sozialisation und Humanentwicklung an der Universität Fribourg (CH). Sie ist Direktorin des Forschungsinstituts Swiss Education mit Sitz in Bern sowie Gründerin und Leiterin des Universitären Zentrums für frühkindliche Bildung Fribourg. Margrit Stamm ist verheiratet und hat zwei erwachsene Kinder.
Leseprobe
Einleitung
Vor dreißig Jahren hatte meine Generation die gleichen Träume und Sehnsüchte wie Eltern heute: Unsere Kinder sollten gesund, hübsch, klug, beliebt werden und später erfolgreich sein. Und doch gibt es große Unterschiede: Während unsere Sehnsüchte damals von einem grundlegenden Vertrauen in die Zukunft getragen wurden, ist dieses Vertrauen heute einem ebenso grundlegenden Misstrauen gewichen. Als junge Eltern waren wir euphorisch und verbanden unsere Zukunftsaussichten mit Fortschritt. Wir waren überzeugt, Krebs heilen zu können, Kriege zu verhindern, Wohlstand aufzubauen und soziale Gerechtigkeit und »Bildung als Bürgerrecht« zu verankern, so wie dies Ralf Dahrendorf schon 1965 gefordert hatte. All dies ist nicht so eingetroffen. Heute müssen wir erkennen, dass unsere Fortschrittsgläubigkeit fast zum Paradox geworden ist und Verheißung in Bedrohung, Optimismus in Pessimismus umgeschlagen ist. Neben den Gefahren des Klimawandels, der Selbstgefährdung durch Atomkraft, des teils problematischen wissenschaftlichen Fortschritts (beispielsweise in der Gentechnologie oder der Fortpflanzungsmedizin), der Migrationsbewegungen oder neuartiger Krankheiten (AIDS, Vogelgrippe) sind es die zunehmende Globalisierung und Wettbewerbsorientierung, welche auch den Bildungsbereich stark betreffen und damit die Erziehung und Förderung unseres Nachwuchses. Eltern verhalten sich heute so, wie dies die Bildungspolitik lange gefordert hat
Logischerweise haben solche Bedrohungsszenarien auch Auswirkungen auf das Selbstverständnis von heutigen Vätern und Müttern. Sie können ihre Kinder nicht mehr so erziehen, wie dies für unsere Generation noch möglich gewesen war. Einen wesentlichen Anteil an der zunehmenden Leistungs- und Wettbewerbsorientierung haben Leistungsstudien wie PISA, TIMMS, IGLU und wie sie alle heißen. Angesichts der teilweise lediglich mittelmäßigen oder gar schlechten Leistungen der Schüler begann die Bildungspolitik auf der Basis solcher Studien unentwegt vor einer »Bildungskatastrophe«1 zu warnen und die Angst vor dem Verlust der internationalen Wettbewerbsfähigkeit und dem Abbau des gesellschaftlichen Wohlstands zu schüren. Solche Krisendiagnosen führten zu der Forderung, alle Kinder seien früher zu fördern und besser als bisher auf die Schule vorzubereiten. Nur so könnten die Schülerleistungen nachhaltig verbessert werden. Deshalb wurde die Frühförderung in vielen Parteiprogrammen als neuer Schwerpunkt definiert und die Bedeutung von Bildung als einzigem Rohstoff und die Wichtigkeit einer guten Ausbildung für alle zu tragenden Leitideen erklärt. Fast gleichzeitig wurde auch die Familie neu entdeckt. Quer durch die politischen Parteien hindurch war die Botschaft nun erstaunlich einhellig: Eltern sollten in die Erziehung ihrer Kinder investieren, damit ihre Anstrengungen Früchte tragen. Nur wenn sie sich stärker für die Schule interessieren und sich ihrer zentralen Rolle bewusst werden, kann die schulische Förderung greifen. In der Folge wurde die frühe Elternarbeit intensiviert und in den Schulen verbindlich festgelegt, die individuelle Förderung der Kinder durch eine ausgeklügelte Diagnostik verbessert, frühe Sprachförderung in vielen Programmen etabliert, die vorzeitige Einschulung ermöglicht und die Ausbildung und Einstellung Heilpädagogischer Zusatzlehrkräfte vorangetrieben.
Solche Botschaften und Reformen sind bei Vätern und Müttern schnell angekommen und als Vorgaben verstanden worden, auf die entsprechend reagiert werden muss. Deshalb betrachten sie die intensive Beschäftigung mit den Bildungs- und Laufbahnfragen ihrer Sprösslinge als normale Angelegenheit, die sie allerdings mit hohem zeitlichem, finanziellem und nervlichem Aufwand bezahlen und dabei oft auch die eigenen Bedürfnisse zurückstellen müssen.
Warum ist eigentlich angesichts dieser Entwicklung das allgemeine Erstaunen so groß, dass Mütter und Väter ihre Antenne
Inhalt
Vorwort
Einleitung
1 Das Problem: Eltern sind an allem schuld
2 Familien- und Kindheitsmythen
Familienmythen
Kindheitsmythen
Historische Mythen
3 Perfekte Eltern
Förderwucht
Bildungspanik
Partnerschaftliche Erziehung
Überbehütung und Verwöhnung
Sicherheitsangst und Risikoscheu
Die perfekten Eltern gibt es nicht
4 Perfekte Kinder
Das vermessene Kind
Das Königskind
Das abhängige Kind
Das gefährdete Kind
Das perfekte Kind gibt es nicht!
5 Hinreichend gute Eltern sein oder werden
Raus aus der Perfektionsspirale
Positive Autorität und Distanz
Stärkung der Autonomie
Kindliche Entwicklungsgesetze als Maßstab
Alles auch mit Intuition!
Anmerkungen
Literatur
Register