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Warum segelt ein Boot überhaupt? Welche Klassen vom Finn-Dingi bis zum Superkatamaran gibt es? Und was ist eine Windhutze? Marc Bielefeld, der den festen Wohnsitz regelmäßig gegen sein Segelschiff eintauscht, weiß alles über das Leben auf dem Wasser: von wundersamen Begriffen wie Schwalbennester, Schapps und Stagreiter; von Seekarten, Sonnenaufgängen und Hafenpinten. Er trifft Blauwasser- und Tourensegler, Offshore Racer und Spießerjachties. Und erinnert sich an Begegnungen mit Dhauseglern in Arabien, Weltumseglern am Kap Horn und den Profis des America's Cup, die alle eins gemeinsam haben: den Wind als einzigen Antrieb. Am Ende wird man nie mehr vergessen, wo Backbord und Steuerbord liegen, und sich wünschen, endlich selbst an der Pinne zu sitzen.
Marc Bielefeld, 1966 in Hamburg geboren, arbeitet seit Jahren als freier Journalist für die 'Süddeutsche Zeitung', 'Die Welt', 'FAZ', 'Die Zeit' etc. Regelmäßig ist er auch in 'mare', 'Merian', 'Yacht' oder anderen Fachmagazinen vertreten. Die Zeitschrift 'Free Man's World' hat er mit entwickelt und schreibt frei, aber regelmäßig dafür. Der Autor hat u.a. folgende Bücher publiziert: 'Wilde Dichter' (Malik), 'We speak Deutsch' (Heyne), 'Sturzflug mit Krokodil' (Heyne), und zuletzt bei Ludwig 'Wer Meer hat, braucht weniger - über den Rückzug auf ein altes Segelboot', mit dem er mehrfach Gast in Talkshows war.
Vorwort
Vom Glück, mit dem Wind unterwegs zu sein
Autorentext
Marc Bielefeld, 1966 in Hamburg geboren, arbeitet seit Jahren als freier Journalist für die "Süddeutsche Zeitung", "Die Welt", "FAZ", "Die Zeit" etc. Regelmäßig ist er auch in "mare", "Merian", "Yacht" oder anderen Fachmagazinen vertreten. Die Zeitschrift "Free Man's World" hat er mit entwickelt und schreibt frei, aber regelmäßig dafür. Der Autor hat u.a. folgende Bücher publiziert: "Wilde Dichter" (Malik), "We speak Deutsch" (Heyne), "Sturzflug mit Krokodil" (Heyne), und zuletzt bei Ludwig "Wer Meer hat, braucht weniger - über den Rückzug auf ein altes Segelboot", mit dem er mehrfach Gast in Talkshows war.
Leseprobe
Sturm und Poesie
Segeln? Beginnen wir gleich mit den Verrückten, den Hasardeuren.
Ich hatte einmal das Glück, zum südlichsten Zipfel Südamerikas reisen zu dürfen. Dorthin, wo das Land endet und die Polarsee beginnt. Nach endlosen Stunden und vier Flügen um die halbe Erde landete ich in dem argentinischen Ort Ushuaia, einem Haufen schiefer Holzhäuser, der an den Ausläufern der Cordillera Darwin klebt. Berge im Rücken, Meer vor der Nase.
Ich stieg aus dem Flugzeug, und schon wehte mir der eiskalte Wind um die Ohren. Im Ort wackelten die Autos und zitterten die Ampeln. Alle zwei Tage braut sich hier unten ein Sturm zusammen. An einem einzigen Tag könne man hier problemlos alle vier Jahreszeiten erleben, hatte ich gehört. Sonne, Regen, Hagel, Schnee. Temperaturen um die zwanzig Grad, dann wieder stürzen sie im Nu auf null. Und das mitten im südamerikanischen Hochsommer. Die Menschen, die hier leben, sagen: »Wenn du das Wetter bei uns nicht magst, warte fünf Minuten.«
Segeln? Hier? Um Himmels willen!
Ich blickte auf die See. Über den Beagle-Kanal droschen die Böen, das Wasser überzogen von weißen Schaumkronen auf dunkelgrauem Fond. Schwarze Wolken rasten wie Kriegsschiffe über dieses südliche Fitzelchen Erde. Hagel ging nieder, als ich unten auf einer Landzunge stand. Der Wind pfiff mir so kalt in Nacken und Gesicht, dass ich den Kragen hochschlug und mir die Wollmütze tief in die Stirn zog. Fazit der ersten Woche vor Ort: An fünf von sieben Tagen schoss der Wind mit zehn Beaufort über die kurzen, steilen Wellen der legendären Meeresenge.
Nein, kein Segelrevier für Schönwettermatrosen. Ein Revier, um sich vor den Kamin zu verholen.
Tags darauf nahm ich ein Schlauchboot auf die andere Seite des Beagle-Kanals. Eine schaukelnde Nussschale, die Platz für gerade mal acht Passagiere bot. Doch dies war der schnellste Weg, um von Ushuaia zur Isla Navarino zu kommen, noch weiter südlich, rüber nach Chile. Wir zurrten die Rettungswesten fest, und die beiden Argentinierinnen, die das Boot steuerten, sprachen kein Wort.
In Chile angelandet, blickten wir paar Reisende auf eine kahle Erde, grünbraune Bergrücken und von Biberfraß und Feuern verstümmelte Wälder. Hier und da lagen Fischerboote aufgepallt an den Ufern, wie Doraden auf dem Trockenen. Ich sah verlassene Farmen, zerschlissene Zäune und ein altes Windrad, dessen einziger Flügel in Fetzen hing.
Wir fuhren zwei Stunden über eine Schotterstraße, bis wir Puerto Williams erreichten. Ein Nest, durch das nachts wilde Pferde stromern und in dem der einzige Bankautomat ständig ausfällt. Zwei kleine Supermärkte, ein paar windschiefe Hostels, eine Bar. Mehr gibt es hier nicht. Der Ort, nicht mehr als ein Cowboy-Kaff, ist eine Basis der chilenischen Marine - und genau hier liegt auch der südlichste Yachtklub der Welt.
Ich ging runter zum Hafen, der gar kein Hafen ist. In einem schmalen Seitenarm des Beagle-Kanals rostet vielmehr ein alter Dampfer vor sich hin, er liegt im Matsch auf Grund, und eben-dieser alte Dampfer namens Micalvi ist der Yachtklub von Puerto Williams. Dreißig, vierzig Segelschiffe haben dort längsseits festgemacht, sie liegen in Päckchen nebeneinander, dicht an dicht vertäut. Es gibt eine kleine Bar auf dem Dampfer, mittschiffs auf dem Hauptdeck. Als ich fragte, wann die Bar öffne, sagte mir ein junger barfüßiger Chilene: »Wenn Luiz kommt.«
Luiz ist der Barmann am Ende der Welt. Meist taucht er gegen acht oder neun Uhr abends auf, und bei ihm treffen sich die Segler, die es bis hierher geschafft haben, in die hohen südlichen Breiten des Planeten. Jenseits der Rossbreiten am Äquator, jenseits der Falklandinseln und der Roaring Forties, der brüllenden Vierziger. Jenseits der wütenden Fünfziger-Breitengrade, ja sogar noch der Magellanstraße. Sie treffen sich auf der Micalvi, wenn die Sonne sinkt, und dann trinken sie ihre Biere und Pisco Sour und erzählen und erzählen. Die
Inhalt
Sturm und Poesie
Die drei Wunder
Der Wind
Das Wasser
An Bord, vor Anker
Männer und Frauen
Wörtersee
Sinken und Überleben
An Bord, Dänische Südsee
Larry
So muss es gewesen sein
Doraden und Trompeten
An Bord, gen Norden
Kleines Postskriptum
Glossar