CHF8.90
Download steht sofort bereit
Als Kommissar Konrad Sejer zu einem Campingwagen am Waldrand gerufen wird, erwartet ihn dort der wohl erschütterndste Fall seiner Karriere. Im Inneren des alten Caravans befinden sich die brutal zugerichteten Leichen einer jungen Frau und eines kleinen Jungen. Wer würde einer wehrlosen Mutter und ihrem Kind so etwas antun? Ein blutiger Fußabdruck ist alles, was auf die Identität des Täters hindeutet. Kommissar Sejer macht sich auf eine fast aussichtslose Suche nach dem Mörder. Was er dabei enthüllt, ist das herzzerreißende Schicksal einer verlorenen Seele.
Karin Fossum, geboren 1954 in Sandefjord/Norwegen, lebt in Sylling bei Oslo. Ihre international erfolgreichen Romane um Kommissar Konrad Sejer sind vielfach preisgekrönt und wurden fürs Kino und Fernsehen verfilmt. In Deutschland erschienen von ihr unter anderem 'Stumme Schreie', ausgezeichnet mit dem Los Angeles Times Book Award 2008, 'Dunkler Schlaf', 'Schwarze Sekunden', von der Schwedischen Akademie mit dem Preis des besten ausländischen Kriminalromans ausgezeichnet, und zuletzt 'Wer anders liebt' und 'Böser Wille'.
Autorentext
Karin Fossum, geboren 1954 in Sandefjord/Norwegen, lebt in Sylling bei Oslo. Ihre international erfolgreichen Romane um Kommissar Konrad Sejer sind vielfach preisgekrönt und wurden fürs Kino und Fernsehen verfilmt. In Deutschland erschienen von ihr unter anderem "Stumme Schreie", ausgezeichnet mit dem Los Angeles Times Book Award 2008, "Dunkler Schlaf", "Schwarze Sekunden", von der Schwedischen Akademie mit dem Preis des besten ausländischen Kriminalromans ausgezeichnet, und zuletzt "Wer anders liebt" und "Böser Wille".
Leseprobe
Dezember 2004.
Kurz vor Weihnachten schneite es endlich.
»Musst du wirklich noch weg?«, fragte Eddie. »Das ist doch ein Sturm! Im Radio haben sie gesagt, es ist glatt, schwierige Verkehrsverhältnisse, haben sie gesagt, und allen wird geraten, zu Hause zu bleiben. Schau dir doch bloß mal den Schnee an. Man sieht ja fast nichts.«
Mass legte ihm eine Hand auf den Arm, ihre Stimme war ruhig und entschlossen.
»Eddie«, sagte sie freundlich. »Ich habe doch Spikereifen. Und ich fahre so vorsichtig wie irgend möglich, Ehrenwort. Ich will schließlich unversehrt zu dir nach Hause zurückkommen. Aber ich muss noch mal zum Laden, wir brauchen doch etwas zu essen. Oder wolltest du vielleicht fasten?«
Bei der Vorstellung, nichts zu essen zu haben, schüttelte Eddie seinen schweren Kopf.
»Du kannst zusammen mit Shiba hier zu Hause warten«, sagte sie. »Was möchtest du aus dem Laden? Du hast doch bestimmt Hunger.«
Eddie Malthe wischte sich mit dem Handrücken den Rotz ab. Er hatte die Figur einer riesigen Birne, seine Waden waren dürr, die Füße in den dicken Stiefeln, die er immer trug, waren hinten bei den Hacken schmal, dann wurden sie bei den Zehen um einiges breiter. Er hatte Füße wie eine fette Gans. Seine Fäuste waren groß und weiß, die Finger kurz und dick.
»Zimthörnchen«, sagte er entschieden.
»Alles klar, Zimthörnchen«, sagte die Mutter, »jetzt fahre ich. Sei lieb zu Shiba, zieh sie nicht am Schwanz. Ich weiß, dass du das machst, wenn du allein zu Hause bist.«
»Auf keinen Fall«, sagte Eddie, »großes Ehrenwort.« Und dabei freute er sich schon darauf, genau das zu tun. Wenn er Shiba am Schwanz zog, fing sie immer an zu winseln, während sie mit den langen Krallen über den Boden kratzte, um sich loszureißen.
»Denk an den Sicherheitsgurt«, mahnte er.
Die Mutter schob die Arme in ihren Mantel.
»Nicht dein Handy vergessen«, fügte er hinzu. »Ruf an, wenn du von der Straße abkommst, alarmier den Notruf. Jedenfalls, wenn du noch bei Bewusstsein bist.«
»Eddie«, sagte sie, »jetzt hör aber auf. So, setz dich brav aufs Sofa, in einer Dreiviertelstunde bin ich wieder zurück, das ist doch nicht schlimm.«
Eddie sah seine Mutter lange an. »Wenn du weg bist, wird es im ganzen Haus kalt«, klagte er. »Du weißt doch, wie das ist. Vergiss die Zimthörnchen nicht. Wenn die keine Hörnchen haben, musst du Kekse kaufen. Kekse von Pepita, mit Zitrone.«
Er starrte aus waidwunden Augen durch das Fenster. Die Scheiben waren blank geputzt, die Mutter hielt Ordnung. Er sah, wie der Wagen im Rückwärtsgang aus der Garage kam und dann auf die Hauptstraße abbog. Es schneite immer weiter, der Schnee wurde vom Sturm mitgerissen, weiter unten auf der Straße türmten sich hohe Schneewehen auf. In Gedanken betete er, dass alles gut ausgehen möge. Dass die Mutter unversehrt nach Hause kommen würde, mit Milch und süßem Gebäck. Der Hund lag vor dem gusseisernen Ofen und schlief mit dem Kopf auf den Pfoten. Eddie ging hinüber und zog Shiba am Schwanz, wie das seine Art war. Sie fing an zu winseln, rappelte sich auf und lief durch das Zimmer, suchte Zuflucht in der Küche. Eddie setzte sich aufs Sofa, griff nach der Tageszeitung und schlug sie auf der vorletzten Seite beim Kreuzworträtsel auf. Er schaffte die Kreuzworträtsel immer. An seinem Verstand war ja wohl nichts auszusetzen. Er holte sich einen Bleistift und fing an zu lesen. Waagerecht, »habsüchtig« mit sechs Buchstaben. Er schrieb das Wort »gierig« in die sechs Kästchen.
Der Hund lag bewegungslos in einer Ecke in der Küche, im Ofen bullerte es. Shiba war ein acht Jahre alter Labrador mit ziemlichem Übergewicht, und sie hatte nicht mehr lange zu leben, das hatte die Mutter gesagt. Ihr Körper war voller Knubbel, er konnte sie durch das gelbliche Fell ertasten, aber sie hatten keine Versicherung und konnten es sich nicht leisten, den