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Der echte Berliner ist wie ein glücklich Verliebter, er ruht in sich, seine Welt ist abgeschlossen. Was soll es auch groß zu sagen geben? Berlin ist die beste Stadt der Welt. Stimmt vielleicht sogar, schließlich ist die ganze Welt zu Gast. Denn Berlin ist im Fokus, nicht nur im politischen. Die Stadt wandelt sich wie keine andere, Ost und West sind Geschichte, Flughäfen werden geöffnet und geschlossen, die In-Viertel wechseln beinah so schnell wie die angesagten Lokale. Aber einiges bleibt dann doch gleich, und auch darauf wirft der Fast-Berliner Jakob Hein einen einsichtsreichen und humorvollen Blick, er lauscht der Berliner Schnauze und flaniert durch die Viertel, er kostet Döner und Currywurst und genießt die Kunst. Am Ende wissen Sie, was es heißt, wenn einer sagt: Ick bin ein Berliner.
Jakob Hein, geboren 1971 in Leipzig, wuchs in Berlin auf, wo er bis heute als praktizierender Arzt mit seiner Frau, einer gebürtigen Berliner, und seinen beiden Söhnen lebt. Das sind gute Voraussetzungen, sich als richtiger Berliner zu fühlen. Neben den Bestsellern 'Mein erstes T-Shirt' und 'Herr Jensen steigt aus' erschienen zuletzt von ihm 'Wurst und Wahn' und 'Fish 'n' Chips & Spreewaldgurken'.
Autorentext
Jakob Hein, geboren 1971 in Leipzig, wuchs in Berlin auf, wo er bis heute als praktizierender Arzt mit seiner Frau, einer gebürtigen Berliner, und seinen beiden Söhnen lebt. Das sind gute Voraussetzungen, sich als richtiger Berliner zu fühlen. Neben den Bestsellern "Mein erstes T-Shirt" und "Herr Jensen steigt aus" erschienen zuletzt von ihm "Wurst und Wahn" und "Fish 'n' Chips & Spreewaldgurken".
Leseprobe
Kommse rin, könnse rauskiekn!
Ich hab noch einen Koffer in Berlin
der bleibt auch dort, und das hat seinen Sinn
auf diese Weise lohnt sich die Reise
und wenn ich Sehnsucht hab, dann fahr ich wieder hin.
Text: Aldo v. Pinelli/Musik: Ralph M. Siegel (1951)
Schon bevor Sie das Stadtgebiet Berlins mit eigenen Füßen betreten, könnten Sie fast alles über diese Stadt wissen. Besonders wenn Sie mit dem Flugzeug kommen, landen Sie mittendrin in allem, was Berlin ausmacht. Denn normalerweise hätten Sie auf dem neuen Zentralflughafen Berlin-Brandenburg International landen müssen. Seit 1991 läuft das Planungsverfahren für einen neuen, größeren Berliner Flughafen, der die drei bisherigen Flughäfen Tegel, Tempelhof und Schönefeld ablösen sollte. Vernünftig wäre es gewesen, diesen Flughafen auf dem weiten Brandenburger Land, etliche Meilen außerhalb des Stadtgebiets, zu bauen, so wie das alle anderen Großstädte tun. Aber wie der berühmte Berliner Schwabe Brecht gesagt hat: »Kein Vormarsch ist so schwer wie der zurück zur Vernunft.«
Als Zugeständnis an die Taxiunternehmer und aufgrund von lokalen Befindlichkeiten (ein Berliner Flughafen muss auf Berliner Grund und Boden stehen, was, wenn die Russen wiederkommen?) setzte der CDU-Senat unter dem Bürgermeister Diepgen die Planung für Schönefeld durch - bis zur Eröffnung war es ja noch viele Wahlperioden hin. Und tatsächlich fielen erst Diepgens Nachfolger Wowereit die Probleme auf die Füße, die sich aus dem Bau eines Flughafens mitten in einem städtischen Ballungsraum ergeben. Vermeintlich war das Flughafendesaster sogar ein wesentlicher Grund für dessen Rücktritt. Es scheint fast kein Detail zu geben, das bei der Flughafenplanung glatt gelaufen wäre. Es stellte sich sogar heraus, dass der vorgesehene internationale Flughafencode BBI, mit dem man jahrelang Werbung gemacht hatte, schon seit Jahrzehnten an einen Provinzflughafen im Osten Indiens vergeben ist.
Der absolute Tiefpunkt war schließlich im Juni 2012 erreicht. Nach sechsjährigen Bauarbeiten sollte der Flugbetrieb am Abend des 2. Juni in Tegel und dem alten Schönefelder Flughafen eingestellt und der neue Flughafen am Morgen des 3. Juni 2012 eröffnet werden. Zu diesem Zweck waren 3000 LKWs angemietet und eine fünfstündige Sperrung der Stadtautobahn beantragt worden. Das alles hinderte die Stadt natürlich nicht daran, für den 3. Juni außerdem eine große Fahrradsternfahrt zu genehmigen, für die der Autoverkehr in der Innenstadt zu weiten Teilen lahmgelegt werden musste.
Kurzum: In der Hauptstadt des Zuspätkommens, der Heimat der Nieselprieme und Arbeiterdenkmäler sollte ein logistischer Weltrekord gestemmt werden, den sich selbst disziplinierte Völker in Asien oder Süddeutschland nicht zugetraut hätten. Statt eines Weltrekords legte Berlin eine historische Bauchlandung hin: Drei Wochen vor der Eröffnung wurde alles abgesagt, und selbst drei Jahre nach der geplanten Eröffnung zeichnet sich nicht ab, wann jemals die Eröffnung stattfinden wird, ernsthafte Stimmen bezweifeln schon längst, ob jemals ein Flughafen dort entstehen wird, wo jetzt die Gebäude vor sich hinmodern. Dabei wurde das ganz große Desaster sogar noch durch die Insubordination einer misstrauischen Mitarbeiterin verhindert: Sie beantragte die Verlängerung der Betriebserlaubnis für den Flughafen Tegel über den Juni 2012 hinaus. Denn wäre die ausgelaufen, hätte man sich einem Monate währenden Neugenehmigungsverfahren unterziehen müssen.
Zum Glück haben Sie jedoch aktuell noch die Wahl, ob Sie mit dem Flugzeug auf einem der immerhin zwei derzeit in Betrieb befindlichen Flughäfen einfliegen, ob Sie mit der Bahn auf einem der dreizehn Fern- und Regionalbahnhöfe2 eintreffen oder ob Sie mit dem Auto nach dem Überqueren der Stadtgrenze noch etwa eine Stunde auf der Autobahn unterwegs sind, bis Sie Ihr Ziel erreichen. In
Inhalt
Notwendige Geständnisse. Statt eines Vorworts Kommse rin, könnse rauskiekn ! Der Duft, die Stadt Wat wolln Sie denn hier ? Wer und was hier wohnt Hanebüchen romantisch Normal und alles andere Straßen von Berlin Beschleunigter Dialog Hauptsache satt Rostberlin Restberlin Sportliches Spree-Athen Dit soll Kunst sein Hier stinkt's, hier gefällt's mir, hier bleib ich Speck und Gürtel Brandenburg, Balkonien oder Balearen - Hauptsache raus Am Ende. Statt eines Nachworts Weitere zugelassene Hilfsmittel Filme