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Die Blenden ihres Schlafzimmers sind weit geöffnet. Gabriellas Blick geht über die sanften Hügel der Toskana und den kleinen Ort ihrer Kindheit. Sie braucht eine Auszeit von ihrem Job und ist nach vielen Jahren in das Haus ihrer Familie zurückgekehrt. Sie liegt in den weißen Laken ihres Bettes und beschließt, es den ganzen Sommer nicht mehr zu verlassen. Wer sie sehen will, muss sich zu ihr legen. Und alle kommen, vom Schornsteinfeger bis zum Pfarrer. Sie reden auch über Gabriellas Mutter, die rätselhafte amerikanische Schauspielerin, die eines Tages für immer verschwand. Gabriella hatte nur noch ihren Vater und die geliebte Haushälterin Emilia - doch mit jeder neuen Geschichte ihrer Gäste wird Gabriella klarer, dass die Dinge nicht so liegen, wie sie dachte ...
Gaby Hauptmann, geboren 1957 in Trossingen, lebt als freie Journalistin und Autorin in Allensbach am Bodensee. Ihre Romane sind Bestseller, wurden in zahlreiche Sprachen übersetzt und erfolgreich verfilmt. Außerdem veröffentlichte sie mehrere Erzählungsbände, Kinder- und Jugendbücher. Nach 'Liebesnöter' und 'Ich liebe dich, aber nicht heute' erschien zuletzt ihr Bestseller 'Zeig mir, was Liebe ist'.
Autorentext
Gaby Hauptmann, geboren 1957 in Trossingen, lebt als freie Journalistin und Autorin in Allensbach am Bodensee. Ihre Romane sind Bestseller, wurden in zahlreiche Sprachen übersetzt und erfolgreich verfilmt. Außerdem veröffentlichte sie mehrere Erzählungsbände, Kinder- und Jugendbücher. Nach "Liebesnöter" und "Ich liebe dich, aber nicht heute" erschien zuletzt ihr Bestseller "Zeig mir, was Liebe ist".
Leseprobe
Zweiter Tag
Sofia war in den frühen Morgenstunden leise gegangen, und Gabriella hatte danach mit offenen Augen in ihrem Bett gelegen und nachgedacht. Vereinzelte Vogelstimmen hatten sich nach und nach zu einem lautstarken Chor zusammengefunden, und die anfangs fahle Morgensonne war stärker geworden und ließ mittlerweile Staubpartikel in ihren Strahlen durch das Zimmer tanzen. Die Toskana erwacht, dachte Gabriella. Was hatte Flavio gestern gesagt? Riechst du die Erde? Ja, jetzt roch sie sie. Erdig, noch feucht. So, wie die winzigen Tautropfen in den Spinnweben hingen und sie zu Kunstwerken veredelten, so hing jetzt dieser Geruch wie ein gewobenes Tuch im Raum. Gabriella sog die Luft tief ein und versuchte die Bestandteile zu erkennen. War es eine Mischung aus würziger Erde und dem Duft der Rosen, die neben dem Fenster emporrankten und sich verschwenderisch dem neuen Tag öffneten? Oder war da auch ein leichter Geruch von Fäulnis, nach altem, vermoderndem Holz? Waren es die verwitternden Fensterläden, die diese Nuance beisteuerten? Gabriella schnupperte so lange, bis sie gar nichts mehr unterscheiden konnte, und fühlte sich wie in einer Parfümerie: Irgendwann roch alles gleich. Doch ein Geruch schlich sich jetzt eindeutig in ihre Nase: der Duft von frischem Kaffee.
Sie richtete sich auf. Wie spät mochte es sein? Emilia kam normalerweise um acht. Dafür erschien es Gabriella aber noch zu früh. Oder täuschte sie sich?
Es klopfte, und auf ihr »Herein« wurde die Tür sacht aufgedrückt. Zunächst sah Gabriella nur einen schwarzen Rücken, bis Emilia sich umdrehte. Sie balancierte eines der großen silbernen Tabletts, das zu Gabriellas Aussteuer gehörte, wie ihr Vater immer scherzhaft gesagt hatte. Gabriella wusste, dass es sehr schwer war, und es war offensichtlich, dass Emilia deshalb außer Atem war.
»Augenblick«, sagte sie und sprang aus dem Bett, um den kleinen runden Beistelltisch mit den beiden Bistrostühlen heranzurücken.
»Buon giorno!«, keuchte Emilia und stellte das Tablett unsanft ab. Es war mit einer Kaffeekanne, Brötchen, Eiern und Marmelade beladen. Zwei Tassen, zwei Teller, das fiel Gabriella sofort auf.
»Sie sind aufgestanden?«, fragte Emilia, während sie sich aufrichtete und eine Hand in ihre Hüfte stemmte.
»Besondere Umstände verlangen besondere Maßnahmen«, sagte Gabriella und deutete auf das Tablett. »Das ist doch viel zu schwer für dich!«
»Es gibt zu viele Stufen. Das Tablett kann nichts dafür.«
Gabriella verkniff sich ein Grinsen, zog einen Morgenmantel über ihren gestreiften Pyjama und setzte sich auf einen der Stühle. »Danke!«, sagte sie. »Das ist lieb. Und ich freue mich, dass du mit mir frühstücken willst.«
Emilia ließ ihren Blick durch den Raum schweifen, bevor sie sich bedächtig niederließ und der Stuhl unter ihrem weiten, schwarzen Rock verschwand. »War er da?«
»Wer?«
»Der Schornsteinfeger.«
Natürlich wusste Emilia, dass er Flavio hieß. In diesem Dorf wussten alle alles voneinander. Aber Emilia wollte den Standesunterschied hervorheben, das war Gabriella klar. Ein Schornsteinfeger war für eine Contessa eindeutig zu unbedeutend.
Sollte Gabriella von Sofias Besuch berichten? Warum eigentlich? Andererseits, warum nicht?
Emilia hob die mit buntem Blumenmuster verzierte Porzellankanne und goss den dampfenden Kaffee in die Tassen. Dunkel schoss er an der Tassenwand entlang und hinterließ einen hellen Bläschenklecks in der Tassenmitte. Es war eine so herrlich friedliche Situation, dass Gabriella vor Glück hätte heulen können.
»So schön«, seufzte sie.
»Was?«, fragte Emilia. »Sagen Sie jetzt nicht, die letzte Nacht.«
»Auch!«, antwortete Gabriella wahrheitsgemäß. »Vor allem aber, wie der Kaffee duftet ... und aussieht.«
»Gibt es in New York keinen Kaffee?«
»Es ...« Gabriella sah vor ihrem inneren Auge die gläsernen Kaffeebehälter auf den Wärmeplatten und beschloss, das Th