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Autonome Fahrzeuge besitzen das Potenzial, unsere Mobilität grundlegend zu verändern. Wissenschaftlich fundiert und allgemein verständlich werden in diesem Band die gegenwärtig noch offenen Fragen formuliert, die aktuelle Diskussion nachgezeichnet und Lösungsstrategien präsentiert. Die Daimler und Benz Stiftung möchte so einen informierten Diskurs zwischen sämtlichen Teilnehmern am Verkehr der Zukunft anregen - den Forschern, Politikern und der gesamten Gesellschaft.
Eckard Minx ist Experte für Zukunftsforschung, Innovationsmanagement und Organisationsentwicklung. Seit dem Frühjahr 2007 gehört er dem Vorstand der Daimler und Benz Stiftung an, im Herbst 2008 übernahm er den Vorsitz. Nach seinem Studium der Wirtschafts- und Rechtswissenschaften arbeitete Minx von 1974 bis 1979 als Assistent am Institut für Volks- und Weltwirtschaft der Freien Universität Berlin. Im Jahr 1980 trat er in die Zukunftsforschung 'Gesellschaft und Technik' der Daimler AG ein. Von 1992 bis 2009 leitete er diesen Bereich an den beiden Standorten Berlin und Palo Alto in Kalifornien. Minx lehrt als Honorarprofessor an der Hochschule für Technik und Wirtschaft Berlin sowie am Institut für Transportation Design der Hochschule für Bildende Künste Braunschweig.
Autorentext
Eckard Minx ist Experte für Zukunftsforschung, Innovationsmanagement und Organisationsentwicklung. Seit dem Frühjahr 2007 gehört er dem Vorstand der Daimler und Benz Stiftung an, im Herbst 2008 übernahm er den Vorsitz. Nach seinem Studium der Wirtschafts- und Rechtswissenschaften arbeitete Minx von 1974 bis 1979 als Assistent am Institut für Volks- und Weltwirtschaft der Freien Universität Berlin. Im Jahr 1980 trat er in die Zukunftsforschung "Gesellschaft und Technik" der Daimler AG ein. Von 1992 bis 2009 leitete er diesen Bereich an den beiden Standorten Berlin und Palo Alto in Kalifornien. Minx lehrt als Honorarprofessor an der Hochschule für Technik und Wirtschaft Berlin sowie am Institut für Transportation Design der Hochschule für Bildende Künste Braunschweig.
Leseprobe
KAPITEL I
ETHIK & GESCHICHTE
Was, wenn der Fahrcomputer sich verselbstständigt?
Ethik, Philosophie & Geschichte des autonomen Fahrens
Fünf Minuten dauert die Fahrt, meldet der Bordcomputer. Kein Stau weit und breit, es ist noch früh am Nachmittag. Ausnahmsweise gibt es keine Baustellen auf Ihrem Weg durch die Innenstadt. Sogar die Sonne kommt hinter den Wolken vor. Für einen winzigen Moment sind Sie geblendet. Als Sie wieder freie Sicht haben, sind da plötzlich zwei Personen vor Ihnen auf der Straße: ein junges, vielleicht achtjähriges Mädchen links in Ihrem Blickfeld und eine ältere Dame, die von rechts kommt.
Was würden Sie tun? Vollbremsen? Nach links ausweichen? Das Steuer nach rechts ziehen? Außer sehr trainierten, professionellen Testfahrern wäre unsere Reaktion wohl instinktiv, ohne überhaupt bewusst darüber nachzudenken. Erst hinterher beim Betrachten des Schadens würden wir realisieren, was da so genau passiert ist.
Was aber, wenn wir künftig von autonomen Fahrzeugen gefahren werden? Wie soll der Computer für solche unvorhergesehenen Kollisionsfälle programmiert werden?
Die Sensoren erkennen sowohl das achtjährige Mädchen als auch die achtzigjährige Großmutter. Die Geschwindigkeit des Autos ist so hoch, dass bei einem möglichen Ausweichmanöver eine von beiden sicher getötet wird. Auch wenn ein solches Szenario extrem selten sein dürfte: Wen soll der Computer retten?
Das kleine Mädchen, weil es sein ganzes Leben noch vor sich hat? Die erste Liebe, eine eigene Familie, eine Berufslaufbahn und welche Erfahrungen auch immer ein Leben so birgt? Aber jedes Leben ist gleich wertvoll, und das gilt ebenso für die Großmutter. Stimmt, doch das Kind ist im moralischen Sinn unschuldig, unschuldiger zumindest als jeder Erwachsene. Und wäre es nicht denkbar, dass die Großmutter sich selbst opfern würde - für das Kind, das am Anfang seines Leben steht?
Was auf den ersten Blick plausibel scheinen mag, ist moralisch nicht haltbar. Das zeigen die Ethik-Regeln von betroffenen Berufsorganisationen wie des US-amerikanischen "Institute of Electrical and Electronics Engineers" (IEEE) mit über 430 000 Mitgliedern. Sie legen dar, dass alle Menschen gleich behandelt werden müssten und jegliche Diskriminierung aufgrund von Rasse, Religion, Geschlecht, Alter und anderen Merkmalen nicht zulässig sei. Das deutsche Grundgesetz formuliert ähnlich: "Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden", heißt es in Artikel 3 Absatz 3.
Patrick Lin, der Direktor der Ethics + Emerging Sciences Group an der California Polytechnic State University, beschäftigt sich seit längerem mit diesen Fragen.6 Er rät intensiv zu einer groß angelegten gesellschaftlichen Auseinandersetzung darüber, nach welchen Kriterien Roboterautos für solche Situationen programmiert werden sollten.
Auch in der deutschen Öffentlichkeit nimmt das Thema Fahrt auf. "Wen tötet das Roboter-Auto?", hat die Redakteurin Lena Schipper beispielsweise ihr Stück7 überschrieben, mit dem die Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung (FAS) Anfang Februar 2015 ihren Wirtschaftsteil aufmachte. Noch weiter geht die Wirtschaftswoche in ihrer Serie "Wirtschaftswelten 2025"8: "Werden uns Roboter töten?", wird dort gefragt. Derartige Schlagzeilen zeigen, wie recht Patrick Lin mit seiner Forde rung einer breiten öffentlichen Diskussion hat. Denn die Roboter tun nur das, wofür sie Menschen vorher programmiert haben.
"In dem Moment, in dem ich in ein selbstfahrendes Auto steige, gebe ich einen Teil meiner ethischen Verantwortung als Mensch an einen Algorithmus ab", wird der Philosoph und Ingenieur Jason Millar von der University Carleton in Kanada von