"Russendisko auf Balkanesisch - witzig und tiefsinnig." rbb Werden "Jugos" als Romablasmusik-Fans geboren? Warum schimpft man auf dem Balkan genitalfixiert und in Deutschland analfixiert? Was ist ein Gastarbeiter-Spagat? Pointiert und umwerfend komisch erzählt der Radiomoderator und Musiker Danko Rabrenovic - für seine Fans "der Balkani-zer" - seine Geschichte(n) als Migrant in Deutschland und klärt über kulturelle Gegensätze auf: Ganz nebenbei entknotet er herrlich selbstironisch und amüsant das exjugoslawische Sprach- und Herkunftswirrwarr. Ein ebenso unterhaltsamer wie erhellender Bericht aus Deutschlands zweitgrößter Einwanderer-Community, der Deutschen und "Jugos" schonungslos, aber sehr lustig den Spiegel vorhält.
Danko Rabrenovi? kam als 22-Jähriger aus dem ehemaligen Jugoslawien nach Deutschland. In diesem Buch erzählt er vom Ankommen und Heimischwerden in einem Land, das so ganz anders tickt als seine alte Heimat. Rabrenovi? sammelt »Aufenthaltstitel« wie andere Gartenzwerge und beschreibt, wie er versucht, liebgewonnene deutsche Sitten anzunehmen, ohne die eigenen Wurzeln zu verleugnen. Der Balkanizer ist ein Insider-Bericht, der Deutschen und »Jugos« schonungslos und humorvoll den Spiegel vorhält: pointiert, selbst-ironisch und mit feinem Gespür für interkulturelle Zwischentöne.
Autorentext
Danko Rabrenovi? wurde in Zagreb geboren, wuchs in Belgrad auf und lebte als Kind mit seinen Eltern drei Jahre in Peking. Kurz nach Ausbruch des Jugoslawienkrieges kam er nach Deutschland. Elf Jahre lang moderierte er die Kultradiosendung »Balkanizer«, zurzeit ist er Moderator bei WDR Cosmo. Rabrenovi? ist Sänger und Gitarrist der Band Trova?i (www.trovaci.de). Bei DuMont erschienen Der Balkanizer. Ein Jugo in Deutschland und Herzlich willkommen?i?. Heimatgeschichten vom Balkanizer (beide 20
Leseprobe
Zwischen zwei Welten
Am glücklichsten bin ich, wenn ich im Flugzeug sitze - egal in welche Richtung! Dieser Satz stammt nicht von mir, ich habe ihn ausgeliehen. Und ich bin überzeugt, der Satz-Erfinder hätte nichts dagegen einzuwenden. Schließlich haben er und ich etwas gemeinsam. Er ist ein in New York lebender Lateinamerikaner und bezieht sich auf regelmäßige Flüge zwischen seinen Heimaten Puerto Rico und den USA . Ich bin ein in Düsseldorf lebender Jugo 1 mit serbischem und kroatischem Pass. In meinem Fall heißt es also: Am glücklichsten bin ich, wenn ich im Flugzeug zwischen Deutschland und dem Balkan sitze - egal in welche Richtung.
Auf den Originalsatz bin ich als Anglistik-Student an der Düsseldorfer Heinrich-Heine-Universität gestoßen. Damals interessierte ich mich besonders für Minority Studies. Oft ging es dabei um afroamerikanische Musiker und Filmemacher. Und, allgemeiner, um Literatur der Minderheiten und Einwanderer in den USA . Ich war ziemlich verblüfft, als ich in den Texten und Lebensgeschichten dieser Menschen meine eigene Geschichte wiederfand. Wir schrieben das Jahr 1995, ich war 26, vier Jahre zuvor nach Deutschland geflüchtet, und allmählich wurde mir klar, dass Menschen im Exil immer nach den gleichen Mustern leben. Demnach ist meine deutsche Exil-Geschichte ähnlich wie die US -amerikanische eines Mexikaners oder Puerto Ricaners. Ich war noch nie in Mexiko oder Puerto Rico, und ich habe bislang auch nur wenige Menschen aus diesem Teil der Welt kennengelernt. Trotzdem konnte ich die Probleme und Gefühle, die sich in ihren Texten spiegelten, nachempfinden und eins zu eins auf meine Situation übertragen. So beschrieb der puerto-ricanische New Yorker zum Beispiel, wie sehr ihm die Oberflächlichkeit vieler Amerikaner auf die Nerven ging, wie ihn die Hektik der Metropole New York stresste, wie er sich nach Hause zurücksehnte. Dort wartete all das, was er in New York nicht hatte und nun schmerzlich vermisste: Familie, alte Freunde, Strand, schönes Wetter, puerto-ric0anisches Essen und Lebensgefühl. Doch jedes Mal, wenn er in seine erste Heimat flog, war er schon nach zwei Tagen fix und fertig. Ihn störte, wie ziellos und gleichgültig einige seiner Freunde in den Tag hinein lebten. Ihn störte die fehlende Privatsphäre im Haus seiner Familie. Aber am meisten störte ihn, dass viele Menschen immer wieder den gleichen korrupten Lokalpolitikern vertrauten. Das ist ja schrecklich hier, dachte er in solchen Momenten, hier ist auch kein Paradies, ich will wieder zurück nach New York, zurück in meine Wohnung, zurück zu meinen neuen Freunden, zurück in meinen geregelten Arbeitsalltag.
Inspiriert von diesen Geschichten, begann ich eine eigene kleine Exil-Theorie zu entwickeln: Wenn du unfreiwillig von Land "A" nach Land "B" umziehst - ob aus wirtschaftlicher Not, aufgrund von Krieg oder politischer Verfolgung -, befindest du dich im Exil. Zunächst stört dich vieles. Ständig vergleichst du "B" mit "A" - und "B" kann dabei nur verlieren. Doch mit der Zeit erkennst du auch die positiven Seiten deiner neuen Umgebung. Der Wunsch, "A" nie verlassen zu haben, verblasst. Denn hättest du "B" nie kennengelernt, fehlten dir wichtige Erfahrungen. Der Ortswechsel öffnet deine Augen für einen kritischen Blick auf "A". Und nun steckst du in einem Dilemma. Dir wird bewusst, dass du weder in "A" noch in "B" hundertprozentig glücklich sein wirst. Am liebsten wäre dir eine "C"-Variante, die das Beste aus beiden Welten vereint. Aber die gibt es nicht. Also arrangierst du dich mit einem Leben zwischen oder in zwei Welten. Das schafft der eine besser, der andere schlechter.
Belgrad - die Stadt, in der ich aufgewachsen bin - ist für mich "A". Nie werde ich das Datum vergessen, an dem ich Belgrad hinter mir lassen musste: 4.?August 1991.?Mit ei