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Sind Sie ein typischer Mann? Was ist ein typischer Mann? Diese Frage stellt Pulitzer-Preisträgerin Carol Shields in diesem ironischen Roman, in dem - nicht ganz zufällig - die Frauen die Hosen anhaben. Am letzten Tag seiner Flitterwochen geht Larry Weller, ein junger Mann, für kurze Zeit zwischen den dunklen Hecken des Labyrinths von Hampton Court verloren: Ein Erlebnis, das sein Leben einschneidend verändert. Denn von nun an träumt Larry davon, ein phantastischer Landschaftsgärtner zu werden, Spezialität Irrgärten. Ein Traum, der ihn zwanzig Jahre lang gefangen halten wird - aber Larry hatte sowieso schon immer das Gefühl, dass das eigentliche Leben anderswo abläuft. Sympathisch, aber etwas unbeholfen, stolpert er von der Ehe mit der kessen Dorrie in die zweite mit der schönen Feministin Beth. Als er am Ende bei Charlotte landet, ist er fast fünfzig und hat sich selbst durch sein eigenes Labyrinth gekämpft ... 'Ein großer Gesellschafts- und Entwicklungsroman' Hans Josef Ortheil in der FAZ
Carol Shields, geboren 1935 in Oak Park, Illinois, übersiedelte 1957 nach Kanada und war dort Professorin für Anglistik an verschiedenen Universitäten. Sie gehört zu den renommiertesten Autorinnen ihres Landes. Sie veröffentlichte zahlreiche Romane und Kurzgeschichten, für 'Das Tagebuch der Daisy Goodwill', wochenlang auf Platz 1 der Bestsellerlisten in Amerika und England, wurde sie mit dem Pulitzerpreis ausgezeichnet, für 'Alles über Larry' mit dem Orange Prize. 2002 wurde ihr der Order of Canada verliehen. Zuletzt lebte sie mit ihrem Mann in Victoria, British Columbia, wo sie 2003 starb. Auf deutsch erschien 2005 ihr letzter, für mehrere Preise nominierter Roman 'Die Geschichte der Reta Winters'.
Autorentext
Carol Shields, geboren 1935 in Oak Park, Illinois, übersiedelte 1957 nach Kanada und war dort Professorin für Anglistik an verschiedenen Universitäten. Sie gehört zu den renommiertesten Autorinnen ihres Landes. Sie veröffentlichte zahlreiche Romane und Kurzgeschichten, für "Das Tagebuch der Daisy Goodwill", wochenlang auf Platz 1 der Bestsellerlisten in Amerika und England, wurde sie mit dem Pulitzerpreis ausgezeichnet, für "Alles über Larry" mit dem Orange Prize. 2002 wurde ihr der Order of Canada verliehen. Zuletzt lebte sie mit ihrem Mann in Victoria, British Columbia, wo sie 2003 starb. Auf deutsch erschien 2005 ihr letzter, für mehrere Preise nominierter Roman "Die Geschichte der Reta Winters".
Leseprobe
Kapitel Eins
Fünfzehn Minuten im Leben des Larry Weller,
1977
Aus Versehen griff sich Larry Weller ein fremdes Harris-Tweed-Sakko, doch erst als er seine Hand in die Tasche schob, merkte er, dass es nicht sein eigenes war.
Die Hand fuhr geradewegs in eine seidige Leere. Seine fünf Finger stießen hinab, suchten nach dem zerknüllten Kleenex in seiner vertrauten ausgeleierten Tasche, nach den Fünf- und Zehncentstücken, den Eintrittskarten für alle Filme, die er und Dorrie in letzter Zeit gesehen hatten. Auch nach den verkrusteten Fusselbröckchen, die offenbar nie verlorengehen, wenn sie sich einmal in den Nähten eingenistet haben.
Diese Tasche - die jetzige Tasche - war anders. Sauber, ein schlüpfriges Tal. Die Stiche, die er am Boden berührte, waren nicht die vertrauten Stiche. Seine Fingerspitzen glitten über eine angenehme kleine Futterfläche. Er griff nach den Knöpfen. Leder, echtes. Und noch etwas - die Ärmel waren gut einen Zentimeter zu lang.
Dieses Sakko war doppelt so teuer wie sein eigenes. Der Stoff, die Nähte. Man sah ihm an, dass es regelmäßig zur Reinigung gebracht wurde. Und außerdem - an den vor-springenden Schultern konnte man erkennen, dass dieses Sakko über Nacht auf einem dicken hölzernen Kleiderbügel geparkt wurde. Über einer Reihe von blankgeputzten Schuhen. Und dass das Tweedgewebe sauerstoffreiche Luft nachtankte.
Er hätte ins Café zurücklaufen sollen, um nachzusehen, ob sein eigenes Sakko noch über seine Stuhllehne geknüllt war, aber es war schon Viertel vor sechs, und Dorrie erwartete ihn um Punkt sechs, und es herrschte Berufsverkehr, und eine Bushaltestelle war nicht in der Nähe.
Und - kam es ihm in den Sinn - was soll's? Sakko ist Sakko. Ein Mensch, der Stammkunde im Café Capri ist, fordert es geradezu heraus, dass sein Sakko geklaut wird. Es hatte ja eigentlich nur eine Art Tausch stattgefunden, weiter nichts.
Pfeif auf den Bus, beschloss er. Er wollte zu Fuß gehen. Er wollte schlendern. In seinem scharfen neuen Harris-Tweed-Sakko. Er wollte die Schultern vorschieben, sie locker in den Gelenken rollen. Rechte Schulter vorwärts, zack, dann die linke Schulter von hinten vorholen. Er wollte die Arme weit schwingen. Die Finger spreizen. Hier kommt der große Macker, nehmt euch in acht vor dem großen Macker.
Die Ärmel scheuerten leicht auf seinen Handrücken, kratzig, doch nicht zu kratzig.
Und dann sah er, dass die Ärmelknöpfe auch aus Leder waren, eine kleinere Version der Hauptknöpfe, aber von der gleichen Machart, eine Art Kreuzmuster wie ein geviertelter Pekannußkuchen, nur dass die Stücke ein kleines bisschen überlappten. Man konnte die Erhebungen mit dem Finger ertasten, konnte fühlen, wie sich die vier Lederquadranten jeweils überkreuzten, dass die Kanten am inneren Rand wellenförmig geschnitten waren. Diese Wellen kreuzten sich in der Mitte, tauchten dort in einen dunklen Schnittpunkt und verschwanden. Ein schwarzes Loch im Universum des Knopfes. Ein Nichts.
Quadrant war ein Wort, an das Larry seit ungefähr zehn
Jahren nicht mehr gedacht hatte, seit dem Geometrieunterricht, elfte Klasse.
Die Farbe des Sakkos war in gemischten Brauntönen gehalten, ein kräftiger Hintergrund für eingestreute Tabaktöne mit feinen orangefarbenen Sprenkeln. Sehr fein. Niemand würde sagen: Hey, da kommt dieser Kerl mit den orangefarbenen Sprenkeln auf dem Sakko. Man musste schon auf zwei Zentimeter herangehen, bevor man diese Sprenkel wahrnahm.
Orange war nicht Larrys Lieblingsfarbe, zumindest nicht, was Kleidung betraf. Er erinnerte sich, dass er damals auf der MacDonald Secondary High-School eine orangefarbene Badehose hatte, vermutlich zwei Nummern zu groß, weil er sich zu jener Zeit seines Lebens ständig sorgte, dass seine Schwellung zu sehen sein könnte, im krassen Gegensatz zu den meisten anderen Jungs, die großen Wert darauf legten, zu z