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Im Herbst 2012 ereignete sich eines der schwersten Bergunglücke im Himalaja: Benedikt Böhm plante eine Speedbegehung des Manaslu, als eine Lawine mehrere Bergsteiger begrub und er mit bloßen Händen Überlebende aus den Schneemassen barg. Nun verarbeitet er die Tragödie in einem Buch und erzählt, warum er wenige Tage danach trotzdem den Gipfel bestieg. Rückblickend beleuchtet er Schlüsselmomente seiner Bergsteigerkarriere: von der Bezwingung des ersten Achttausenders - des Gasherbrum II -, einem dramatischen Überlebenskampf am Broad Peak bis hin zum Scheitern am Manaslu fünf Jahre davor. Er schreibt über schwierige Entscheidungen, einsame Erfolge sowie Freundschaft und Rivalität am Berg; und schildert, wie sich Expeditionen, Familie und Beruf vereinbaren lassen.
Benedikt Böhm, 1977 in München geboren, bezwingt Achttausender so kompromisslos wie kaum ein anderer. Er wuchs mit fünf Geschwistern auf und ist seit seinem zehnten Lebensjahr Leistungssportler. 2003 bis 2006 war er Mitglied der Deutschen Nationalmannschaft im Skibergsteigen. Er hat in Massachusetts und Oxford studiert und arbeitet heute als Internationaler Geschäftsführer von Dynafit, dem Weltmarktführer für Skitourenausrüstung. benediktboehm.de
Vorwort
Zwischen Gipfelsturm und Katastrophe
Autorentext
Benedikt Böhm, 1977 in München geboren, bezwingt Achttausender so kompromisslos wie kaum ein anderer. Er wuchs mit fünf Geschwistern auf und ist seit seinem zehnten Lebensjahr Leistungssportler. 2003 bis 2006 war er Mitglied der Deutschen Nationalmannschaft im Skibergsteigen. Er hat in Massachusetts und Oxford studiert und arbeitet heute als Internationaler Geschäftsführer von Dynafit, dem Weltmarktführer für Skitourenausrüstung. benediktboehm.de
Leseprobe
SCHNELLER
Mittenwald, Skizug Bundeswehr, 1997/98
Eine sportliche Blütezeit erlebte ich dann noch einmal nach dem Abitur. Kurz nach meinem Abschluss meldete sich ein Herr Seiko von der Bundeswehr bei mir und fragte mich, ob ich nicht Interesse daran hätte, in den Skizug einzutreten. Anscheinend hatten mich frühere Skilangläufer Kollegen empfohlen, die ihre Bundeswehrzeit im Skizug abgeleistet hatten. Herr Seiko erklärte mir, dass es zwei verschiedene Einheiten innerhalb des Skizugs gebe: eine Biathlonmannschaft und eine Militärpatrouille. Die Militärpatrouille bewege sich auf Tourenski auf und ab in den Bergen. Für beide Mannschaften würde eine Handvoll der besten Sportler ausgesucht werden. Ziel der Einheit sei es, sogenannte Militärpatrouillen-Wettkämpfe erfolgreich zu bestreiten. Man müsse die ersten zwei Monate Grundausbildung in Mittenwald hinter sich bringen, dann würde man in einem separaten Gebäude innerhalb der Kaserne Murnau untergebracht werden. Den Flecktarnanzug würde man nur noch sehr selten sehen.
Ich hatte ursprünglich vorgehabt, irgendwie durch die Musterung zu fallen, aber es war mir leider nicht gelungen. Das Angebot mit dem Skizug kam mir daher sehr gelegen. Herr Seiko hatte mich für den Biathlonzug vorgesehen, aber für mich war sofort klar, dass ich die Militärpatrouille wähle. Tourenski gefielen mir inzwischen wesentlich besser als Langlaufski. Er lenkte ein. Im September sollte ich meinen Dienst antreten.
Bevor es so weit war, gönnte ich mir aber erst mal einen ausgiebigen Surfurlaub in Spanien. Schließlich hatte ich gerade das Abitur geschafft! Zusammen mit drei Freunden kauften wir einen alten, postgelben VW-Bus, bauten ihn gemütlich aus und fuhren damit unmittelbar nach der Zeugnisvergabe in Richtung Süden. Wir klapperten die ganze Atlantikküste bis Porto ab, campierten wild am Strand und ritten jede Welle, die sich uns bot. Nach ein paar sehr entspannten Wochen lieferten mich meine Freunde direkt am Mittenwalder Bahnhof ab. Den salzigen Geschmack der Freiheit noch auf den Lippen, stand ich nun von Angesicht zu Angesicht zwei Soldaten vor einem Militär-Unimog gegenüber. Sie waren über meinen Anblick wahrscheinlich genauso erschrocken wie ich über ihren. Aus ihren korrekten Uniformen trafen mich verächtlich musternde Blicke. Durch die lange Zeit am Meer hatte ich fast weißblonde, schulterlange Haare und war überall mit irgendwelchen Ketten behängt. Ich sah aus wie ein Hippie, und irgendwie fühlte ich mich auch so bis ein zackiges militärisches »Aufsitzen!« mich endgültig aus meinem Urlaub riss.
Nie wieder habe ich eine so bunte Vielzahl an dubiosen Persönlichkeiten getroffen wie bei der Bundeswehr. Die ersten Tage während der Grundausbildung in Mittenwald stand ich ab und zu am Fenster und blickte wehmütig auf die vorbeifließende Isar. Mich packte das Heimweh, und mir schoss der Gedanke durch den Kopf, einfach in den Fluss zu springen und bis nach München zu schwimmen, um diesem Kasperlverein zu entfliehen. Die Disziplin und die körperlichen Herausforderungen waren im Vergleich zu dem, was ich im Skiclub Hochvogel erlebt hatte, ein Witz. Einzig und allein der wenige Schlaf machte mir zu schaffen. Schließlich lernte ich notgedrungen, überall zu schlafen. Eine Sekunde Leerlauf genügte, um in jeder Köperhaltung, auch stehend, in den Schlaf zu fallen. Wenn sich bei dem Kommando »Volle Deckung!« alle bäuchlings auf den Boden werfen mussten, stand bei dem Befehl »Aaaaachtung!« die Hälfte der Soldaten nicht mehr auf, sondern schlummerte friedlich vor sich hin.
Bereits in der zweiten Woche lernte ich Markus Finsterwalder kennen. Er wurde mein bes