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Adam, israelischer Diplomat in New York, fährt während eines Besuchs in Jerusalem eine Joggerin an: Eva, russische Emigrantin und Studentin der Astrophysik. Adam besteht darauf, die nur leicht verletzte junge Frau ins Krankenhaus zu bringen. Wochen später, zurück in New York, schreibt er ihr leidenschaftliche E-Mails, und Adams Leben als verheirateter Ehemann gerät aus den Fugen. 'Dunkle Materie' bezeichnet die unsichtbare Masse im Universum und ihre ungeheure Anziehungskraft, die auch von Aner Shalevs Roman ausgeht, wenn er wie kein Zweiter das Wesen der Liebe umkreist.
Aner Shalev wurde 1958 im Kibbuz Kinneret geboren. Er studierte Mathematik und Philosophie an der Hebrew University of Jerusalem, an der er heute lehrt. Er hat Erzählungen und drei Romane geschrieben.
Autorentext
Aner Shalev wurde 1958 im Kibbuz Kinneret geboren. Er studierte Mathematik und Philosophie an der Hebrew University of Jerusalem, an der er heute lehrt. Er hat Erzählungen und drei Romane geschrieben.
Leseprobe
2
Samstag, 16. Oktober, 09:19
Adam,
das gilt nicht als richtige Mail.
Ich weiß, dass du sie noch nicht lesen kannst.
Du bist jetzt bestimmt über dem Atlantik.
Ich hoffe, dass du es in der Nacht geschafft hast, deine Kleidung in deinen komischen Koffer zu stopfen. Gerade bin ich aufgewacht. Ich schaue mich um. Es sind immer noch Spuren von dir hier. Ich habe beschlossen, die Bettwäsche zu waschen. Ich wäre froh, wenn ich auch mein Herz in die Waschmaschine stecken könnte.
Die Hitze, die während der letzten Wochen in Jerusalem herrschte, hat sich mit dir verabschiedet.
Eine Koinzidenz.
Was willst du noch von mir hören?
Ich schicke dir die Mail jetzt, damit sie ihr Ziel überholt und vor dir in New York ist.
Eva
Sonntag, 17. Oktober, 14:14
Adam,
die anderen Assistenten haben heute gesagt, ich würde so traurig aussehen. Es ist der erste Tag zurück an der Uni. Ich saß im Haus Belgien, obwohl es eigentlich den Dozenten vorbehalten ist. Normalerweise hasse ich das Haus Belgien. Alle gehen mit gelben Blöcken hin, um zu arbeiten. Selbst wer nicht arbeitet, tut so, als würde er arbeiten.
Ich tat, als würde ich Zeitung lesen. Ha'aretz. Sie ist an einer langen Stange befestigt, und es herrscht eine Art Wettbewerb, wer sie zuerst bekommt. Als ich hereinkam, war die Zeitung frei und ich habe sie mir gleich geschnappt. Obwohl niemand sie mir streitig machen wollte.
Ich sank in einen der braunen Sessel vor einem runden Kaffeetisch und hielt mir die Zeitung vors Gesicht. Wenn sie größer gewesen wäre, hätte ich sie dazu benutzt, meinen ganzen Körper zu bedecken.
Du sagst, es wird unendlich viele Wodkaflaschen geben.
Und ich sage: Es wird unendlich viel Schmerz geben.
Hattest du einen angenehmen Flug?
Ist dir dieser Brief echt genug?
Das Leben ist nicht kurz. Wie kann es kurz sein, wenn ich in einem Monat so viel über dich gelernt habe. Wenn ich all meine Monate so verbringen würde, wüsste ich alles.
Sag mir, dass du glücklich bist.
Eva
Montag, 18. Oktober, 11:13
Ja Eva, ich bin glücklich. Wie sollte ich nicht glücklich sein?
Du hast mich an einem äußerst unerwarteten Ort und zu
einer äußerst unerwarteten Zeit glücklich gemacht. Und
nun deine Mails, umgeben von Dutzenden bedeutungsloser
Mails. Wir sind umgeben von Bedeutungslosigkeit, wir ge-
wöhnen uns daran, werden mit den Jahren fast süchtig da-
nach, sodass das Bedeutungsvolle uns immer unvorbereitet
trifft. Besonders wenn es in diesem Tempo geschieht, fast
brutal, wie ein Verkehrsunfall.
>
Du hast nicht geschrieben, dass du traurig bist.
Du hast noch nicht einmal geschrieben, dass du traurig aus-
siehst.
Du hast geschrieben, dass dir andere gesagt haben, dass du
traurig aussiehst.
>
Vielleicht ist es falsch, Glück von Traurigkeit zu trennen.
Vielleicht sind es zwei Aspekte derselben Sache. Wie Wel-
len und Teilchen zwei Aspekte des Lichts sind (du bist die
Physikerin).
>
So vieles haben wir noch nicht gemacht.
Du hast mir noch keinen Physikunterricht gegeben.
Wir haben noch nicht zusammen gebadet.
Ich habe dein linkes Knie noch nicht geküsst.
Wir werden doch Zeit für das alles haben, nicht wahr?
>
Die erste Nacht in New York. Ich habe kein Auge zugetan.
Jedes Geräusch, jede Bewegung, jedes Schnarchen habe ich
so laut gehört wie mit einem Verstärker. Irgendwann ist
Ruth aufgestanden und in ihr Arbeitszim