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Der vierte Roman Aldous Huxleys, 1928 erschienen, ist ein Schlüsselroman seiner Epoche In Huxleys satirischen Gesellschaftsbild der Zwanzigerjahre werden nicht nur die brillanten und frivolen Intellektuellen porträtiert, sondern auch der Frage nachgegangen, wie ein glückliches, gesundes Leben aussehen kann. Bei den Partys von Lady Tantamount feiern die schillerndsten Persönlichkeiten, an denen die moralischen Dilemmas ihrer Zeit offensichtlich werden. Marjorie hat ihre Familie verlassen, um mit Walter zu leben, Walter hingegen ist verliebt in die kaltherzige, verführerische Lucy. In 'Kontrapunkt des Lebens' werden D.H. Lawrence, Katherine Mansfield und Huxley selbst auf höchst vergnügliche Weise dargestellt.
Aldous Leonard Huxley, geboren 1894 in Godalming/Surrey, in Eton erzogen, studierte nach einer schweren Augenkrankheit englische Literatur in Oxford und war ab 1919 zunächst als Journalist und Theaterkritiker tätig. 1921 begann er mit der Veröffentlichung seines ersten Romans 'Die Gesellschaft auf dem Lande' seine literarische Laufbahn. Von 1938 an lebte er in Kalifornien. Huxley starb 1963 in Hollywood.
Autorentext
Aldous Leonard Huxley, geboren 1894 in Godalming/Surrey, in Eton erzogen, studierte nach einer schweren Augenkrankheit englische Literatur in Oxford und war ab 1919 zunächst als Journalist und Theaterkritiker tätig. 1921 begann er mit der Veröffentlichung seines ersten Romans "Die Gesellschaft auf dem Lande" seine literarische Laufbahn. Von 1938 an lebte er in Kalifornien. Huxley starb 1963 in Hollywood.
Leseprobe
ZWEITES KAPITEL
Drei italienische Gespenster geistern unaufdringlich am östlichen Ende von Pall Mall. Der Reichtum des frisch industrialisierten England und die Begeisterung, das bauliche Genie Charles Barrys hat sie aus der Vergangenheit und ihrem heimatlichen Sonnenschein hergezaubert. Unter dem inkrustierenden Schmutz des Reformklubs erkennt das gläubige Auge etwas, das angenehm an den Palazzo Farnese gemahnt. Ein paar Schritte weiter die Straße entlang ragen Sir Charles' Erinnerungen an das Haus, das Raffael für die Pandolfini entwarf, in die dunstige Londoner Luft auf - der Travellersklub; und zwischen ihnen erhebt sich, streng klassisch, dräuend wie ein Gefängnis und schwarz von Ruß, eine verkleinerte, aber immer noch riesenhafte Fassung der Cancelleria - Tantamount House.
Barry entwarf es 1839. Einhundert Arbeiter schufteten ein oder zwei Jahre. Und der dritte Marquis bezahlte die Rechnungen. Sie waren gewaltig; aber die Vorstädte von Leeds und Sheffield hatten begonnen, sich über das Land auszubreiten, das seine Vorfahren dreihundert Jahre früher den Klöstern gestohlen hatten. »Die katholische Kirche, vom Heiligen Geist inspiriert, lehrt nach den ehrwürdigen Schriften und alten Überlieferungen der Kirchenväter, dass es ein Fegefeuer gibt und dass die darin schmachtenden Seelen Hilfe finden durch die Fürbitten der Glaubenstreuen, besonders aber durch das gottgefällige Opfer auf dem Altar.« Die Reichen mit schlechtem Gewissen hatten ihre Ländereien den Mönchen hinterlassen, damit ein unaufhörlicher Vollzug des gottgefälligen Opfers auf dem Altar ihren Seelen durchs Fegefeuer helfe. Aber Heinrich VIII. hatte es sehr nach einem jungen Weib gelüstet und nach einem Sohn verlangt; und Papst Klemens VII. wollte, weil er in der Gewalt des Vetters der Tochter von Heinrichs erster Frau war, ihm die Scheidung nicht bewilligen. Infolgedessen wurden die Klöster aufgehoben. Ein Heer von Bettlern, Armen und Siechen starb elend Hungers. Die Tantamounts aber erwarben einige Dutzend Quadratmeilen Ackerlands, Walds und Weide. Ein paar Jahre später, unter Eduard VI., stahlen sie den Landbesitz zweier aufgelöster Lateinschulen; Kinder blieben ohne Unterricht, auf dass die Tantamounts reich seien. Sie bebauten ihr Land nach allen Regeln der Wissenschaft, ihr Augenmerk auf den höchsten Nutzen gerichtet. Ihre Zeitgenossen sahen in ihnen »Menschen, die leben, als gäbe es gar keinen Gott, Menschen, die alles in ihren eigenen Händen haben wollen, Menschen, die anderen nichts lassen, Menschen, die nie zufrieden sind«. Von der Kanzel in St. Paul herab beschuldigte Lever sie, sie hätten »Gott beleidigt und das gemeine Wohl in gemeines Wehe verkehrt«. Die Tantamounts störte das nicht. Der Grund gehörte ihnen. Die Pachtgelder gingen regelmäßig ein. Das Korn wurde gesät, wuchs und wurde geerntet, wieder und wieder. Tiere wurden geboren, gemästet und zur Schlachtbank geführt. Die Ackerknechte, die Schäfer, die Kuhhirten arbeiteten vom Morgengrauen bis zum Sonnenuntergang, jahraus, jahrein, bis sie starben. Ihre Kinder traten an ihre Stelle. Ein Tantamount folgte auf den anderen. Elisabeth verlieh ihnen die Baronie; unter Karl II. wurden sie Viscounts, Earls unter Wilhelm und Maria, Marquis unter Georg II. Sie heirateten Erbin nach Erbin - zehn Quadratmeilen von Nottinghamshire, fünfzigtausend Pfund, zwei Straßenzüge in Bloomsbury, eine halbe Brauerei, eine Bank, eine Plantage mit sechshundert Sklaven in Jamaika. Mittlerweile erfanden obskure Männer Maschinen, mit denen man die meisten Dinge schneller herstellen konnte als mit der Hand. Dörfer verwandelten sich in Städte, Städte in Großstädte. Auf einstigem Ackerland der Tantamounts wurden Häuser und Fabriken gebaut. Unter dem Gras ihrer Wiesen hackten halbnackte Männer auf das schwarz glänzende Kohlenflöz los. Kleine Knaben und Frauen zogen die schwerbeladenen Förder