Tiefpreis
CHF40.70
Auslieferung erfolgt in der Regel innert 2 bis 4 Werktagen.
So nuanciert wie fesselnd beschreibt Ronald Syme den blutigen Kampf um die Macht, den die herrschende Oligarchie im Rom der Jahre 60 v. Chr. bis 14. n. Chr. führt. An seinem Ende stand die Machtergreifung des Augustus und der Untergang der Republik.
In der Not der Bürgerkriege wandelt sich das römische Staatswesen von einer Republik zu einer Monarchie. Mit großer erzählerischer Kraft und feiner Ironie untersucht Syme den Einfluß der großen römischen Politiker - Caesar, Pompeius, Antonius und Augustus - auf den Ablauf der Geschehnisse. Vor dem Hintergrund der Erfahrungen seiner eigenen Zeit mit Faschismus und totalitären Ideologien behandelt der berühmte Historiker die Vorgänge in Rom, die zur Entmachtung des freiheitlich gesinnten römischen Adels führten. Wie an einem Modell demonstriert er römische Geschichte, das Spiel der Kräfte, die sie bestimmten und formten. So wird in einmaliger Klarheit die Grundstruktur des Historischen, das Politische als Ausdruck menschlichen Denkens und Handelns, sichtbar.
Dieses »meistgelesene Buch über die römische Geschichte im 20. Jahrhundert« (A.R. Birley) wird zum ersten Mal auf Deutsch in einer gründlich revidierten und vollständigen Fassung vorgelegt.
Autorentext
Sir Ronald Syme (1903-1989) lehrte 1949 bis 1970 am Brasenose College in Oxford Alte Geschichte. Neben weiteren zahlreichen Auszeichnungen erhielt er 1975 den Orden Pour le Mérite für Wissenschaften und Künste und war Mitglied mehrerer wissenschaftlicher Akademien. Symes Forschungsschwerpunkt bildeten Arbeiten zu Geschichte und Geschichtsschreibung der römischen Kaiserzeit.
Leseprobe
Kapitel 7: Der Konsul Antonius
Caesar lag tot am Boden, übersät von 23 Wunden. Die Senatoren flüchteten in Furcht und Verwirrung, und die Mörder begaben sich zum Kapitol, um den Göttern des römischen Staates Dank zu sagen. Sie hatten keine weiteren Pläne - der Tyrann war erschlagen, also war die Freiheit wiederhergestellt.
Eine Pause folgte, und Bestürzung griff Platz. Gleichgesinnte kamen zum Kapitol, aber sie blieben nicht lange; unter ihnen der »elder statesman« Cicero und der junge P. Cornelius Dolabella, angetan mit den Insignien eines Konsuls; denn es war Caesars Absicht gewesen, daß Dolabella den freien Platz einnehmen sollte, wenn er selbst zurücktrat und auf den Balkan ging. Der andere Konsul, der gefürchtete M. Antonius, hielt sich verborgen. Er lehnte die Einladungen der Befreier ab, verschaffte sich von Calpurnia die Aufzeichnungen des Dictators und beriet sich dann im geheimen mit den führenden Köpfen der Partei Caesars, mit Balbus, dem Sekretär und Vertrauten des Dictators, mit Hirtius, dem designierten Konsul für das nächste Jahr, und mit Lepidus, dem magister equitum, der sich nun in einer ungewöhnlichen und vorteilhaften Position befand. Er hatte Truppen unter seinem Kommando, und die Folgen davon wurden sogleich sichtbar. Im Morgengrauen des 16.März besetzte er das Forum mit Bewaffneten. Lepidus und Balbus riefen nach Rache, doch Antonius hielt es mit dem gemäßigten und vorsichtigen Hirtius. Er berief den Senat ein, der sich am nächsten Tag im Tempel der Tellus versammeln sollte.
Mittlerweile waren die Befreier für eine kurze Zeit von der Burg heruntergekommen und hatten auf dem Forum einen vergeblichen Appell an den Pöbel gerichtet. Eine Rede des Marcus Brutus, die dieser am nächsten Tag auf dem Kapitol hielt, blieb gleichfalls ohne Wirkung, der Mob war apathisch oder feindselig und ließ sich von der logischen, ernsten und strengen Rhetorik des Brutus nicht rühren. Welch eine andere, welch eine feurige Rede hätte Cicero gehalten! Aber er war nicht anwesend. Die Befreier blieben auf dem Kapitol verborgen. Ihr Handstreich war von den Führern der Partei Caesars pariert worden, die in den Verhandlungen mit ihnen einen festen und sogar drohenden Ton anschlugen. D. Brutus war verzweifelt.
Am Morgen des 17.März trat der Senat zusammen. Antonius übernahm die Führung der Debatte und durchkreuzte sogleich den Vorschlag des Ti. Claudius Nero, der für die Tyrannenmörder besondere Ehrungen forderte. Im Moment hatte Antonius es nicht auf ihre Verurteilung abgesehen. Er verwarf beide Extreme und schlug eine pragmatische Lösung vor. Obgleich Caesar als Tyrann von ehrenwerten und patriotischen Bürgern getötet worden war, sollten doch die acta des Dictators - auch seine letzten, noch unveröffentlichten Pläne - Gesetzeskraft erhalten. Daß dies notwendig war, schien offenkundig und unumgänglich, denn viele Senatoren und viele der Befreier selbst hatten von dem Dictator Vorteile, Ämter oder Provinzen erhalten. Erworbene Rechte setzten sich durch und lieferten den achtbaren Vorwand von Frieden und Eintracht. Cicero hielt eine Rede und schlug eine Amnestie vor.
Auf diese einfache Weise erhielt Rom mittels einer Koalition zwischen Caesarianern und Republikanern wieder eine verfassungsmäßige Regierung. Die Eintracht wurde besonders gepriesen, als am Abend die Führer der Partei Caesars und die Befreier einander Gastmähler gaben. Am folgenden Tag wurden weitere Maßnahmen beschlossen. Auf das Drängen von Caesars Schwiegervater hin beschloß der Senat, das Testament des Dictators anzuerkennen, und gewährte ihm ein Staatsbegräbnis.
Antonius hatte seine Trümpfe mit kalter Meisterschaft ausgespielt. Die Befreier und ihre Freunde hatten ein für allemal die Gelegenheit verpaßt, auf den Senat Einfluß zu gewinnen. Vor allem wandte sich das von Anfang an feindselig gesonnene Volk scharf gegen sie. Zufall und Absichten vermischten sich. Die von Antonius am 20.März gehaltene Leichenrede dürfte nicht als ein politisches Manifest der caesarianischen Partei gedacht gewesen sein, das Ergebnis hat wohl Antonius´ Vorstellungen übertroffen. Seine Rede war kurz und maßvoll, aber die Zuhörerschaft war leicht entflammbar. Beim Aufzählen der Großtaten Caesars und der Wohltaten, die er dem Volke Roms in seinem Testament zugedacht hatte, brach die Volksmenge los und verbrannte seinen Leichnam auf dem Forum. Aus Angst um ihr Leben verbarrikadierten sich die Befreier in ihren Häusern. Auch nach Tagen war es für sie gefährlich, sich in der Öffentlichkeit sehen zu lassen. Der Mob stellte einen Altar und eine Säule auf dem Forum auf und brachte Caesar Opfer und Gebete dar. Unter den Urhebern der Wirren tat sich ein gewisser Herophilus oder Amatius hervor, der sich als Enkel des C. Marius ausgab. Anfang April verließen die Befreier Rom und suchten Zuflucht in den kleinen Städten der Umgebung.
Schon lange zuvor war den Attentätern und ihren Sympathisanten die Vergeblichkeit ihrer heroischen Tat klargeworden. Der Schaden war bereits eingetreten. Nicht das Begräbnis Caesars, sondern die Sitzung am 17.März war das eigentliche Unglück. Sowohl die Verfügungen als auch die Partei Caesars überlebten seinen gewaltsamen Tod. Das war konsequent, bedenkt man die Grundsätze und den Charakter der Verschwörung: Die Ermordung des Tyrannen und diese Tat allein waren Ziel und Rechtfertigung ihres Unternehmens. Das konnte durch spätere Weisheit und die vergebliche Reue einiger Ratgeber und Kritiker nicht mehr geändert werden: »eine mannhafte Tat, aber von kindlicher Unbesonnenheit«.
Inhalt
Vorwort zur Neuausgabe
Vorwort zur ersten Auflage von 1939