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Eine fast vergessene, hochbrisante Geheimdienstakte ist der Auslöser für eine brutale Mordserie in Europa. Als der Investmentbanker Ben Hartmann in Zürich nur knapp einem Anschlag entgeht, folgt er gemeinsam mit der US-Agentin Anna Navarro den Spuren des Falles und sie geraten in den lebensgefährlichen Sog einer weltweiten Verschwörung.
»Robert Ludlum beherrscht noch immer unangefochten das Feld des klassischen Polit- und Agententhrillers.«
Autorentext
Robert Ludlum erreichte mit seinen Romanen, die in mehr als 30 Sprachen übersetzt wurden, weltweit eine Auflage von über 300 Millionen Exemplaren. Robert Ludlum verstarb im März 2001. Sein Werk wird von handverlesenen Thriller-Autoren in seinem Geiste fortgeführt.
Leseprobe
Zürich
»Darf ich Ihnen inzwischen etwas zu trinken bringen?«
Der Hotelpage war ein gedrungener junger Mann, auf dessen grüner Lodenuniform das Namensschild aus Messing glänzte.
»Nein, danke,« sagte Ben Hartman mit einem schwachen Lächeln.
»Vielleicht einen Tee? Oder einen Kaffee oder ein Glas Mineralwasser?« Der Page schaute zu ihm hoch. Er strahlte ihn mit den erwartungsvollen Augen eines Menschen an, dem nur noch wenige Minuten blieben, das Trinkgeld in die Höhe zu treiben. »Tut mir furchtbar Leid, dass der Wagen noch nicht da ist.«
»Kein Problem.«
Ben stand in der Lobby des Hotels St. Gotthard, eines eleganten Etablissements aus dem 19. Jahrhundert, dessen Spezialität die Betreuung des gut betuchten, internationalen Geschäftsmannes war. Und das, dachte Ben boshaft, bin ich ja wohl. Nachdem er ohnehin schon ausgecheckt hatte, spielte er flüchtig mit dem Gedanken, dem Pagen ein Trinkgeld dafür zu geben, dass er ihm nicht die Taschen hinterhertrug, dass er ihm nicht wie eine Klette am Bein hing, dass er sich nicht unaufhörlich dafür entschuldigte, dass der Wagen, der ihn zum Flugplatz bringen sollte, noch nicht da war. Überall auf der Welt bildeten sich Luxushotels auf dieses Herumscharwenzeln etwas ein. Ben war ziemlich oft auf Reisen und hatte das schon immer als höchst aufdringliches Ärgernis empfunden. Wie viel Zeit hatte er schon darauf verwendet, sich aus diesem Kokon zu befreien. Doch die Fesseln aus uralten, ritualisierten Privilegien waren dann doch stärker gewesen. Der Hotelpage hatte ihn durchschaut, na schön. Für ihn war er nur einer von vielen reichen, verwöhnten Amerikanern.
Ben Hartman war sechsunddreißig, fühlte sich aber heute wesentlich älter. Und das lag nicht nur am Jetlag - er war gestern aus New York gekommen und stand immer noch etwas neben sich. Es hing damit zusammen, wieder in der Schweiz zu sein. In glücklicheren Tagen hatte er viel Zeit hier verbracht: immer auf der Überholspur, ob auf Skiern oder im Wagen. Unter den gesetzestreuen Bürgern mit ihren versteinerten Gesichtern hatte er sich gefühlt wie ein wilder Freigeist. Er wünschte, dieses Feuer wieder entfachen zu können. Doch er konnte nicht. In der Schweiz war er nicht mehr gewesen, seit hier sein eineiiger Zwillingsbruder Peter - der engste Freund, den er je gehabt hatte - vor vier Jahren umgekommen war. Ben erkannte jetzt, dass es ein Fehler gewesen war, zurückzukommen. Er hatte zwar damit gerechnet, dass die Reise Erinnerungen aufwühlen würde, allerdings nicht solche. Seit er auf dem Flugplatz Kloten gelandet war, war er völlig durcheinander, wurde er hin- und hergerissen zwischen Zorn, Kummer und Einsamkeit.
Aber er hütete sich davor, seine Gefühle offen zu zeigen. Gestern Nachmittag hatte er ein paar kleinere geschäftliche Dinge erledigt, und heute Morgen hatte er sich zu einem zwanglosen Gespräch mit Rolf Grendelmeier von der Union Bank of Switzerland getroffen. Zwar ohne besonderen Grund, aber man müsste seine Kunden bei Laune halten; Höflichkeitsbesuche gehörten zum Geschäft. Um ehrlich zu sein, sie waren das Geschäft. Manchmal verspürte er einen leichten Stich, wenn er daran dachte, wie leicht er in die Rolle des einzigen überlebenden Sohnes des legendären Max Hartman geschlüpft war. Er war der mutmaßliche Erbe des Familienvermögens und des Chefsessels von Hartman Capital Management, des von seinem Vater gegründeten milliardenschweren Unternehmens.
Inzwischen beherrschte Ben alle Tricks des internationalen Finanzgeschäfts. In seinen Schränken hingen Anzüge von Brioni und Kiton, er verfügte über das unbeschwerte Lächeln, den festen Händedruck und - das vor allem - den nüchternen, ruhigen und interessierten Blick, der zwar Vertrauenswürdigkeit, Zuverlässigkeit und Scharfsinn signalisierte, aber häufig nur schreckliche Langeweile verbarg.
Aber er war nicht in erster Linie aus beruflichen Gründen in die Schweiz gekommen. Von Kloten würde ihn ein kleines Flugzeug zum Skifahren nach St. Moritz bringen, und zwar zu einem alten und äußerst wohlhabenden Kunden, zu dessen Frau und dessen angeblich wunderschöner Enkelin. Der Mann setzte ihm hartnäckig, wenn auch auf humorvolle Weise zu. Ben war sich darüber im Klaren, dass er verkuppelt werden sollte. Das war eines der Risiken für einen vorzeigbaren, gut situierten und kreditwürdigen Single aus Manhattan: Seine Kunden versuchten permanent, ihn mit ihren Töchtern, Nichten und Kusinen zu verbandeln. Höflich nein zu sagen war ziemlich schwierig. Aber gelegentlich war tatsächlich eine Frau dabei, in deren Gesellschaft er sich außerordentlich wohl fühlte. Man konnte nie wissen. Wie auch immer, Max wollte Enkel.
Max Hartman - Philanthrop, Kotzbrocken und Gründer von Hartman Capital Management. Der aus Nazideutschland geflohene Selfmademan mit den sprichwörtlichen zehn Dollar in der Tasche, der direkt nach dem Krieg eine Investmentgesellschaft gegründet und daraus mit eisernem Willen das heutige Multimilliardendollar-Unternehmen gemacht hatte. >Old MaxOld Max< musste sich noch etwas gedulden.
Plötzlich hatte Ben das Gefühl, dass ihn die mit rosaroten Damaststoffen und schweren dunklen Wiener Möbeln ausstaffierte Lobby erdrückte. »Ich warte draußen auf den Wagen«, sagte er zu dem Pagen. Der Mann in der grünen Lodenuniform lächelte ihn affektiert an. »Natürlich, Sir, wie Sie wünschen.«
Ben trat in die grelle Mittagssonne und betrachtete blinzelnd die Fußgänger in der vornehmen Bahnhofstraße. Linden, teure Geschäfte, Cafés und reihenweise Finanzinstitute in herrschaftlichen Kalksteingebäuden säumten die Prachtavenue. Der Page hastete mit dem Gepäck hinter ihm her und wuselte so lange herum, bis Ben einen Fünfzig-Franken-Schein zückte und ihm mit einer Handbewegung bedeutete, dass er jetzt gehen könne.
»Herzlichsten Dank, Sir«, sagte der Page und mimte den Überraschten.
Einer der Portiers würde ihm schon Bescheid sagen, wenn der Wagen in der gepflasterten Einfahrt an der linken Seite des Hotels auftauchte. Ben hatte es nicht eilig. Nach Stunden in stickigen und überhitzten Räumen, in denen der Duft von Kaffee und -ganz leicht, aber unverkennbar - Zigarrenqualm in der Luft hing, genoss er die erfrischende Brise vom Zürichsee.
Ben lehnte seine nagelneuen Volant-Ti-Super-Skier neben seine Taschen an eine der korinthischen Säulen und beobachtete die Passanten in der belebten Fußgängerzone. Ein zwielichtig aussehender junger Geschäftsmann, der in sein Handy brüllte. Eine fette Frau in einem roten Parka, die einen Kinderwagen vor sich herschob. Japanische Touristen, die aufgeregt aufeinander einschwatzten. Ein großer Mann mittleren Alters, der einen gedeckten Anzug trug und sich das ergrauende Haar zu einem Pferdeschwanz zusammengebunden hatte. Ein Bote in der unverwechselbaren orange-schwarzen Uniform der gehobenen Floristenkette Blümchengalerie - unter dem Arm einen Karton Lilien. Eine auffällige, teuer gekleidete junge Blondine mit einer Festina-Einkaufstasche, die vage in Bens Richtung schaute, dann mit kurz aufblitzendem Interesse noch mal genauer hinschaute, bevor sie die Augen abwendete. Hätten wir nur Raum genug und Zeit, dachte Ben. Er ließ den Blick wieder schweifen. Der Verkehrslärm aus der etwa e…