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Was veranlasst Menschen, gewalttätig zu werden? Was sind das für Menschen, die andere zu Tode treten? Warum sind sexuelle Gewalt gegen Kinder und Vergewaltigungen so häufig?
Die großen Mythen, Märchen und Erzählungen aller Kulturen fast alle handeln von Gewalt. Gewalt kann aus Leidenschaft entstehen;
oft hat sie mit Rache-, Schuld- oder Schamgefühlen zu tun.
Der Autor erläutert anhand von Filmen Batman, Uhrwerk Orange, Spiel mir das Lied vom Tod, Terminator, Krabat, Sleepers und Falldarstellungen aus der eigenen Praxis, wie die psychischen Mechanismen der Gewalt funktionieren.
Und welche Rolle Lebenserfahrung, psychische Disposition, soziale und situative Einflussfaktoren spielen.
Vorwort
Wie wir Gewalt verstehen und wirksam begrenzen können
Autorentext
Michael Günter, Dr. med., Professor für Kinder- und Jugendpsychiatrie und Psychotherapie, Studium der Medizin, Kunstgeschichte und Empirischen Kulturwissenschaft in Tübingen und Wien, Facharzt für Kinder- und Jugendpsychiatrie und Psychotherapie, Facharzt für Psychosomatische Medizin, Psychoanalytiker für Kinder, Jugendliche und Erwachsene und Lehranalytiker (DPV/IPA), Ärztlicher Direktor der Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie und Psychotherapie am Klinikum Stuttgart, Leiter des Weiterbildungscurriculums Psychodynamische Psychotherapie der Universität Tübingen. Mitherausgeber der Zeitschrift Kinderanalyse. Michael Günter ist Mitherausgeber der Zeitschrift KINDERANALYSE.
Klappentext
Die großen Mythen, Märchen und Erzählungen aller Kulturen - fast alle handeln von Gewalt. Gewalt kann aus Leidenschaft entstehen; oft hat sie mit Rache-, Schuld- oder Schamgefühlen zu tun. Der Autor erläutert anhand von Filmen - Batman, Uhrwerk Orange, Spiel mir das Lied vom Tod, Terminator, Krabat, Sleepers - und Falldarstellungen aus der eigenen Praxis, wie die psychischen Mechanismen der Gewalt funktionieren. Und welche Rolle Lebenserfahrung, psychische Disposition, soziale und situative Einflussfaktoren spielen.
Leseprobe
Gewalt ein menschliches Grundproblem
Wie kommen Menschen dazu, Gewalt auszuüben? Warum beschäftigen sie sich in ihrer Fantasie mit Gewalt? Was sind das für Menschen, die unvermittelt einen anderen einfach zu Tode treten? Warum findet jemand Freude daran, andere zu quälen, vielleicht sogar zu töten? Was lässt Menschen Spaß empfinden an sexueller Gewalt gegen Kinder, an einer Vergewaltigung? Wie ist so etwas überhaupt möglich? Handelt es sich bei diesen Menschen einfach nur um Monster, oder lassen sich selbst bei solch extremen Verhaltensweisen ein Motiv bzw. bestimmte seelische Voraussetzungen für die Gewalt ergründen?
Wie Gewalt im Kopf, wie Fantasien über Gewalt entstehen, wie es dazu kommt, dass sie schließlich in die Ausübung von Gewalt münden darum soll es in diesem Buch gehen. Dabei wird das komplizierte Zusammenwirken vorangehender, oft prägender Lebenserfahrungen, psychischer Dispositionen und sozialer und situativer Einflussfaktoren aus unterschiedlichen Blickwinkeln beleuchtet.
Der Leser wird in verständlicher Weise über das in menschlichen Gesellschaften allgegenwärtige Phänomen Gewalt aufgeklärt. Durch ein umfassenderes Verständnis des Problems und der psychischen Mechanismen, die Gewalt bedingen, soll er in die Lage versetzt werden, zu einer rationaleren Diskussion in der Öffentlichkeit beizutragen. Es besteht nämlich beim Thema Gewalt immer die Gefahr, dass es uns ebenso ängstigt wie fasziniert und wir emotional so ergriffen werden, dass vernünftige Überlegungen, wie der Gewalt zu begegnen sei, von Angst, Wutgefühlen, Rachebedürfnissen und Vergeltungswünschen über lagert werden.
Trotz des schwierigen und komplexen Themas soll dieses Buch nicht trocken und zu theoretisch ausgerichtet, sondern interessant und spannend zu lesen sein und dem Leser auch mögliche praktische Anwendungen aufzeigen, wie Gewalt wirksam begrenzt werden kann. Diesem Ziel dient folgende Vorgehensweise: Zum einen werden die wichtigsten Gewaltmechanismen anhand populärer Filme dargestellt und erläutert. Zum zweiten illustrieren in den meisten Kapiteln Fallbeispiele aus der beruflichen Tätigkeit des Autors die diskutierten Probleme. Schließlich werden am Ende jedes Kapitels die wichtigsten Überlegungen zusammengefasst und daraus Konsequenzen für den Umgang mit Gewalt abgeleitet: Wie kann das Verstehen der zugrundeliegenden Mechanismen zu einem wirksamen Begrenzen der Gewalt im Einzelfall führen? Und wie kann es vor allem konkrete und umsetzbare Hinweise auf notwendige Veränderungen in der gesellschaftlichen Diskussion und Praxis geben?
Zunächst zu den Filmen: Sie ergreifen uns affektiv und lassen uns die Gefühle der dargestellten Protagonisten miterleben. Im Vergleich zu Werken aus der Literatur oder der bildenden Kunst und Fotografie entfalten sie eine besondere Wucht, indem sie Bild, Bewegung, Sprache und Musik kombinieren, sodass ein dichtes Gewebe von Sinneseindrücken entsteht, denen sich unsere Psyche oft kaum entziehen kann. In Filmen ist es außerdem möglich, unsere innere Welt der Fantasie, unsere Phantasmen, in sichtbarer Form in der Außenwelt abzubilden und uns für einen Moment fast vergessen zu lassen, dass sie nicht zur Realität geworden sind. Als Artefakte, vom Menschen gemacht, erlauben Filme eine Vereinfachung der Verhältnisse, und häufig arbeiten sie damit, dass die Protagonisten holzschnittartig in ihrer Psychologie in Szene gesetzt werden. Das mag zuweilen plump wirken, wenn es jedoch gut gemacht ist, werden die zugrundeliegenden psychischen Mechanismen umso schärfer und eindrucksvoller herausgearbeitet. Dies ist einer der Gründe, weswegen ich mich in meinen Überlegungen zu den psychischen Mechanismen der Gewalt vielfach auf sehr erfolgreiche Filme beziehe. Viele meiner Leser werden diese Filme kennen und können das, was ich erläutere, aus eigener Anschauung beurteilen.
Filme sind trotz einer gigantischen Werbeindustrie, die die großen Kinoereignisse populär macht, nur dann erfolgreich, wenn es ihnen gelingt, die Gefühle vieler Menschen anzusprechen. Dies setzt voraus, dass die über die Geschichten transportierten Affekte bei den Zuschauern bereitliegende Gefühle abrufen. Wenn es dem Drehbuchautor, dem Regisseur, den Schauspielern und den Kameraleuten gelingt, intuitiv etwas davon einzufangen und in Szene zu setzen, wie wir Menschen Gefühle erleben und verarbeiten, funktioniert der Film. Diese Korrespondenz zwischen dem intuitiven Erfassen seelischer Mechanismen, ihrer grandiosen Inszenierung im Film und der Resonanz im Zuschauer geschieht weitgehend jenseits rational gesteuerter Prozesse, also zu großen Teilen unbewusst. Der Erfolg eines Filmes sagt allerdings nicht unbedingt etwas über seine künstlerische Qualität aus. Ich bin jedoch davon überzeugt, dass Filme nur dann erfolgreich sind und von vielen Menschen gesehen werden, wenn sie auf irgendeiner Ebene Menschen in ihren seelischen Prozessen zu berühren und zu faszinieren vermögen.
Filme eröffnen uns den Zugang zu einem »Zwischenreich der Fantasie«, wie Freud dies ausdrückte (1916 1917), bzw. einem Zwischenbereich zwischen innerer Erlebniswelt und realer äußerer Welt, einem »intermediären Bereich«, wie es der berühmte englische Kinderarzt und Psychoanalytiker Donald W. Winnicott 1971 formulierte. Reinhart Lempp, der sich intensiv mit jugendlichen Gewalttätern beschäftigte, sprach 2003 in diesem Zusammenhang von der »Nebenrealität«. Er wies darauf hin, dass wir alle, Kinder noch stärker als Erwachsene, zunehmend durch die Bildmedien der modernen Welt in unseren Nebenrealitäten geprägt werden. Diese Nebenrealitäten haben eine entlastende Funktion, da sie uns zeitweise von der Mühsal des Alltags befreien und unsere Abwehr gegen diffuse Ängste in einer zunehmend komplexeren Welt unterstützen. Sie können aber auch gefährlich werden, wenn sie übermächtig werden und die Hauptrealität zu verdrängen beginnen.
Di…