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Der politische Raum jenseits des Staates ist in den vergangenen Jahrzehnten zum Schauplatz folgenreicher Prozesse der Verfassungsbildung geworden. Markus Patberg argumentiert, dass der globale Konstitutionalismus mit Problemen der Usurpation einhergeht. Diese können überhaupt erst erkannt und einer Lösung zugeführt werden, wenn man die Kategorie der verfassunggebenden Gewalt für die suprastaatliche Ebene neu entwickelt. Im Zentrum seiner Studie steht die Frage, wie ein legitimer Modus der Autorisierung konstitutioneller Normsetzung aussehen könnte.
»Usurpation und Autorisierung ist ein rundum gelungenes, nicht nur lesbares, sondern auch lesenswertes Buch. Markus Patberg geht die großen Theoriefragen postnationaler Verfassungspolitik mit viel Ehrgeiz und Umsicht an. Durch eine Kombination aus beeindruckender Belesenheit, konziser Kritik und durchweg konsistenter Theoriekonstruktion erschließt er der Internationalen Politischen Theorie ein ganzes Forschungsfeld. Das Werk hat dadurch wegweisenden Charakter.« Christian Kreuder-Sonnen, Soziopolis »Der Reiz der Untersuchung [besteht] darin, dass sie die verfassunggebende Gewalt einerseits demokratietheoretisch revitalisiert und einen Vorschlag entwickelt, sie in ein Modell der Institutionalisierung zu überführen. Allein schon aufgrund der instruktiven Systematisierung der gegenwärtigen internationalen Debatte um verfassunggebende Gewalt diesseits und jenseits des Staates hält die Studie eine Fülle an interessanten Überlegungen bereit.« Verena Frick, Politische Vierteljahresschrift, 17.07.2019
Autorentext
Markus Patberg, Dr. phil., ist wissenschaftlicher Mitarbeiter am Fachbereich Sozialwissenschaften der Universität Hamburg.
Leseprobe
Vorwort Dieses Buch ist das Ergebnis einer langjährigen Auseinandersetzung mit dem Thema der verfassunggebenden Gewalt jenseits des Staates. Zu Beginn eines (politik-)wissenschaftlichen Projekts ist nicht immer absehbar, ob die ursprüngliche Relevanz einer Fragestellung den Zeitläuften standhalten wird. Auch wenn sich in dieser Einschätzung vielleicht lediglich meine Betriebsblindheit offenbart, scheint mir das Problem der demokratischen Legitimität suprastaatlicher Verfassungspolitik angesichts von Entwicklungen wie den Auseinandersetzungen über Freihandelsabkommen wie TTIP und CETA, der technokratischen Neuausrichtung der EU während der Eurokrise oder der wachsenden Kritik am Internationalen Strafgerichtshof heute dringlicher denn je. Bei ihren Versuchen, konstitutionelle Ordnungen auf der suprastaatlichen Ebene zu errichten oder zu erhalten, treffen Regierungen zunehmend auf partizipationsorientierten Widerstand der Zivilgesellschaft. Zuletzt hat das Brexit-Referendum die Bürgerinnen der in der EU verbleibenden Staaten mit der Frage konfrontiert, wie sich die Zukunft der europäischen Integration nach dem Austritt des Vereinigten Königreichs gestalten sollte. Diese Studie ist dem Problem gewidmet, wie sich suprastaatliche Verfassungspolitik als eine Praxis von freien und gleichen Bürgern gestalten ließe. Ihr zentraler Beitrag liegt darin, die Vorstellung eines suprastaatlichen pouvoir constituant einzuführen. Das Buch ist aus meiner Dissertation hervorgegangen, die ich im Februar 2016 an der Fakultät für Wirtschafts- und Sozialwissenschaften der Universität Hamburg eingereicht und im darauffolgenden Juli verteidigt habe. Mein erster Dank gilt Peter Niesen, der das Projekt als Betreuer auf jede erdenkliche Weise gefördert hat. Auch wenn er nicht allen Aussagen des Buchs zustimmt, wird die kundige Leserin seinen Einfluss wohl auf jeder Seite ausmachen können. Meine Anstellungen als wissenschaftlicher Mitarbeiter an seinen Professuren, erst an der TU Darmstadt (2011-2012) und später an der Universität Hamburg (2013-2016), haben mir die Durchführung des Vorhabens ermöglicht und das akademische Umfeld geboten, in dem das Buch entstehen konnte. Ebenfalls eine wichtige Rolle gespielt hat die Förderung der Studienstiftung des deutschen Volkes, die mich bereits während des Studiums und anschließend mit einem Promotionsstipendium unterstützt hat. Mein Interesse an konstituierender Gewalt jenseits des Staates geht auf das Gesellschaftswissenschaftliche Kolleg "Gesellschaft und Staat im Wandel" zurück (2009-2011), wo ich Mitglied der von Bardo Fassbender und Angelika Siehr geleiteten Arbeitsgruppe "Die Umgestaltung des Völkerrechts zum Verfassungsrecht der internationalen Gemeinschaft" sein durfte. Bei der Ausarbeitung des methodischen Vorgehens habe ich von einem Forschungsaufenthalt am University College London (2012-2013) profitiert, wobei mein Dank meinem Gastgeber Richard Bellamy sowie Laura Valentini gilt, die den Kurs "Methods for PhD Students in Political Theory" koordiniert hat. Besonders danken möchte ich zudem Jürgen Habermas, der sich Zeit für zwei ausführliche Gespräche über rationale Rekonstruktion und verfassunggebende Gewalt in der Diskurstheorie des demokratischen Rechtsstaats genommen hat. Wichtige Anregungen habe ich außerdem von Antje Wiener erhalten, der Co-Betreuerin meiner Dissertation im Rahmen der Graduate School, sowie von Michael Zürn und Bill Scheuerman, die das Zweit- und Drittgutachten angefertigt haben. Von großer Hilfe waren auch die unzähligen Kommentare, die ich bei Kolloquien, Workshops und Konferenzen erhalten habe, unter anderem von Jelena von Achenbach, Friedrich Arndt, Jan Pieter Beetz, Jan Brezger, Hauke Brunkhorst, Andreas Busen, Simone Chambers, Ben Crum, Detlef von Daniels, Dorothea Gädeke, Felix Gerlsbeck, Eva Hausteiner, Daniel Jacob, Regina Kreide, Joseph Lacey, Bernd Ladwig, Mattias Kumm, Ingeborg Maus, Kolja Möller, Luise Müller, Antoinette Scherz, Cord Schmelzle, Maximilian Schormair, Kahraman Solmaz, Jens Steffek, Thorsten Thiel, Frieder Vogelmann, Christian Volk, Hans Vorländer, Alexander Weiß und Christopher Zurn. Beim Korrekturlesen hat mich Gilbert Knies unterstützt. Auch allen anderen, die mir in diesem Moment nicht einfallen, danke ich herzlich. Getreu der Regel, dass die bedeutendste Person am Ende genannt wird, können diese Ausführungen nur mit Svenja Ahlhaus enden, die nicht nur in akademischer Hinsicht meine wichtigste Gesprächspartnerin ist. 1. Einleitung: Konstitutionalisierung zwischen Usurpation und Autorisierung Die Idee der verfassunggebenden Gewalt wird heute weithin für überholt gehalten. Die vermeintlich paradoxale und mythische Kategorie erscheint ungeeignet, um das Verhältnis zwischen Bürgern und Verfassung in modernen demokratischen Rechtsstaaten legitimitätstheoretisch zu bestimmen. Die zunehmende Verlagerung politischer Entscheidungstätigkeit auf die Ebene jenseits des Staates ist nur geeignet, diesen Eindruck zu festigen. Wenn die Vorstellung einer konstituierenden Gewalt bereits mit Blick auf innerstaatliche Zusammenhänge verzichtbar zu sein scheint, wie sollte ihr dann Bedeutung für die Analyse politischer Prozesse zukommen, die sich zwischen verfassten Gemeinwesen abspielen? Die Ausgangsintuition der vorliegenden Untersuchung ist, dass diese Skepsis völlig fehlgeleitet ist. Der politische Raum jenseits des Staates ist in den vergangenen Jahrzehnten zum Schauplatz folgenreicher Prozesse der Verfassungsbildung geworden, in denen die Bedingungen der Ausübung öffentlicher Gewalt modifiziert werden. Dieses empirische Phänomen impliziert demokratietheoretische Probleme, die überhaupt erst vollständig freigelegt und einer Lösung zugeführt werden können, wenn die Internationale Politische Theorie (IPT) die Idee der konstituierenden Gewalt für die suprastaatliche Ebene neu entwickelt. Unter einer Verfassung wird konventionell die rechtliche Grundordnung eines politischen Systems verstanden. Der Zweck konstitutioneller Normen liegt darin, Träger öffentlicher Gewalt einzurichten und die regulierte Bearbeitung gesellschaftlicher Problemlagen zu ermöglichen. Als Verfassungspolitik können diejenigen Prozesse gelten, in denen die Spielregeln kollektiv verbindliche…