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Wie kann Bindungstheorie dazu beitragen, therapeutische Prozesse besser zu verstehen? Warum nützt das den Patienten und bereichert das evidenzbasierte Vorgehen? Diese Fragen stehen im Fokus des vollständig auf empirische Befunde gestützten Buches. Jeremy Holmes stellt das Mentalisierungskonzept vor und untersucht wichtige Komponenten einer effizienten therapeutischen Arbeit.
»Für dieses 2010 unter dem englischen Titel Exploring in Security veröffentlichte und nun ins Deutsche übersetzte Buch erhielt J. Holmes 2010 den angesehenen Goethe Award for Psychoanalytic and Psychodynamic Scholarship der kanadischen psychologischen Gesellschaft.«
C. E. Scheidt, Psyche, November 2013
Wie man bindungstheoretische Erkenntnisse klinisch anwenden und Bindungssicherheit effizient herstellen kann, zeigt der Autor
für die Beendigung von Therapien.
Die Ausführungen sind durchweg mit klinischem Material, persönlichen Erfahrungen des Autors und Beispielen aus der Literatur und der Filmwelt illustriert.
Dieses Buch richtet sich an:
Autorentext
Jeremy Holmes, ist Psychiater, Psychoanalytiker und Visiting Professor an der Universität von Exeter/Großbritannien. Er ist Preisträger des renommierten Bowlby-Ainsworth-Awards für seine Beiträge zur Bindungsforschung.
Leseprobe
VORWORT ZUR DEUTSCHSPRACHIGEN AUSGABE VON KLAUS GROSSMANN
Jeremy Holmes gehört zu den ersten Psychotherapeuten, die den Nutzen von John Bowlbys Bindungstheorie für klinisches Arbeiten mit Patienten erkannt haben. 1993 erschien seine mehrfach nachgedruckte Darstellung der Bindungstheorie unter dem Titel John Bowlby und die Bindungstheorie. Das vorliegende Buch ist nun sein sehr lesenswerter Erfahrungsbericht nach weiteren 20 Jahren psychotherapeutischer Arbeit auf der Basis dieses Wissens. Holmes gliedert sein Buch in Prinzipien und Praxis. Die Prinzipien in Teil 1 zeigen, wie bindungstheoretisches Wissen psychotherapeutisches Tun vertieft und in einen stimmigen anthropologischen Zusammenhang bringt. »Mentalisieren«, sprachlich mitteilbare Gefühle, und wie sie das eigene Dasein beeinflussen, das steht dabei im Mittelpunkt. Das »Mutmaßen« (Assuming, Kap. 1) darüber ist empirisch fundiert, aktuell und leicht nachvollziehbar. Inzwischen weithin bekannte Forschungsmethoden, wie z. B. die Fremde Situation, werden nicht mehr ausführlich behandelt. Auch der Rekurs auf Bowlby als Autor der Bindungstheorie und auf Ainsworth, die Begründerin der empirischen Bindungsforschung, sind spärlich, weil inzwischen etabliert. Stattdessen werden die wesentlichen Einflüsse auf die durch die Bindungstheorie veränderten Wahrnehmungen von Anpassungsstörungen an ausgewählten Fallbeispielen dargestellt und im Zusammenhang mit Theorien von Bion, Winnicott, der frankophonen Psychoanalyse und der Entwicklungspsychopathologie erörtert. Dies geschieht im 2. Kapitel, »Mentalisieren«, auf anschauliche Weise. Einflüsse auf die Entwicklung mehr oder weniger adaptiver Fähigkeiten zum Mentalisieren werden in den Kapiteln 3 »Binden« und offene Kommunikation, und 4, »Bedeuten«, der Schritt zu geteilten Vorstellungen als gemeinsame Erarbeitung autobiographischer Kompetenz, beschrieben. Dies erfordert einige Konzentration des Lesers, die sich auszahlt.
Das therapeutisch angestrebte »Verändern« (Kap. 5) stützt sich zwar auf psychoanalytische Gedanken, gründet sich aber eindeutig auf Winnicotts spielerischer Kreativität, die in der bindungstheoretisch belegten Freiheit zu physischer und geistiger Exploration ihre empirisch fundierte Fortführung gefunden hat. Dazu gehört auch das »Reparieren« (Kap. 7), z. B. im Zusammenhang mit der Mutter-KindKommunikation, deren Gestörtheit nachweislich zu beeinträchtigender Desorganisation und zu Traumatisierung führen kann ein wesentlicher Erkenntnisgewinn durch die dargestellten Prinzipien. »Befähigen« (Kap. 6) und »Reparieren« einer belasteten Beziehung (Kap. 7) betonen die kraftvolle Fähigkeit zum Erkunden der Welt sicherer Individuen. Im Mittelpunkt steht das »triangulierende Mentalisieren«, also die Fähigkeit, sich erfolgreich mit der Realität auseinanderzusetzen. Aber: Woher wissen wir, was real ist und was eingebildet, obwohl die Wirklichkeit immer durch den Geist gefiltert wird (das Paradox Kants)? »Die Realität von Therapie gestaltet sich allerdings weit komplexer und facettenreicher, als Theoretiker uns glauben machen wollen« (S. 121); Psychotherapie führt über mehrere Mechanismen zur Stärkung des Selbst. Dabei geht es auch darum, die besten Worte in der besten Reihenfolge zu finden, eine Domäne »poetischer« Literatur (Kap. 8: »Poetisieren«). Diese ist wichtig im Zusammenhang mit den kommunikativen Veränderungen von Mentalisierungen im Prozess psychologisch-analytischer Therapie. Psychische Sicherheit zeigt sich hauptsächlich in der Kohärenz der Geschichten (Narrativa) über sich und die eigene soziale Welt, vor allem bei dem angemessenen Wunsch nach menschlicher Nähe. Die Kehrseite von Bindung, Verlust, kann nur mentalisierend durch die Reparatur verlustbedingter belastender Konflikte bearbeitet werden, wodurch es gelingen kann, konstruktive internale Kohärenz zu erlangen. In der Kindheit beeinträchtigen solche und andere Brüche in der Feinfühligkeit und in der gemeinsamen Sprache die Fähigkeit zum Mentalisieren so stark, dass über zufällig häufig Symptome auftreten, die Borderline-Persönlichkeitsstörungen kennzeichnen.
Teil 2 heißt »Praxis« und behandelt die Sexualität, Borderline-Störungen, den Suizid und Selbstverletzungen, das Träumen und das Beenden von Therapien. Kap. 9, »Sex mögen«, betrachtet Sexualität als »hedonische Intersubjektivität«. Erst kommt die Bindungsentwicklung, dann die sexuelle Entwicklung. Erfolgreiche Sexualität bedeutet optimale Partnerwahl, realitätsnahe Wahrnehmung der Intentionen und Qualitäten möglicher Partner durch Mentalisierung und die Fähigkeit zum wechselseitigen Genuss. Idealerweise führt die Entwicklung sexueller Attraktivität in eine langfristige Bindung mit der Folge einer gemeinsamen elterlichen Investition in Nachkommen. Dazu hatte die Bindungsforschung bislang wenig zu sagen. Kap. 10 über »Borderline« (»Grenzgänger sein«) und 11 (»Suizid und Selbst-Verletzen«) stiften bindungspsychologische Zusammenhänge, die das Verständnis des psychischen Geschehens erhellen. Bei diesen Ausführungen zahlt es sich aus, auch den ersten Teil des Buches gelesen zu haben. Das trifft ebenfalls auf die Kap. 12 »Träumen« und Kap. 13 »Beenden« zu. Der Epilog fasst das Konzept einer bin dungstheoretisch informierten Psychotherapie in zehn Punkten zusammen.
Welchen Einfluss haben die Erkenntnisse der Bindungsforschung? Das Wissen um diese Prozesse kann das Mentalisieren von Therapeuten und die Qualität ihrer Beziehung mit ihren Patienten tiefgreifend verändern. Warum und wie, das vermittelt uns Jeremy Holmes nach lebenslangen Erfahrungen im Rahmen bindungstheoretischen Wissens auf überzeugende Weise.
VORWORT
In den letzten zehn Jahren hat sich sehr viel getan für Forscher und Praktiker, die sich intensiv mit Bindung beschäftigen. Bedeutende Fortschritte auf theoretischer und empirischer Ebene sind zu verzeichnen. Mehrere bahnbrechende Arbeiten sind erschienen, die neueste wissenschaftliche Erkenntnisse und klinische Anwendungen zusammenführen (Cassidy und Shaver 2008; Wallin 2007; Fonagy et al. 2002; Brisch 2010; Carter et al. 2005; Obegi und Berant 2008). Besonders das Konzept der Mentalisierung (ausführlich erörtert in Kapitel 2) mit weitreichenden Auswirkungen auf die gesamte Psychothe…