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Mit den 1970er Jahren erschließen sich für die Geschichtswissenschaft neue Untersuchungsperspektiven: Begriffe wie »Individualisierung«, »Pluralisierung« oder »Entnormativierung« sind zur Selbstbeschreibung genutzt worden. Wie lassen sich diese Selbstbeobachtungen historisieren? Braucht die historische Forschung ein erweitertes Instrumentarium? Lassen es die Veränderungen zu, von einer »Nachmoderne« zu sprechen? Diese Fragen führen italienische und deutsche Wissenschaftler im vorliegenden Band weiter.
Schon seit geraumer Zeit beschäftigt sich die Geschichtswissenschaft mit der Zeit seit den 1970er Jahren und erschließt sich somit die jüngste Vergangenheit. Daraus ergeben sich neue Untersuchungsperspektiven, aber auch vielfältige heuristische Herausforderungen: Zentrale Beobachtungskategorien wie »Individualisierung«, »Pluralisierung« oder »Entnormativierung« sind stark durch die zeitgenössische sozialwissenschaftliche Prägung der Begriffe beeinflusst. Wie lassen sich diese und andere Vokabeln der Selbstbeobachtung historisieren? Braucht die historische Forschung darüber hinaus ein erweitertes Instrumentarium zur Erforschung dieser Jahrzehnte? Und nicht zuletzt: Deuten die zu beobachtenden Veränderungen auf eine Zäsur hin, die es erlaubt, die »Moderne« abzuschließen und von einer »Nachmoderne« zu sprechen? Diese und andere Fragen greifen italienische und deutsche Historiker und Sozialwissenschaftler auf und versuchen mit empirischen und theoretisch-methodischen Beiträgen, die Debatte zu befruchten.
Autorentext
Thomas Großbölting, geb. 1969, Professor für Neuere und Neueste Geschichte an der Universität Münster, hat nach einem Studium der Geschichte, der kath. Theologie und der Germanistik in Münster, Bonn und Rom an den Universitäten Münster, Magdeburg, Toronto wie auch als Leiter der Abteilung Bildung und Forschung in der Stasiunterlagenbehörde (Berlin) gearbeitet. Forschungsschwerpunkte sind die Geschichte der Bundesrepublik, der DDR, die europäische Erinnerungskultur wie auch die religiöse Zeitgeschichte. Jüngste Veröffentlichung: »Der verlorene Himmel. Glaube in Deutschland seit 1945«, Göttingen 2013. Massimiliano Livi, geb. 1974, Dozent für Neuere und Neueste Geschichte an der Universität Münster, hat in Perugia, Münster und Mainz studiert. Nach den Promotionen in der Soziologie (2005) und in der Geschichte (2009) ist er seit 2009 Projektleiter im Exzellencluster Religion und Politik in Münster. 2013 wurde er in Italien habilitiert. Seine Forschungsschwerpunkte sind die politische und Kulturgeschichte Italiens im 20. Jahrhundert, die Transformationen von Parteien und politischen Systemen im 20. Jahrhundert sowie Gender- und Frauengeschichte. Seine jüngste Monographie: »Führerinnen del Terzo Reich«, Münster 2012. Carlo Spagnolo, geb. 1961, ist Professor für Neuere und Neueste Geschichte an der Università degli studi di Bari. Er promovierte am European University Institute in Fiesole. Er hat u.a. in Bari, Bielefeld, Lüttich, Mailand und Münster geforscht und gelehrt. Er ist Mitglied des Wissenschaftlichen Beirats der Fondazione Istituto Gramsci (Rom) und des Editorial Boards der Zeitschriften »Ricerche Storiche« und »Ricerche di storia politica«. Seine wichtigsten Veröffentlichungen thematisieren den Wiederaufbau Europas nach 1945, den Marshall-Plan und die europäische Integration.
Klappentext
Schon seit geraumer Zeit beschäftigt sich die Geschichtswissenschaft mit der Zeit seit den 1970er Jahren und erschließt sich somit die jüngste Vergangenheit. Daraus ergeben sich neue Untersuchungsperspektiven, aber auch vielfältige heuristische Herausforderungen: Zentrale Beobachtungskategorien wie »Individualisierung«, »Pluralisierung« oder »Entnormativierung« sind stark durch die zeitgenössische sozialwissenschaftliche Prägung der Begriffe beeinflusst. Wie lassen sich diese und andere Vokabeln der Selbstbeobachtung historisieren? Braucht die historische Forschung darüber hinaus ein erweitertes Instrumentarium zur Erforschung dieser Jahrzehnte? Und nicht zuletzt: Deuten die zu beobachtenden Veränderungen auf eine Zäsur hin, die es erlaubt, die »Moderne« abzuschließen und von einer »Nachmoderne« zu sprechen? Diese und andere Fragen greifen italienische und deutsche Historiker und Sozialwissenschaftler auf und versuchen mit empirischen und theoretisch-methodischen Beiträgen, die Debatte zu befruchten.
Inhalt
Thomas Großbölting, Massimiliano Livi und Carlo Spagnolo Einleitung 1. Teil: Interpretationskategorien Carlo Spagnolo Die Postmoderne als historiographischer Begriff. Beobachtungen zum Übergang in das Schuldenzeitalter Paolo Pombeni Moderne/Postmoderne. Überlegungen zu einer Debatte am Beispiel der politischen Geschichte der jüngsten Vergangenheit Paolo Jedlowski Die Moderne in vielen Formen Lutz Raphael Das Konzept der »Moderne«. Neue Vergleichsperspektiven für die deutsch-italienische Zeitgeschichte? Detlef Siegfried Ist jeder seines Glückes Schmied? Die Historisierung des Individualisierungsparadigmas Frank Bösch Grenzen der Individualisierung. Soziale Einpassungen und Pluralisierungen in den 1970/80er Jahren Thomas Großbölting Vom sozialwissenschaftlichen Postulat zur historischen Erforschung des »Wertewandels«. Ein Versuch am Beispiel von Familienwerten und Religion Zweiter Teil: Untersuchungen zum Wertewandel Giovanni Bernardini Die Modernisierung als »höchstes Stadium« der Moderne? Entwicklung und Krise der sozialdemokratischen Ideologie nach dem Zweiten Weltkrieg (19451973) Nicolai Hannig Erforschungen des Gefährlichen. Zur Versicherheitlichung der Natur in den 1970er Jahren Fiammetta Balestracci Politische Macht und soziale Norm im Italien der 1960er und 1970er Jahre Massimiliano Livi Die Stämme der Sehnsucht: Individualisierung und politische Krise im Italien der 1970er Jahre Roberta Sassatelli Konsum und neue kommerzielle Strukturen der Individualisierung. Das moderne Fitnessverständnis Olga Sparschuh Konsumverhalten und Wertvorstellungen italienischer Arbeitsmigranten in Turin und München Massimiliano Livi Moderne und Postmoderne: Eine thematische Bibliographie Namensregister Verzeichnis der Autorinnen und Autoren