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Das politische System der römischen Republik war durch zwei Spannungsfelder gekennzeichnet: Da es keinen Geburtsadel gab, sondern gesellschaftlicher Rang durch politische Betätigung erst erworben werden musste, bestand ein Konkurrenzkampf unter den Mitgliedern senatorischer Familien. Diesem stand die Herstellung von Entscheidungen durch Konsens gegenüber, d.h. durch Verhandlungen, die mit weitgehender Einmütigkeit enden mussten. Vertrauen in das Gegenüber wie in die Leistungsfähigkeit des politischen Systems war eine wesentliche Bedingung für die Gleichzeitigkeit von Konkurrenz und Konsens.
»Der Autor weist eindrucksvoll nach, wie wichtig das Vertrauen in die gemeinsamen Institutionen für die Römer war und wie sehr sie sich auf die republikanischen Tugenden ihrer Mitbürger verließen.«, DAMALS, 07.08.2017 »Wer das [] ungemein kluge Buch studiert, gewinnt nicht nur eine neue Perspektive auf die erstaunlich dauerhafte Stabilität der so merkwürdigen römischen Republik sowie auf ihr Scheitern. Geschärft wird auch der Blick auf gesellschaftliche und politische Entwicklungen in der Gegenwart, feine Beobachtungen eingeschlossen: Wenn Vertrauen öffentlich ausgesprochen wird, ist es damit meist nicht weit her.« Uwe Walter, Frankfurter Allgemeine Zeitung, 25.08.2017 »The undaunted reader will be rewarded with many stimulating ideas and observations, which deserve a place in the current debate about the political culture of the Roman republic and the workings of the Roman elite. Particularly valuable is the acute and perceptive analysis of the political system [], which articulates important new insights into the paradoxical nature of the Roman constitution.« Henrik Mouritsen, Sehepunkte, 15.02.2018 »Timmer's Buch [ist] eine hoch anspruchsvolle und vor theoretischer Gelehrsamkeit strotzende Studie zu einem Thema, das alle Gesellschaften zu allen Zeiten gleichermaßen betrifft. [] Das Buch sei also nicht nur Althistoriker/innen angeraten, sondern allgemein allen Fachkolleg/innen, die mit Vertrauen mehr über eines der größten sozialen Schmiermittel in Gesellschaften erfahren möchten.« Fabian Knopf, H-Soz-Kult, 13.01.2020
Autorentext
Jan Timmer, PD Dr. phil., ist Akademischer Rat auf Zeit an der Universität Bonn.
Leseprobe
Vorwort Bei der vorliegenden Arbeit handelt es sich um die leicht überarbeitete Fassung meiner Habilitationsschrift, die im Sommersemester 2015 von der Philosophischen Fakultät der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn angenommen wurde. Gedankt sei an dieser Stelle den Gutachtern Peter Geiss, Karl-Joachim Hölkeskamp, Winfried Schmitz, Rudolf Stichweh und Konrad Vössing für ihre Mühe und viele weiterführende Hinweise, den Herausgebern für die Aufnahme in die Reihe "Historische Studien", schließlich allen Freunden und Kollegen, die in den letzten Jahren in ganz verschiedener Weise die Entstehung der Arbeit begleitet haben. Bonn, im August 2016 Jan Timmer 1. Einleitung Am Vorabend des Bürgerkrieges, im Dezember des Jahres 50 v.Chr. und ein weiteres Mal am 1. Januar 49 v.Chr., tagte in Rom der Senat, um einen Ausweg aus der verfahrenen Situation zu finden. Der Konflikt zwischen Caesar und Teilen der Senatorenschaft, insbesondere derjenige mit Pompeius, stellte für alle offensichtlich eine ernsthafte Bedrohung für den Frieden dar. Die Möglichkeit eines bewaffneten Konflikts war ebenso greifbar wie von weiten Teilen des Senats und der Bürgerschaft gefürchtet. Den Bürgerkrieg, auf den es hinauslief, wollte niemand. Gefunden werden musste also ein Kompromiss, der den Interessen der Konfliktparteien so weit wie möglich entsprach, sie gleichzeitig wieder in die Bahnen senatorischer Politik, also der Herstellung von Entscheidungen durch Verhandlungen, die mit Einmütigkeit endeten, zurückholte und beiden schließlich die Möglichkeit bot, bei dem Verzicht, der mit jedem Kompromissvorschlag einhergehen musste, ihr Gesicht zu wahren. Chancen für einen solchen Kompromiss wurden durchaus gesehen. So schrieb Cicero am 17. Dezember an seinen Freund Atticus: "Über die res publica bin ich in großer Besorgnis, habe bisher auch kaum jemanden gefunden, der nicht der Meinung gewesen wäre, man solle lieber Caesar gewähren, was er fordere, als es zu einem Kampf auf Leben und Tod kommen zu lassen." Und an anderer Stelle heißt es: "Mich tröstet nur das eine, dass ich ihn, dem sogar seine persönlichen Feinde ein zweites Konsulat und das Glück eine solche Machtstellung gewährt haben, nicht für so verrückt halte, dass er all das aufs Spiel setzt." Eine mögliche Chance auf Einigung lag vor allem darin, dass die beiden Kontrahenten auf ihre Zugriffsmöglichkeiten auf Truppen verzichteten. Diese Lösung schien plausibel, und beide Konfliktparteien formulierten entsprechende Angebote. In einem Brief an den Senat, in dem Pompeius die Leistungen Caesars lobte, erklärte er sich bereit, die Macht, die er ohnehin nur widerstrebend angenommen habe, an den Senat zurückzugeben. Auch auf der Seite Caesars wurde die Option, auf die Legionen zu verzichten, um den Frieden zu wahren, diskutiert. Curio forderte den Truppenverzicht von beiden Protagonisten und setzte zu diesem Thema sogar eine Abstimmung in der oben erwähnten Senatssitzung im Dezember durch. Das Ergebnis war eindeutig. Der Senat, der hierin eine Chance auf Frieden sah, stimmte dem Vorschlag zu. 370 Senatoren votierten für den gleichzeitigen Rücktritt von Pompeius und Caesar, nur 22 stimmten dagegen. Implementiert werden konnte die Entscheidung aber nicht. Einen letzten Versuch unternahm Caesar in der Sitzung vom 1. Januar. Er ließ Curio dem Senat in einem Brief noch einmal sein Angebot überbringen. Nach einer Aufzählung aller seiner Verdienste forderte er, entweder bis zur Wahl seine Provinzen behalten zu können, oder die gleichzeitige Niederlegung des Heeresbefehls durch alle Kommandoinhaber. Ähnlich klingende Kompromissangebote der Protagonisten von Kon-fliktparteien und die Zustimmung weiterer Beteiligter sind grundsätzlich eine gute Ausgangsposition, um am Ende von Verhandlungen auch zu einer Einigung zu gelangen. Zu dieser kam es bekanntlich aber nicht. Am 10. Januar 49 v.Chr. überschritt Caesar den Rubicon und eröffnete damit den Bürgerkrieg. Alle Vorschläge, auf den Zugriff auf Militär zu verzichten, hatten nicht gefruchtet. Es begann ein Krieg, den niemand wollte, aber viele beförderten, den viele erwarteten und der doch alle überraschte, ein Krieg, der schließlich eine Alternative zu einer alternativlos erscheinenden Ordnung bringen sollte. Das letzte Kapitel der Geschichte der römischen Republik hatte begonnen. Die Frage, warum zwischen den Streitparteien kein Kompromiss mehr möglich war und warum sich die Geschichte der Republik auf ihr Ende hin bewegte, lässt sich bekanntlich auf ganz unterschiedliche Art und Weise beantworten. Beginnt man bei den Quellen, so ist zu fragen, ob die Bereitschaft zum Kompromiss überhaupt gegeben war, ob die Akteure also tatsächlich ins Auge fassten, ihre Zugriffschancen auf das Militär in welchem Maß auch immer aufzugeben und sich wieder in die Gemeinschaft des Senats einzuordnen, um den drohenden Bürgerkrieg zu vermeiden, oder ob es sich lediglich um Ablenkungsmanöver handelte, die die Schuld an dem Ausbruch des Konflikts dem jeweiligen Gegner zuschieben sollten. Ebenso ließe sich - für den Historiker selbstverständlich wenig befriedigend - behaupten, dass das Scheitern der Suche nach einer Einigung weitgehend Zufall war, durchaus Einigungsmöglichkeiten vorhanden waren, die durch kontingente Ereignisse - zu denken wäre etwa an die schwere Krankheit des Pompeius im Sommer / Herbst 50 v.Chr., die zum einen Verhandlungen mit Caesar erschwerte, zum anderen durch die Dankfeste, die seine Gesundung begleiteten, diesem einen unzutreffenden Eindruck vom Rückhalt, den er in Italien genoss, vermittelten - nicht wahrgenommen werden konnten. In der Per-spektive der klassischen Politikgeschichte müsste mit dem Wirken großer Männer - …