Nach dem Anschluss im März 1938 traten 70-80% der Lehrkräfte des neu errichteten Gaues Tirol-Vorarlberg der NSDAP bei. Die Gründe dafür lagen in der Beseitigung der hohen Lehrerarbeitslosigkeit, der Eröffnung von Karrieremöglichkeiten und in der Ausübung eines massiven Druckes auf die Lehrerschaft, die sich umfangreicher Säuberungsmaßnahmen ausgesetzt sah. Dem aufrechten Gang einzelner standen allzu viele LehrerInnen gegenüber, die ihr Heil in Opportunismus, Unterwürfigkeit und freudiger Pflichterfüllung suchten. Weitere Schwerpunkte des Buches bilden die Zerschlagung des katholischen Schulwesens, die Ideologisierung des Lehrplanes, die Militarisierung der Unterrichtsinhalte und die verheerenden Auswirkungen des Krieges auf die SchülerInnen. Darüber hinaus zeigt der Autor eindrucksvoll auf, dass das Erbe des Austrofaschismus und Nationalsozialismus die Schule in Tirol und Vorarlberg nach 1945 sowohl inhaltlich als auch personell geprägt hat.

Autorentext
Horst Schreiber, Mag. phil., Dr. phil., Dozent am Institut für Zeitgeschichte der Universität Innsbruck; Lehrer für Geschichte und Französisch am Abendgymnasium Innsbruck; Leiter von erinnern.at Tirol, Institut für politisch-historische Bildung über Holocaust und Nationalsozialismus des BMBWF; Obmann der Michael-Gaismair-Gesellschaft, Herausgeber der Studien zu Geschichte und Politik sowie der Reihe Nationalsozialismus in den österreichischen Bundesländern; Mitherausgeber der Gaismair-Jahrbücher und der sozialwissenschaftlichen Reihe transblick.www.horstschreiber.at; www.erinnern.at; www.heimkinder-reden.at

Klappentext

Die erste derart umfassende, auf breites Quellenstudium basierende Schulgeschichte zur NS-Zeit eines Bundeslandes in Österreich stellt akribisch die personellen Umgestaltungsprozesse in Schulaufsichtsbehörde, bei Direktoren und Lehrkräften dar und zeigt auf, wie es den Machthabern gelang, durch Säuberungen, Druck, Drohungen, aber auch durch die Gewährung von Vergünstigungen, Karrierechancen und Beseitigung der Arbeitslosigkeit den Lehrerstand fast völlig zu nazifizieren. Der Umstand, daß in Tirol-Vorarlberg 70-80 % der Lehrkräfte in die NSDAP eingetreten waren, wird eingehend analysiert, wobei auch die Widerständigkeit einzelner aufrechter LehrerInnen nicht vernachlässigt wird. Neben der Zerschlagung des katholischen Schulwesens, den Veränderungen bei den Lehrplänen und der Schulorganisation wird auch auf die praktischen Auswirkungen der Rassenlehre anhand des Schicksals jüdischer SchülerInnen und HilfsschülerInnen eingegangen. Besonderes Augenmerk schenkt der Autor der Militarisierung von Schule und Unterricht (Wehrgeistige Erziehung, Anwerbung für Wehrmacht und SS, Instrumentalisierung durch die HJ, Kinderlandverschickung, Auswirkungen des Bombenkrieges u.ä.). Ein besonderer Vorzug des Buches besteht darin, die schwierige Situation für den Wiederaufbau der Schule in den ersten Nachkriegsjahren aufzuzeigen und dabei auch das Erbe des "Ständestaates" und Nationalsozialismus im inhaltlichen, ideologischen und personellen Bereich nachzuweisen. "Schreiber nennt die Namen, belegt in Statistiken die Unterdrückung durch das Regime und die Anpassungsbereitschaft des Lehrkörpers ...Trotz der vielen Zitate, Daten und genannten Jahreszahlen ist das Werk spannend zu lesen und nicht im trockenen Geschichtsdeutsch gehalten." S. Krabichler, Blickpunkt extra. "Von besonderem Interesse ist die Publikation dort, wo sie sich mit Kontinuitäten und Brüchen bis in die zweite Republik beschäftigt." Der Standard.