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Die vorliegende Studie setzt sich zunächst mit der Etymologie des Begriffs "geistige Behinderung" auseinander. Dabei geht es um den Wandel der Bezeichnungen, mit denen sie umschrieben wurde und wird. Auch die Diskussion um die moralisch richtige Verwendung der Termini kommt zur Sprache. Die drei folgenden Kapitel erhellen den Umgang mit geistiger Behinderung. Schlagworte wie religiös motivierte Verfolgung, Hospitalisierung, Schamanentum und Ausgrenzung kennzeichnen nur einige Aspekte dieser Passagen. Hier werden historische Zeugnisse aus dem europäischen Kulturkreis erschlossen, Beschreibungen des Umgangs in verschiedenen Weltreligionen und Ethnien herangeführt und das Heute in der "westlich" geprägten Kultur beleuchtet. Im Anschluss wird die Situation für geistig Behinderte in der Bundesrepublik Deutschland angesprochen und zu guter Letzt folgen interessante Beispiele mit dem "Blick von Innen". Diese Studie soll Anknüpfungspunkt für die Beschäftigung mit gesellschaftlich relevanten Themen wie Integration und Inklusion sein.
Autorentext
Friederike Frach ist Kulturwissenschaftlerin und Autorin. Sie beendete ihr Magisterstudium an der Humboldt-Universität zu Berlin in den Bereichen Kulturwissenschaft, Musikwissenschaften und Medienwissenschaften. 2012 wurde sie mit einem zeithistorischen Thema promoviert, dessen Grundlage die Theorie der Erinnerungsorte nach Pierre Nora war. Momentan arbeitet sie als Dozentin für wissenschaftliches Schreiben, Medientheorie und Zielfindung; außerdem ist sie Wissenschaftliche Mitarbeiterin an einer Medienhochschule.
Klappentext
Die vorliegende Studie setzt sich zunächst mit der Etymologie des Begriffs geistige Behinderung auseinander. Dabei geht es um den Wandel der Bezeichnungen, mit denen sie umschrieben wurde und wird. Auch die Diskussion um die moralisch richtige Verwendung der Termini kommt zur Sprache. Die drei folgenden Kapitel erhellen den Umgang mit geistiger Behinderung. Schlagworte wie religiös motivierte Verfolgung, Hospitalisierung, Schamanentum und Ausgrenzung kennzeichnen nur einige Aspekte dieser Passagen. Hier werden historische Zeugnisse aus dem europäischen Kulturkreis erschlossen, Beschreibungen des Umgangs in verschiedenen Weltreligionen und Ethnien herangeführt und das Heute in der westlich geprägten Kultur beleuchtet. Im Anschluss wird die Situation für geistig Behinderte in der Bundesrepublik Deutschland angesprochen und zu guter Letzt folgen interessante Beispiele mit dem Blick von Innen . Diese Studie soll Anknüpfungspunkt für die Beschäftigung mit gesellschaftlich relevanten Themen wie Integration und Inklusion sein.
Leseprobe
Textprobe:
Kapitel 5, Zur Situation geistig Behinderter in der Bundesrepublik Deutschland:
Von der Kindheit bis zum Erwachsenenalter werden geistig Behinderte mit Integrationsversuchen und Ausgrenzungen konfrontiert. Wie sieht die Situation in unserem Land aus?
5.1, Geistig behinderte Kinder:
5.1.1, Der Elementarbereich:
Im Kindergartenalter ist die Integration aller behinderten Kinder Normalität geworden. Für 1998 wurde vom Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung eine vorschulische Integrationsquote von nahezu 50% festgestellt. Die Tendenz bewegt sich heute zu einer vollständigen Integration. Inzwischen nehmen auch Sonderkindergärten selbstverständlich nicht behinderte Kinder auf.
5.1.2, Während der Schulzeit:
In der Bundesrepublik Deutschland lässt sich die Schulbildung geistig behinderter Kinder nicht einheitlich beschreiben. Bundesweit wurde ein im europäischen Vergleich differenziertes Sonderschulwesen ausgebaut, während in einem Land wie Norwegen die Schüler überhaupt nicht mehr an gesonderte Einrichtungen verwiesen werden. Dort gibt es eine hundertprozentige Integration. Auch in Italien wird mittlerweile fast vollständig auf Sonderschulen verzichtet. In Deutschland gibt es große Unterschiede zwischen den einzelnen Bundesländern. Der Anteil integrativ betreuter Kinder mit jeglicher Behinderung befindet sich in beispielhaften Bundesländern deutlich über dem Bundesdurchschnitt von etwa 5%. Er liegt beispielsweise in Schleswig - Holstein bei 25%, in Hamburg bei 20% und in Brandenburg bei mehr als 15% mit einer steigenden Tendenz. In den meisten Landesregierungen wurden zwar bis Anfang der 1990er Jahre die rechtlichen Grundlagen für eine schulische Integration geschaffen. Leider besteht oft ein Haushaltsvorbehalt. Das führt selbst in "fortschrittlichen" Bundesländern zur Stagnation. Anderseits werden durch die angespannte Finanzlage in staatlichen Projekten freie Trägerorganisationen gefördert.
In der schulischen Integration existieren gravierende Unterschiede zwischen den verschiedenen Schulformen, also Grund-, Haupt-, Real- oder Gesamtschulen und Gymnasien. In Grundschulen ist noch oft das Angebot einer Integration zu finden. Das heißt es gibt Klassen mit 3 oder 4 verschieden behinderten Kindern und 17 oder 16 nicht Behinderten. In weiterführenden Schulen gibt es meist nur noch Fälle von Einzelintegration.
Ein Beispiel für Einzelintegration sind autistische Zwillinge, die ein Gymnasium besuchen. Autismus gilt als geistige Behinderung, obwohl diese Menschen zu sehr komplizierten Gedankengängen fähig sind. Autisten nehmen zwar nicht an der verbalen Kommunikation teil, sind aber sehr gut in der Lage, alle Anforderungen zu erfüllen, die ein Gymnasium stellt.
An integrativen Projekten beteiligte Pädagogen betonen, wie wichtig Integration vor allen Dingen für die soziale Kompetenz der Heranwachsenden ist. Behinderte Kinder werden angeregt, sich mit ihrer Andersartigkeit auseinanderzusetzen. Sie sehen, dass auch die anderen Kinder Probleme haben, mit den eigenen Vorraussetzungen zurechtzukommen. Durch dieses fordernde Sozialisationsumfeld entwickeln sich alle Schüler zu Persönlichkeiten mit einem klaren Selbstbewusstsein. Sie lernen, dass es mit etwas Auseinandersetzung gelingt, Andersartigkeit anzunehmen. GÜNTHER CLOERKES fasste zusammen:
Integration schafft keinen Schonraum, sondern bewältigbare und verkraftbare Realitäten. Integration stärkt die personalen Ressourcen und Kompetenzen aller Beteiligten. Im System der integrativen Klasse bzw. Schule lernen sich die Interaktionspartner/-innen in ihren Komplementären kennen und sie lernen auch, sich in ihren Schwächen zu stützen.
Die Reaktionen der Eltern waren ebenfalls sehr positiv. Sie äußerten eine große Zufriedenheit über die kognitive und soziale Entwicklung ihrer Kinder. Bei nicht beteiligten Eltern gibt es allerdings nach wie vor Befürchtungen, dass integrative Beschulung zu Lasten ihrer nicht behinderten Kinde