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Arbeit - Interessen - Partizipation
Herausgegeben von Ludger Pries und Rainer Trinczek
Sind Mitarbeiterbefragungen (MAB) in Krankenhäusern nur Fassade oder ein wirksames Instrument des Qualitätsmanagements? Frank Wissing analysiert die Ergebnisse einer Umfrage unter allen Krankenhäusern in Deutschland und versteht MAB - unter besonderer Berücksichtigung der Verbindlichkeit und Partizipation von Beschäftigten - als umfassenden Prozess. Durch diese breite und tiefe Betrachtung wird eine detaillierte Beantwortung der Forschungsfrage vor dem Hintergrund des soziologischen Neoinstitutionalismus möglich.
Vorwort
Arbeit Interessen Partizipation Herausgegeben von Ludger Pries und Rainer Trinczek
Autorentext
Frank Wissing promovierte an der Fakultät für Sozialwissenschaft der Universität Bochum und ist dort im zentralen Qualitätsmanagement tätig.
Leseprobe
1 Ausgangslage, Fragestellung, Aufbau
Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich mit der Verbreitung von Mitarbeiterbefragungen (MAB) in deutschen Krankenhäusern und betrachtet in diesem Kontext deren Isomorphie, also die Angleichung der MAB und ihrer Anwendungskontexte aufgrund von äußeren Einflussfaktoren. In Bezug auf MAB wird dabei deren Struktur und die Art der Durchführung betrachtet, wobei die Aspekte der Verbindlichkeit des Vorgehens und der Partizipation der Mitarbeiter1 im Vordergrund stehen.
Die grundlegende Frage, die im Rahmen dieser Arbeit beantwortet werden soll, lautet: Stellen MAB in Krankenhäusern lediglich Fassaden dar - wobei die Befragungen selbst weitestgehend wirkungslos bleiben - oder sind MAB in Krankenhäusern ein wirkungsvolles Instrument und damit mehr als eine Fassade? Unterschiede in der Wirksamkeit von MAB, die an Aspekten der Struktur und Art der Durchführung (Berücksichtigung wichtiger Erfolgsfaktoren) sowie an der Partizipativität des Vorgehens festgemacht werden, sollen dabei anhand von Faktoren der organisatorischen und institutionellen Umwelt (organisationales Feld) erklärt werden. Dabei bildet der neoinstitutionalistische Theorieansatz den Rahmen.
Seit der Jahrtausendwende haben sich MAB in den deutschen Krankenhäusern stark verbreitet. Dieser Boom fällt zeitlich mit der verpflichtenden Einführung eines Qualitätsmanagements (QM) in Krankenhäusern zusammen, wie es im Sozialgesetzbuch V seit dem Jahr 2000 vorgeschrieben ist (Haeske-Seeberg 2008: 190). Es handelt sich dabei nicht um eine kurzlebige Mode, denn die Verbreitung von MAB scheint seit zehn Jahren auf einem hohen Niveau zu verharren. Diese Aussage bezieht sich allerdings nur auf die quantitative Verbreitung von MAB; welche Qualität von MAB bezüglich ihrer Wirksamkeit dahinter steht, wird im Rahmen dieser Arbeit zu erörtern sein.
Die beschriebene Stabilität der hohen Verbreitung hängt scheinbar mit der institutionellen Einbettung von MAB im Rahmen des Qualitätsmanagements zusammen (Wissing 2008). Diese geht wiederum auf die institutionelle Verankerung des Qualitätsmanagements als gesetzlich definierte Aufgabe von Krankenhäusern zurück (siehe oben). Die Verbreitung des Instruments MAB ist also im Kontext der Einführung von Qualitätsmanagement in Krankenhäusern zu betrachten. Die Pflicht zum Qualitätsmanagement scheint einer der Katalysatoren der Verbreitung von MAB zu sein.
Wenn davon ausgegangen werden muss, dass insbesondere äußere Erwartungshaltungen den Boom von MAB in Krankenhäusern initiiert haben, so stellt sich die Frage, wie Krankenhäuser mit MAB umgehen; schließlich scheint deren Durchführung dann nicht vollständig aus eigenem Antrieb zu geschehen. Soziologen haben unter anderem mithilfe des Neoinstitutionalismus zeigen und erklären können, dass institutionelle Rahmenbedingungen in der Lage sind, Strukturen von Organisationen zu beeinflussen und in organisationalen Feldern eine hohe Isomorphie - also Gleichförmigkeit von Strukturen - auszulösen (zum Beispiel Scott 1987; Kieser 1997; Heller et al. 1998; Mizruchi/Fein 1999; Walgenbach/Beck 2000, 2003; Hertwig 2008). Die starke Verbreitung des Instruments MAB kann im beschriebenen Kontext als ein Zeichen einer solchen - zunächst oberflächlichen - Isomorphie begriffen werden. Ob jedoch dieser oberflächlichen Isomorphie der Formalstruktur auch eine Isomorphie des konkreten Handelns im Alltag folgt, ist unterschiedlich diskutiert worden. Zwei Diskussionsstränge lassen sich unterscheiden: In einem ersten Strang wird die Position vertreten, dass Organisationen in Fällen starker äußerer Erwartungshaltungen zwar Formalstrukturen anpassen, diese jedoch vom alltäglichen Handeln entkoppeln. Mit der Anpassung von Formalstrukturen wird externen Erwartungen Rechnung getragen; gleichzeitig werden jedoch Konsequenzen innerhalb der Organisation weitestgehend vermieden, da die Formalstrukturen für das alltägliche Handeln kaum Folgen haben. In einem zweiten Diskussionsstrang wird die Position vertreten, dass die oben skizzierte Art der Entkopplung von Formalstruktur und Handeln nicht auf Dauer gelingen kann. Auf mittlere bis lange Sicht haben Formalstrukturen Konsequenzen für das alltägliche Handeln in der Organisation. Die von außen zu beobachtende Isomorphie der formalen Strukturen bleibt also nicht nur eine oberflächliche Isomorphie.
Ob die in Krankenhäusern so stark verbreiteten MAB nur äußere Formalstruktur darstellen oder ob sie als Instrument tatsächlich auch Veränderungen auf der Ebene täglichen Handelns verursachen, ist bislang nicht umfassend untersucht worden. Äußerer Zwang oder Druck - ausgelöst durch Erwartungshaltungen externer Akteure, wie dem Staat oder Akteuren der Selbstverwaltung - können gut beobachtet werden, doch sind sie speziell in Bezug auf Qualitätsmanagement und MAB bislang nicht umfassend beschrieben worden.
Bevor also im Detail auf das Instrument der MAB eingegangen werden kann, gilt es im Rahmen dieser Arbeit in einem ersten Schritt das organisationale Feld der Organisation Krankenhaus zu beschreiben (Kapitel 3.1.1). Diese Beschreibung leistet einen ersten Beitrag zum wissenschaftlichen Diskurs und bildet die argumentative Basis zur Verwendung des Neoinstitutionalismus in der weiteren Betrachtung von MAB als entkoppelte oder nicht entkoppelte Formalstruktur.
Um die Frage nach der Entkopplung von MAB beantworten zu können, werden im weiteren Verlauf der Arbeit zwei Aspekte genauer betrachtet (Kapitel 5.2.1 und 5.2.2):
Zum einen existieren allgemeine Merkmale von MAB, die als Erfolgsfaktoren beschrieben werden können. Dazu gehören zum Beispiel die Definition von Zielen, die Bereitstellung von Ressourcen oder die Festlegung von verantwortlichen Personen für einzelne Aufgabenpakete im Rahmen von MAB. Hierin unterscheiden sich MAB kaum von anderen Projekten, so werden bei den Erfolgsfaktoren Anleihen bei der Projektmanagement- und Change-Management-Literatur gemacht. Bestimmte Arbeitsschritte sollten also durchlaufen werden, wenn eine MAB tatsächlich Wirkungen entfalten soll. Werden diese Schritte in großem Maße explizit und verbindlich durchgeführt, ist die Wirksamkeit einer MAB wahrscheinlich, sie ist dann vermutlich mehr als nur Fassade oder äußere Formalstruktur. Werden die Schritte nicht oder nur sehr vage durchgeführt, kann von einer wirkungslosen oder relativ wirkungslosen MAB ausgegangen werden. Dann handelt es sich vermutlich eher um eine Fassade ohne Wirkungen auf der Ebene des tatsächlichen Handelns.
Zum anderen existiert neben einzelnen Erfolgsfaktoren ein allgemeines Prinzip, das die Wirksamkeit von MAB grundlegend beeinflusst; dabei handelt es sich um die Partizipation der Mitarbeiter. MAB werden durchgeführt, um Veränderungen herbeizuführen. Es sollen damit zum Beispiel Verbesserungen in der Arbeitsorganisation erreicht werden. Veränderungen sind dann nachhaltig, wenn sie von den Mitarbeitern mitgetragen werden und das wird am ehesten erreicht, wenn Mitarbeiter an den Veränderungsprozessen selbst mitwirken, wie später noch dargestellt werden wi…
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