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Der Begriff der Ehre weckt widersprüchliche Assoziationen. Auf der einen Seite stehen Bilder von öffentlichen Ehrungen, ehrenwerten Damen und Herren und herausragenden Persönlichkeiten, auf der anderen solche von Ehrenmördern und unterdrückte Frauen. Mit der Ehre sind Hoch- und Geringschätzung zugleich verbunden, je nachdem, um welche Personengruppe es sich handelt. Der Autor geht in dieser Arbeit der Frage nach, wie es zu diesem Widerspruch kommt und macht praktische Vorschläge, wie das Thema Ehre im Ethikunterricht behandelt werden könnte.
Autorentext
Felix Mayer ist angehender Lehrer in den Fächern Ethik und Sozialkunde. Im Rahmen seines Studiums der Philosophie und Politikwissenschaft an der Universität Regensburg, der Marmara-Universität Istanbul, der Humboldt-Universität sowie der Freien Universität Berlin sind mehrere Veröffentlichungen entstanden. Inhaltlich geht es dabei um Fragen der Ethik, der multikulturellen Gesellschaft und interkultureller Pädagogik. Neben seinen Studieninhalten waren auch seine Studien- und Arbeitsaufenthalte in der Türkei, seine pädagogischen Erfahrungen an verschiedenen Schulen in Berlin und in Balikesir, Türkei, sowie sein Engagement bei einem Berliner Mentoring-Projekt prägend für den Autor und stellen einen wichtigen Einflussfaktor für seine bisherigen wissenschaftlichen Veröffentlichungen dar.
Klappentext
Der Begriff der Ehre weckt widersprüchliche Assoziationen. Auf der einen Seite stehen Bilder von öffentlichen Ehrungen, ehrenwerten Damen und Herren und herausragenden Persönlichkeiten, auf der anderen solche von Ehrenmördern und unterdrückte Frauen. Mit der Ehre sind Hoch- und Geringschätzung zugleich verbunden, je nachdem, um welche Personengruppe es sich handelt. Der Autor geht in dieser Arbeit der Frage nach, wie es zu diesem Widerspruch kommt und macht praktische Vorschläge, wie das Thema Ehre im Ethikunterricht behandelt werden könnte.
Leseprobe
Textprobe:
Kapitel 2, Warum Ehre unterrichten? : Warum Ehre für die Ethik bedeutsam ist, wird deutlich, wenn wir uns den Zusammenhang zwischen Ehre und Achtung oder Respekt vor Augen führen. Denn Achtung und Selbstachtung sind zweifellos gleichfalls ein wichtiges menschliches Gut, das ... zu einem guten Leben beiträgt.
Warum sollte sich Ethikunterricht mit dem Thema Ehre beschäftigen? Ist Ehre nicht ein Wert, der längst vergangenen, vormodernen Zeiten angehört? Sollte bestehenden Identifikationen mit dem Wert der Ehre nicht mit der Beförderung liberaler Werte begegnet werden? Ich möchte argumentieren, dass Ehre eine aktuelle Relevanz hat und zwar nicht nur unter Minderheitenangehörigen und deshalb im Ethikunterricht thematisiert werden sollte.
2.1, Einordnung in den Rahmenlehrplan:
Das Thema Ehre berührt viele ethische Fragestellungen und kann auf fast alle Themenbereich die im Berliner Rahmenlehrplan für das Fach Ethik genannt werden, angewendet werden. Ehre hat Etwas mit Identität (Themenfeld 1) zu tun, denn durch die Identifizierung mit individuellen und kollektiven Normen ehrenhaften Verhaltens erwirbt das Individuum seine Identität. Ehre ist eine Schnittstelle von Freiheit und Verantwortung (TF 2), denn diese Normen können das Individuum zu Handlungen für die Gemeinschaft veranlassen, aber auch zu sozial nicht akzeptiertem Verhalten. Das Individuum sieht sich zugleich den Anforderungen ehrenhaften Verhaltens, die eher durch sein soziales Umfeld repräsentiert werden, und die Normen des Rechts und der Gerechtigkeit (TF 3), die von staatlichen Institutionen eingefordert werden, wobei sich diese Normen manchmal widersprechen. Ehre hat auch mit Diskriminierung (TF 4, Mensch und Gemeinschaft) zu tun, denn Menschen, die sich mit dem Wert der Ehre identifizieren, sind Objekt gesellschaftlicher Stigmatisierung. Da die Normen ehrenhaften Verhaltens oft internalisiert sind, ist eine Normverletzung häufig mit dem Gefühl von Schuld und schlechtem Gewissen (TF 5, Pflicht und Gewissen) verbunden.
2.2, Ziele moralischer Bildung:
Der Ethikunterricht ist eine spezifische Form moralischer Bildung innerhalb liberal-pluralistischer Gesellschaften. In liberalen Gesellschaften ist die Schule einerseits liberalen Werten (Freiheit, Gleichheit, Autonomie, Gerechtigkeit), andererseits dem Gebot des Pluralismus und der weltanschaulichen Neutralität verpflichtet. Ethikunterricht versucht, die Gratwanderung zwischen der Vermittlung liberaler Werte und der weltanschaulichen Neutralität zu gehen. Oft wurde dem Ethikunterricht die Aufgabe zugewiesen, Jugendliche durch Werteerziehung auf die Partizipation an der demokratischen Gesellschaft vorzubereiten, welche auf reflektierte Staatsbürger_innen, die kompetent mit gesellschaftlicher Vielfalt umgehen, angewiesen ist. Diese Forderung wurde jedoch von mehreren Seiten kritisiert. Multikulturalist_innen und Kommunitarist_innen kritisieren, dass die Beförderung liberaler Werte, wie Freiheit und Autonomie, welche substanzielle ethische Prämissen darstellen und alles andere als weltanschaulich neutral seien, die kulturelle Identität von religiösen und ethnischen Minderheiten gefährde. oft berufen sie sich dabei auf die Kritik an John Rawls, dass auch der regulierende Rahmen liberaler Werte, innerhalb dessen Individuen ihre comprehensive doctrines of the good verfolgen, substanzielle (comprehensive) normative Setzungen enthalten, die nicht universalisierbar seien, etwa die Annahme, dass Güter individuell, nicht kollektiv verankert seien. Aber auch von liberaler Seite wurde die Forderung, Ethikunterricht solle liberale Werte vermitteln, kritisiert. Kirsten Meyer kritisiert, dass die Forderung nach der Vermittlung liberaler Werte nur in Bezug auf diejenigen Werte gilt, die nicht vernünftigerweise umstritten sind, z.B. sich nicht gegenseitig zu verletzen. Viele andere Werte seien jedoch in der Moralphilosophie umstritten, weshalb sich moralische Bildung nicht auf eine Position festl