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Eine Vielzahl von Blättern, von Mäusen angenagt, nie auf- genommen in die literarische Biographie des Autors. Als im Sommer 2009 ein großer Koffer vom Pfarrhof in Rothberg/ Roia in das nahe Hermannstadt/Sibiu gebracht wurde, konnte über dessen Inhalt allenfalls gemutmaßt werden. Im Zentralarchiv der Evangelischen Kirche A. B. in Rumänien, wo die Dokumente aus dem Koffer in den Vorlass Eginald Schlattners eingepflegt werden sollten, erkannte man verblüfft, dass es sich um Manuskripte aus einer bis dahin praktisch un- bekannten Schaffensperiode Eginald Schlattners handelte. Eginald Schlattner ist heute vor allem als Romanautor be- kannt. Mein Nachbar, der König und Odem beinhalten eine Auswahl seiner früheren Erzählungen. Diese zeigen, welches bewegte Schicksal dem Autor und seiner Literatur zuteil gewor- den ist, welchen Einfluss Verlage und Lektorat hatten, wie Maß- regelungen das Schreiben behinderten und wie er versucht hat, sich in das literarische Leben seiner Zeit zurückzuschreiben. Es zeigt sich aber auch, dass es eine über zwanzig Jahre andau- ernde Zäsur in der schriftstellerischen Tätigkeit Schlattners gab. Eine Zeit des literarischen Schweigens bis in die 1990er Jahre hinein bevor er der bekannte Romanautor mit dem markan- ten roten Schal wurde.
Autorentext
Norbert Eginald Schlattner LEBENSLAUF Obschon Siebenbürger Sachse (siehe Lexikon), bin ich in Arad geboren, einer Stadt von k.u.k. - Gepräge am westlichen Rande Rumäniens, nahe der ungarischen Grenze, und zwar am 13. September 1933. Prägende Jahre der Kindheit habe ich in Szentkeresztbánya verbracht; jener östliche Landstrich Siebenbürgens ist bis heute von Szeklern besiedelt. Dort habe ich ungarisch gelernt, zum Teil im Kindergarten. Und erst in der Schule rumänisch. Beide Eltern sprachen perfekt ungarisch. Meine Mutter ist in Budapest geboren. Meine Großmutter Bertha zilahi Zilah-Sebess entstammt einem ungarischen Adelsgeschlecht (Sebess de Zilah, 6IX1715 wird ein reformierter Pfarrer nobilitiert; vormals hieß das Geschlecht Borbely, recte Tarr, bis 1467). Wiewohl sächsisch-bürgerlich gehöre ich dem ungarisch-siebenbürgischen Adelsverband CASTELLUM an. Das Ungarische ist mir von frühauf vertraut gewesen. Nach dem Wiener Schiedsspruch 1940, rumänisch Dictatul dela Viena, wurde Siebenbürgen, Transilvania, Erdely, zwischen Ungarn und Rumänien geteilt; wir Sachsen wurden nach 8oo Jahren geographischer Einheit auf zwei Staatsterritorien auseinander¬¬dividiert. Meine Eltern optierten nach einigem Zögern für Rumänien, das heißt: für das südliche Siebenbürgen; vor allem, weil mein Vater es wünschte. Meiner Mutter wäre einsichtigerweise auch Budapest als Hauptstadt willkommen gewesen. Am 20IV1943 wurde ich in Kronstadt als Deutscher Pimpf auf den Führer in Berlin vereidigt. Als Jugendlicher las ich, später versteckt, Rosenbergs 'Mythus des 20. Jahrhundert' - Rumänien war bereits seit 30XII1947 kommunistische Volksrepublik. Parallel dazu Engels und Stalin. Mit 19 griff ich zu Schopenhauer, Nietzsche, verlor mich an Spenglers: 'Untergang des Abendlandes'. Mit 20 wies mich unser evangelischer Bischofsvikar Alfred Herrmann auf die sozialistische Idee hin, das Modell einer befreiten Menschheit, bei uns im Lande status nascendi, gewiß mit allen Geburtswehen. Und stellte so für lange Zeit die ideellen Weichen: Alle in der Welt werden satt und niemand weint mehr! Die späte Kindheit und Jugend verbrachte ich in Fogarasch-Fagaras-Fogaras, einer Kleinstadt am Fuße der Südkarpaten - auffällig allein die Wasserburg; und daß durch mein Bett der 25. Längengrad lief. Die Kleine Stadt bildete eine "multikulturelle" Lebensform, ohne daß man dafür einen Namen bemühte. Wo mehrere Völkerschaften schiedlich-friedlich miteinander lebten: Rumänen, Ungarn, Juden, Sachsen, Zigeuner, Armenier (von Juden und Deutschen zeugen heute Friedhöfe). Ende der Dreißiger Jahre wollten wir Deutsche in Rumänien jäh - und gezielt über die Deutsche Volksgruppe - groß deutsch sein, ja Großdeutsche sein. Damals erhielt das traditionelle Identitäts¬bewußtsein der Siebenbürger Sachsen einen Riß: Für die war bisher oberstes Gebot die Anerkennung der jeweiligen Obrigkeit gewesen, nach der Devise bei der Einwanderung um 1150 unter dem ungarischen König Geisa II: "Ad retinendam coronam!" 'Zum Schutze der Krone' sind wir hier. Das will sagen: Loyalität der Obrigkeit gegenüber ist oberstes Gebot. Als 1943 unsere Männer zum Deutschen Heer einrückten (Staatsvertrag zwischen dem Königreich Rumänien und dem Deutschen Reich; verließen nahezu 70000 ,wehrfähige Volksdeutsche' das Land). Familien wurden für Jahrzehnte auseinander gerissen. Es war der Anfang vom Ende. Ein Ende, das sich 50 Jahre später von selbst erledigte. Sang- und klanglos haben sich die Siebenbürger Sachsen 1990 aus der Geschichte verabschiedet, nach genau 850 Jahren. Es gibt uns kaum noch in Siebenbürgen ( etwa 10000, Alter 60), aber weltweit ja. In der brutalen Manier des ,großen Trecks' wurden wir aus Rumäniens nicht vertrieben, weder 1945, und noch weniger
Klappentext
Eine Vielzahl von Blättern, von Mäusen angenagt, nie auf- genommen in die literarische Biographie des Autors. Als im Sommer 2009 ein großer Koffer vom Pfarrhof in Rothberg/ Rosia in das nahe Hermannstadt/Sibiu gebracht wurde, konnte über dessen Inhalt allenfalls gemutmaßt werden. Im Zentralarchiv der Evangelischen Kirche A. B. in Rumänien, wo die Dokumente aus dem Koffer in den Vorlass Eginald Schlattners eingepflegt werden sollten, erkannte man verblüfft, dass es sich um Manuskripte aus einer bis dahin praktisch un- bekannten Schaffensperiode Eginald Schlattners handelte. Eginald Schlattner ist heute vor allem als Romanautor be- kannt. Mein Nachbar, der König und Odem beinhalten eine Auswahl seiner früheren Erzählungen. Diese zeigen, welches bewegte Schicksal dem Autor und seiner Literatur zuteil gewor- den ist, welchen Einfluss Verlage und Lektorat hatten, wie Maß- regelungen das Schreiben behinderten und wie er versucht hat, sich in das literarische Leben seiner Zeit zurückzuschreiben. Es zeigt sich aber auch, dass es eine über zwanzig Jahre andau- ernde Zäsur in der schriftstellerischen Tätigkeit Schlattners gab. Eine Zeit des literarischen Schweigens bis in die 1990er Jahre hinein - bevor er der bekannte Romanautor mit dem markan- ten roten Schal wurde.
Inhalt
Inhalt Einführung 7 Gefährte Rebhuhn 11 Gediegenes Erz 23 Das Apfelbett 91 Jemand steht immer im Weg 115 Eine Zigarette 125 Mein Nachbar, der König 139 Einführungen zu den Erzählungen 171 Gefährte Rebhuhn 171 Gediegenes Erz 177 Das Apfelbett 185 Jemand steht immer im Wege 189 Eine Zigarette 193 Mein Nachbar, der König 197 Fragebogen 201 Abkürzungsverzeichnis 207
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