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Der interdisziplinär und vergleichend angelegte Band legt die Wurzeln eines bis heute drängenden Problems bloß.
Mit dem Ölpreisschock des Jahres 1973 ging ein Zeitabschnitt zu Ende, der durch Wachstum, Wohlstand und Vollbeschäftigung gekennzeichnet war. Die schwierige, mitunter krisenhafte Wirtschaftslage der 1970er und 1980er Jahre führte zur Rückkehr eines fast schon vergessenen Phänomens: der Massenarbeitslosigkeit. Allein in der Bundesrepublik Deutschland stieg die Zahl der Arbeitslosen zwischen 1973 und 1985 auf 2,3 Millionen. Historiker, Wirtschaftswissenschaftler, Soziologen und Sozialpsychologen analysieren in diesem Band die Ursachen der Arbeitslosigkeit, ihre Erscheinungsformen, ihre Auswirkungen sowie die Gegenmaßnahmen der Politik und ordnen dabei die Entwicklung in der Bundesrepublik in den europäischen Zusammenhang ein. So werden die historischen Voraussetzungen eines Problems deutlich, das bis heute zu den größten innenpolitischen Herausforderungen zählt.
Mit dem Ölpreisschock des Jahres 1973 ging ein Zeitabschnitt zu Ende, der durch Wachstum, Wohlstand und Vollbeschäftigung gekennzeichnet war. Die schwierige, mitunter krisenhafte Wirtschaftslage der 1970er und 1980er Jahre führte zur Rückkehr eines fast schon vergessenen Phänomens: der Massenarbeitslosigkeit. Allein in der Bundesrepublik Deutschland stieg die Zahl der Arbeitslosen zwischen 1973 und 1985 auf 2,3 Millionen. Historiker, Wirtschaftswissenschaftler, Soziologen und Sozialpsychologen analysieren in diesem Band die Ursachen der Arbeitslosigkeit, ihre Erscheinungsformen, ihre Auswirkungen sowie die Gegenmaßnahmen der Politik und ordnen dabei die Entwicklung in der Bundesrepublik in den europäischen Zusammenhang ein. So werden die historischen Voraussetzungen eines Problems deutlich, das bis heute zu den größten innenpolitischen Herausforderungen zählt.
Autorentext
Thomas Raithel, geboren 1958, ist wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Zeitgeschichte München-Berlin und apl. Professor an der Ludwig-Maximilians-Universität München. Thomas Schlemmer, geboren 1967, ist wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Zeitgeschichte München-Berlin, 2001-2005 wissenschaftlicher Mitarbeiter am Deutschen Historischen Institut in Rom.
Leseprobe
Schwierige Bedingungen für Wachstum und Beschäftigung (S. 9)
Christoph Boyer
Nach dem Boom, dem golden age, den trente glorieuses Formeln, die ein Hauch wehmütiger Ironie umspielt sind in Europa und darüber hinaus die Bedingungen für Wachstum und Beschäftigung schwieriger geworden. Davon handelt dieser Beitrag, wobei ich das Thema zunächst etwas präziser zuschneiden möchte: Es geht, erstens, um die sozioökonomischen Rahmenbedingungen der Arbeitsgesellschaft, noch nicht zentral um diese selbst.
Die Rede wird also sein von der Makroökonomie, den Institutionen, die diese regulieren, und den dahinterstehenden Leitvorstellungen. Unerlässlich ist dabei der Blick auf den politischen Rahmen, anders gesagt: Ökonomie ist hier immer eine eminent politische Ökonomie.
Wenn wir nun sagen, dass dieser ganze Komplex ab Anfang der 1970er Jahre in eine Krise geriet, dann meint der Begriff der Krise eher nicht die offen zutage liegende oder gar dramatisch zugespitzte Entscheidungssituation, nicht das in summo discrimine rerum".
Gemeint sind vielmehr, auf der systemischen Ebene, ein Ensemble meist unübersichtlich ineinander verschlungener politisch-sozial-ökonomisch-kultureller Steuerungs-, Reproduktions-, Umweltanpassungs- und Legitimationsprobleme und die häufig langwierige und mühsame Suche nach Lösungen für diese. Krisen haben Inkubationszeiten und bleiben, manchmal für geraume Zeit, unterhalb der Wahrnehmungsschwelle.
Sie können, womöglich über längere Zeiträume hinweg, schleichend" verlaufen und in eher unauffälligen Formen verhandelt werden. Vielleicht werden sie erfolgreich beendet vielleicht auch nicht. Die Frage ist hier natürlich, was wir als Erfolg oder Lösung bezeichnen. Womöglich münden Krisen in grundstürzenden Wandel oder sogar in den Zerfall des Systems, vielleicht aber auch in bescheidener dimensionierte adaptierende Umbauten.
Es geht mir, zweitens, nicht primär um die Bundesrepublik, sondern um deren europäische und globale Kontexte. Die Bundesrepublik ist, in anderen Worten, die Variation eines sehr viel weitergespannten Themas. Was die globalen Kontexte anbetrifft: Die Globalisierung wird derzeit ja intensiv beritten, womöglich ist das Thema sogar schon zuschanden geritten. Wir kommen, meine ich, ohne diese großen Zusammenhänge trotzdem nicht aus.
Betrachtet werden sollte, drittens, eigentlich der Zeitraum zwischen 1973 und 1989. Dass die frühen 1970er Jahre aus mehreren Gründen eine Zäsur darstellen, lässt sich meines Erachtens zwanglos begründen.
Ich bin aber eher skeptisch, ob und inwieweit das auch für das Jahr 1989 gilt. Es funktioniert, zugegeben, am ehesten im Blick auf die deutsche Geschichte, es funktioniert weniger reibungslos im Blick auf Europa und die Welt.
Ich möchte den Untergang des Kommunismus als Moment von welthistorischer Bedeutung nicht wegdisputieren, ich würde aber doch lieber die Idee der grundlegenden Einheit der Epoche zwischen den frühen 1970er Jahren und heute und darüber hinaus erproben. Weil sich hier ein weites Feld auftut, lässt sich die Grobschlächtigkeit mancher Behauptung kaum vermeiden, es kommt mir aber mehr auf die große Linie an als auf Akribie im Detail.
Ich rekapituliere eingangs die Grundzüge dessen, was ich westliches Makromodell nenne, behandle vor diesem Hintergrund die krisenhaften Wandlungsprozesse seit den frühen 1970er Jahren5 und schließe mit einem äußerst selektiven Blick auf Formen und Varianten ihrer Bearbeitung.
An den Anfang stelle ich eine Skizze des demokratisch-marktwirtschaftlich- neokorporatistischen Wohlfahrtsstaats in der Großregion von Großbritannien über Frankreich und die Beneluxstaaten bis Deutschland und Österreich, im skandinavischen Norden, ab der Mitte der 1970er Jahre auch auf der iberischen Halbinsel.
Inhalt
1;Inhalt;6
2;Vorbemerkung;8
3;Schwierige Bedingungen für Wachstum und Beschäftigung;10
4;Einbahnstraße in die Beschäftigungskrise? Arbeitsmarktentwicklung und Arbeitsmarktinstitutionen in den OECD-Staaten seit 1960;24
5;Arbeitsmarktinstitutionen und die langfristige Entwicklung der Arbeitslosigkeit. Empirische Ergebnisse für 19 OECD-Staaten;38
6;Massenarbeitslosigkeit, Armut und die Krise der sozialen Sicherung seit den 1970er Jahren. Großbritannien und die Bundesrepublik Deutschland im Vergleich;56
7;Jugendarbeitslosigkeit in der Bundesrepublik Deutschland und in Frankreich in den 1970er und 1980er Jahren;68
8;Abseits der Arbeitsgesellschaft. Langzeitarbeitslosigkeit in der Bundesrepublik Deutschland und in Italien;82
9;Behinderte und Behindertenpolitik in der Krise der Arbeitsgesellschaft ;96
10;Gewerkschaftsmacht? Britische und westdeutsche Gewerkschaften im Strukturwandel;108
11;Arbeitslosigkeit als Thema der Sozialwissenschaften. Geschichte, Fragestellungen und Aspekte der Arbeitslosenforschung;122
12;Der Beitrag der Sozialpsychologie zur Arbeitslosenforschung;138
13;Soziologische Beiträge zur Arbeitslosenforschung;150
14;Das Beschäftigungsmotiv in der Arbeitszeitpolitik;162
15;Abkürzungen;175
16;Autorinnen und Autoren;177