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Globalgeschichte
Die Geschichte der (Welt-)Ausstellungen wurde bislang fast nur aus Sicht der westlichen Industrienationen interpretiert, obwohl sich das Thema für eine globalhistorische Perspektive geradezu anbietet. Dies macht Daniel Hedinger am Beispiel Japans deutlich. Das Land wurde nach der erzwungenen Öffnung 1854 zum wichtigsten und erfolgreichsten nicht-westlichen Teilnehmer der Weltausstellungen und veranstaltete selber bis zum Zweiten Weltkrieg Hunderte von Ausstellungen. Indem der Autor die damit verbundenen Prozesse des ökonomischen und technologischen Austauschs sichtbar macht, vermittelt er überraschende Einblicke in die Wechselwirkung zwischen Kultur, Imperialismus und Konsum um 1900 und legt die Wurzeln des bis heute andauernden technologischen Wettstreits Japans mit dem Westen offen.
"An Authoritative work of scholarship on the history of Japanese exhibitions with the potential to become a new standard work on the topic.", Monumenta Nipponica, 01.05.2013
Autorentext
Daniel Hedinger, Dr. phil., ist wiss. Mitarbeiter an der Humboldt-Universität zu Berlin.
Leseprobe
Einleitung Von der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts heißt es, es sei das Zeitalter der Ausstellungen gewesen. Zu dem Schluss gelangten bereits die Zeitgenossen, die diesen Umstand zumindest im Westen euphorisch begrüßten und voller Selbstbewusstsein feierten. Gemeint waren und sind damit in der Regel die fünf Jahrzehnte zwischen der ersten Londoner Weltausstellung 1851 und der Pariser Exposition Universelle des Fin de Siècle. Doch ein Zeitalter trägt nie nur einen Namen. Angesichts des Umstands, dass in dieser Zeit Weltausstellungen ausschließlich in der westlichen Welt stattfanden, ist die Bezeichnung ebenso anmaßend wie übertrieben und einseitig. Schon passender scheint es da, vom »imperialen Zeitalter« zu sprechen. Umso mehr, als sich mit dem Begriff des Imperialismus die beiden herausragenden Phänomene dieser Jahre fassen lassen: koloniale Eroberung und kapitalistische Marktintegration. Kolonialismus und Kapitalismus waren verschränkte Phänomene einer doppelten Expansion des Westens, welche global wirkte und das Zeitalter erst zum imperialen machte. Nun waren es Ausstellungen, an denen diese beiden Grundtendenzen der Epoche ihre mustergültigen Auftritte fanden. Denn kein anderes Medium der Zeit war in der Lage, den territorialen und ökonomischen Expansionswillen des Westens in seiner globalen Anmaßung vollendeter zu repräsentieren. Als prototypisches Medium der Epoche so und nur so scheint es nicht verfehlt, vom »Zeitalter der Ausstellungen« zu sprechen. Doch ist die Geschichte dieses »Zeitalters der Ausstellungen« bisher praktisch nur aus westlicher Sicht geschrieben worden. Entsprechend wenig wissen wir darüber, wie nicht-westliche Staaten und Akteure mit dem Phänomen Ausstellungen umgingen, wie sie es sahen und nutzten. Dieses Buch versteht sich als ein Beitrag zu einer Historiografie des Mediums aus außereuropäischer Perspektive und damit in einem breiteren Sinne zu einer Globalgeschichte von Vernetzung, Verflechtung und Austausch um 1900. Als Fallbeispiel dient das japanische Kaiserreich, das sich für diese Thematik geradezu aufdrängt: Denn mit über drei Dutzend Beteiligungen zwischen 1870 und 1910 war Japan der regelmäßigste, gewichtigste und erfolgreichste nicht-westliche Teilnehmer an Weltausstellungen in den Jahrzehnten vor dem Ersten Weltkrieg. Der japanische Fall eröffnet insofern ungewohnte Perspektiven, als es dem Land in der Hochphase des Imperialismus gelang, zunächst weitgehend unabhängig zu bleiben und später selbst zur einzigen nicht-westlichen Kolonial- und Großmacht aufzusteigen. Dies war der Hintergrund, vor dem Japan in einen andauernden Wettstreit mit dem Westen trat. Ein Wettstreit, der auf ökonomischer, kultureller, gesellschaftlicher und letztendlich militärischer Ebene ausgefochten wurde und für den Japan, wie im Folgenden gezeigt wird, das Medium Ausstellung sowohl auf der internationalen Bühne als auch im Landesinneren in seiner ganzen Vielfalt nutzte. Die erste Leitfrage des Buches lautet somit: Welche neuen Perspektiven eröffnet die Analyse des japanischen Falls in Bezug auf die Geschichte der Ausstellungen? Ist es nun aber angesichts der japanischen Erfolge und der Intensität, mit der man Ausstellungen für eigene Zwecke einsetzte, angebracht, von »Japans Zeitalter der Ausstellungen« zu sprechen? Zugebenermaßen, im globalen Vergleich erscheint diese Betitlung provokant. Wenn schon die Rede von einem allgemeinen »Zeitalter der Ausstellungen« diskussionswürdig ist, wirkt ob den Aktivitäten in Paris und London die Zuspitzung auf Japan ebenso vermessen wie übertrieben. Doch veranlasst eine solche Provokation zumindest, die herkömmliche Lesart von (Welt-)Ausstellungen zu überdenken: Denn im Folgenden geht es auch darum, eine konsequent außereuropäische Perspektive auf ein Medium zu entwickeln, das unwiederbringlich in die Geschichte europäischer Weltdominanz um 1900 eingeschrieben scheint. Es ist aber vor allem der Blick ins Landesinnere, nach Japan selbst, welcher der Rede von »Japans Zeitalter der Ausstellungen« Sinn verleiht: Denn während des für dieses Buch relevanten Zeitraums prägten Ausstellungen durch ihre ganze Vielfalt wesentlich das politische, wirtschaftliche und kulturelle Leben des Landes. Ihre Zahl ging in die Hunderte. Keine andere Veranstaltungsform vermochte mehr Menschen an einem einzigen Ort zu sammeln. Dabei boten keinesfalls nur die internationalen Weltausstellungen Bühnen für den Wettstreit mit dem Westen. Vielmehr war dieser auch an den innerjapanischen Veranstaltungen allgegenwärtig. Denn im Landesinneren war die Konkurrenzsituation zu westlichen Nationen, die in dieser Zeit meist als übermächtig erschienen, die Triebfeder für die Aneignung des Mediums. Wenn Ausstellungen dazu dienten, Wissen zu transferieren, westliche Zivilisation zu propagieren und neue ökonomische Ordnungen zu implementieren, geschah dies stets vor dem Hintergrund eines Wettstreits, den die Zeitgenossen als global empfanden und dessen Herausforderung darin bestand, dass er vor dem Lokalen nicht Halt machte. So gesehen lassen sich internationale Partizipationen und nationale Aneignung nicht voneinander trennen. Vielmehr erlaubt das Medium Ausstellung, Transfer und Verflechtung in lokalen, nationalen und globalen Spannungsfeldern zu diskutieren. Die Forschung zum modernen Japan ist nach wie vor von nationalen Perspektiven dominiert. Daher lautet die zweite Leitfrage: Zu welchen neuen Erkenntnissen führt die Untersuchung von Ausstellungen als ein Medium globaler Verflechtung um 1900 in Bezug auf die Geschichte Japans? Was nun die hier postulierte Dauer des japanischen Zeitalters der Ausstellungen betrifft, also die Jahre zwischen 1854 und 1941, ist dreierlei anzufügen: Erstens habe ich mich für einen längeren Untersuchungszeitraum entschieden, da dies erlaubt, Ausstellungen nicht als einzelne, isolierte Ereignisse, sondern in Serien zu untersuchen. Dies wiederum ist die Voraussetzung, um nach den Variationen, den Wendungen und den Verläufen der Kurven und Konjunkturen zu fragen, so wie das Michel Foucault für die Geschichtsschreibung im Allgemeinen eingefordert hat. Dabei wird ersichtlich, dass je nach untersuchtem Feld sei dies das Kulturelle, das Ökonomische oder das Politische die Bedeutung und die Funktion des Mediums Ausstellung für Japan stetigem historischen Wandel unterworfen waren. Ausstellungen spielten keineswegs in allen Bereichen durchgehend eine gleich prägende Rolle. Diese Schwankungen und Konjunkturen sind der Grund, wieso zweitens der innere Schwerpunkt des Buches auf der Meiji-Zeit (18681912) liegt, insbesondere ihrer ersten Hälfte; einer Epoche also, die von besonders tiefgreifenden Umbrüchen sowohl in Bezug auf die Ausstellungen als auch die Geschichte Japans gekennzeichnet war. Doch ist die Chronologie an ihren Rändern bewusst offen gehalten. Dabei markieren die Jahreszahlen 1854 und 1941 die …
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