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Schon wieder eines dieser unverständlichen Traktate über Versicherungsmathematik! werden Sie denken. Ganz so unrecht ist das sicher nicht, denn das praktische Rechnen ist durch den Computer abgelöst. Versuchen wir, der Sache Gerechtigkeit widerfahren zu lassen. Genauso wie ein Händler auf dem Markt seine Eier gewinnbringend zu verkaufen versucht, genauso ist es legitim für eine Lebensversicherung, ihre Produkte gewinnbringend und im Rahmen der gesetzlichen Möglichkeiten an die Frau oder den Mann zu bringen. Die damit zusammenhängenden Probleme versucht die Versicherungsmathematik zu lösen. Welche Aufgaben die Mathematik, die Gesetzgebung und die Betriebswirtschaftslehre haben, das soll hier dargestellt werden. Die Gründe, wieso und weshalb gerade die Formel so ist und nicht anders, wird ausführlich erläutert. Wenn Sie einen Überblick über die Tarifkalkulation in der Lebensversicherung erhalten und etwas Verständnis für so manche aktuarielle Entscheidung, dann ist das Ziel erreicht.
Autorentext
Dr. Burkhard Disch, Jahrgang 1960, studierte an der Universität Mannheim Mathematik mit Versicherungsbetriebslehre und promovierte in Mathematik. Seit 1986 ist er beschäftigt bei der INTER Versicherungsgruppe Mannheim als Mathematiker in der Lebensversicherung, dem Rechnungswesen und der Haftpflicht-, Unfall- und Sachversicherung. Seit 2005 ist er Verantwortlicher Aktuar und derzeit mit der Einführung von Solvency II beschäftigt. 1995 wurde er Mitglied der Deutschen Aktuarvereinigung e.V. (DAV) und arbeitet dort in verschiedenen Arbeitsgruppen und der Aktuarsausbildung. Neben Fachartikeln zur Lebensversicherung, Sachversicherung und dem Marketing von Versicherungsprodukten ist er Mitglied im Gauss-Preis Komitee der DAV.
Leseprobe
Textprobe:
Kapitel 2, Wer betreibt Versicherungsmathematik?
2.1, Vom Versicherungsmathematiker zum Aktuar:
Um unfruchtbaren Grundsatzdiskussionen zu entgehen, wollen wir an dieser Stelle die Deutsche Aktuarvereinigung (DAV) sprechen lassen. Der vorliegende Abschnitt ist im Wesentlichen aus dem Artikel Das Berufsbild des Aktuars von M. Helbig.
Der Aktuar (frühere Bezeichnung für Gerichtsschreiber) wird im deutschen Sprachgebiet als Versicherungsmathematiker bezeich net. Deshalb werden die beiden Begriffe oft synonym verwendet, ob wohl sie nicht ganz deckungsgleich sind. Am ehe sten können wir einen Unterschied darin sehen, dass der Ver siche rungsmathematiker sich fast ausschließlich mit den mathe matischen Teilen der Versi cherung beschäftigt, während der Ak tuar auch die Anwendung und die Verbin dung zu den vielen wirt schaftlichen, steuerlichen und gesetzli chen Vorschriften und Methoden kennen und anwenden muss. Sein Auf gabenbereich geht also über die reine Technik weit hinaus.
Vom Aktuar wird erwartet, dass er Vor gaben selbständig weiterver ar beitet und einer Lösung zuführt. Im Rahmen seines Aufgabengebietes hat er die Bewertung und Preisermittlung vorzunehmen sowie Progno sen zu wirtschaftli chen und demographi schen Daten zu er stellen. Im Sinne dieser Ausarbei tung stellt der Aktuar also den Anwender der mathematischen Ergeb nisse früherer Mathematikergene rationen dar, und gleichzeitig ver bindet er diese mit betriebswirtschaftlichen Überlegungen und ge setzlichen Vor schriften zur Planung und Steuerung der Tarifentwicklung im Le bensversicherungs unter nehmen.
Die DAV beschreibt Das Berufsbild des Aktuars auf ihrer Homepage: Aktuare sind wissenschaftlich ausgebildete und speziell geprüfte Experten, die mit mathematischen Methoden der Wahrscheinlichkeitstheorie, der mathematischen Statistik und der Finanzmathematik Fragestellungen insbesondere aus der Versicherungswirtschaft, aber auch aus den Bereichen Bausparwesen, Kapitalanlage und Altersversorgung analysieren und unter Berücksichtigung des rechtlichen und wirtschaftlichen Umfeldes Lösungen entwickeln.
Entsprechend dieser Ausrichtung arbeiten Aktuare im Wesentlichen für Versicherungsgesellschaften, Träger der Altersversorgung und berufsständische Versorgungseinrichtungen, Banken und Bausparkassen, Beratungs- und Wirtschaftsunternehmen, aber auch für Einzelpersonen, Verbände, Behörden, Ministerien, den Gesetzgeber und als Sachverständige vor Gericht. Sie sind als Fachleute für Risikoeinschätzung und Versicherung, Versorgung und Finanzen und für die Bewertung von ungewissen zukünftigen Verpflichtungen tätig.
In letzter Zeit hat sich das Aufgabengebiet der Aktuare um Fragen der Kapitalanlage erweitert. Hauptgrund für diese Erweiterung sind die ständig wachsenden Ansprüche an das Risiko- und Erfolgsmanagement, die in einem zunehmend komplexeren Markt- und Produktumfeld sowohl unternehmensintern und von Kunden und Anteilseignern als auch von den staatlichen Aufsichtsbehörden gestellt werden. In diesem Zusammenhang stellt das sogenannte Asset-Liability-Management, die Aktiv-Passiv-Steuerung, eine wesentliche Komponente dar: Es gilt dabei, die Kapitalanlagen und die versicherungstechnischen Verpflichtungen optimal aufeinander abzustimmen.
Der Aktuar (DAV) ist ein Mitglied der Deutschen Aktuarvereinigung, der Standesvereinigung der Aktuare mit Sitz in Köln (ungef. 4 100 Mitglieder / Anfang 2014). Aktuar (DAV) ist ein Titel und keine Berufsbezeichnung.
2.2, Der Verantwortliche Aktuar :
Im Gegensatz zu den Bezeichnungen in Abschnitt 2.1 ist der Verantwortliche Aktuar (VA) ein gesetzlich festgelegter Begriff, formu liert für Lebensversicherungsunter nehmen in
11 a VAG. Er hat besondere Rechte und Pflichten, die der Finanzierbarkeit der Verträge, der Sicherheit des Unternehmens und damit letztlich dem Kundenschutz dienen. Im Wesentlichen hat er darauf zu achten, dass alle Berechnungen nach aktuariellen Grundsätzen einwandfrei vo