

Beschreibung
Über Jahrhunderte bildete der öffentliche Postsektor einen der zentralen Stützpfeiler moderner Staatlichkeit. Dennoch wurden die staatlichen Strukturen durch Privatisierung und Marktliberalisierung grundlegend verändert und in einen privaten Wettbewerbsmarkt ü...Über Jahrhunderte bildete der öffentliche Postsektor einen der zentralen Stützpfeiler moderner Staatlichkeit. Dennoch wurden die staatlichen Strukturen durch Privatisierung und Marktliberalisierung grundlegend verändert und in einen privaten Wettbewerbsmarkt überführt. Andreas Etling analysiert, wie die Regierungen von Deutschland, Großbritannien und Frankreich unter Ausnutzung institutioneller und parteipolitischer Konstellationen diese Reformen - entgegen politischer und gesellschaftlicher Widerstände - durchsetzen konnten.
Autorentext
Andreas Etling, Dr. rer. pol., ist wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut Arbeit und Wirtschaft der Universität Bremen.
Klappentext
Über Jahrhunderte bildete der öffentliche Postsektor einen der zentralen Stützpfeiler moderner Staatlichkeit. Dennoch wurden die staatlichen Strukturen durch Privatisierung und Marktliberalisierung grundlegend verändert und in einen privaten Wettbewerbsmarkt überführt. Andreas Etling analysiert, wie die Regierungen von Deutschland, Großbritannien und Frankreich unter Ausnutzung institutioneller und parteipolitischer Konstellationen diese Reformen - entgegen politischer und gesellschaftlicher Widerstände - durchsetzen konnten.
Leseprobe
Dank
Diese Arbeit ist am Sonderforschungsbereich 597 "Staatlichkeit im Wan-del" der Universität Bremen entstanden. Während meiner dortigen Tätig-keit habe ich von der stimulierenden intellektuellen Atmosphäre und den Diskussionen mit meinen Kolleginnen und Kollegen enorm profitieren können. Mein besonderer Dank gilt denjenigen, die mich während des Verfassens der vorliegenden Arbeit unterstützt haben. Allen voran möchte ich mich bei Herbert Obinger und Susanne K. Schmidt für die Betreuung meiner Dissertation bedanken. Ihre überaus hilfreichen Kommentare und ihre menschlich angenehme Art haben zum Gelingen meines Forschungsprojekts entscheidend beigetragen.
Stefan Traub möchte ich für seine Ratschläge aus wirtschaftswissen-schaftlicher Perspektive danken, die stets eine Bereicherung meiner Arbeit waren. Mein Dank gilt ferner Reimut Zohlnhöfer und Roy Karadag für konstruktive Anmerkungen und weiterführende Impulse.
Großer Dank gilt darüber hinaus Karsten Mause, Sebastian Streb, Da-niel Seikel, Sylvia Hils, Falk Lenke, Jan-Ocko Heuer und Tilman Krüger für hilfreiche Kommentare zu verschiedenen Aspekten der Dissertation. Erheblich profitiert habe ich zudem von den Diskussionen mit den Mit-gliedern der Bremen International Graduate School of Social Sciences (BIGSSS).
Hervorheben möchte ich die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG), die mir durch die finanzielle Förderung des Sonderforschungsbe-reichs ein sehr gutes Arbeitsumfeld gewährt hat. Hierzu gehören For-schungsaufenthalte in Großbritannien und Frankreich, die es mir erlaub-ten, auch dort Interviews zu führen, Datenmaterial zu sammeln und mich mit Experten vor Ort auszutauschen. In diesem Zusammenhang möchte ich mich besonders bei Olivier Rozenberg, Vlad Gross und Filip Kostelka bedanken, die mich während meines Aufenthalts an der Sciences Po in Paris in meiner Arbeit unterstützt und meinen Aufenthalt menschlich bereichert haben.
Für das Korrekturlesen großer Passagen meiner Doktorarbeit danke ich Gunnar Zamzow, Laura Schibbe und Thorsten Hüller. Ein großer Dank gilt Dieter Wolf, Tristan Hoff und Monika Sniegs für ihre vielfältigen Hilfestellungen. Schließlich bin ich auch meinen Interviewpartnern zu Dank verpflichtet, die sich die Zeit genommen haben, meine Fragen zu beantworten.
Ich widme dieses Buch meiner Familie, insbesondere meiner Frau Me-lissa, die mich stets großartig unterstützt und ermutigt hat. Für alle ver-bliebenen Fehler und Unklarheiten ist allein der Autor verantwortlich.
Andreas Etling
Bremen, 20. Mai 2015
1 Einleitung
1.1 Hintergrund der Untersuchung und Fragestellung
Wer in den letzten Jahren die Presse verfolgte, konnte sich dort einerseits über den Höhenflug der Aktie der Deutschen Post AG und deren Ambitionen als kommende Volksaktie informieren, musste aber auch andererseits erfahren, dass die ehemalige Bundespost sich vollständig von ihren firmeneigenen Filialen trennte (FAZ 06.09.2013; SZ 17.05.2010). Diese Nachrichten wären für interessierte Leser vor kaum mehr als 25 Jahren wohl undenkbar gewesen, sind aber direkte Folge der Restrukturierungswelle, die den Postsektor in den letzten Jahrzehnten erfasst hat und die im Mittelpunkt der vorliegenden Arbeit steht.
Mit dem Postwesen wird ein zentraler Bereich der öffentlichen Dienstleistungen der OECD-Staaten in den Blick genommen, dessen wirtschaftliche und soziale Grundprinzipien sich in der Vergangenheit auch in anderen öffentlichen Sektoren durchsetzten (Coase 1939: 424). Die Postadministrationen gehörten lange Zeit zum Kernstück der nationalen Kommunikationsinfrastruktur und trugen zum Ausbau des modernen Staatswesens bei. Ungeachtet der Entwicklungen in der Kommunikationstechnologie hatten die Postdienste zum Teil bis in die jüngste Zeit eine wichtige Bedeutung für die Regional-, Sozial- und Arbeitsmarktpolitik (J. I. Campbell u.a. 2005: 15; Wachter u.a. 2001). Und nicht zuletzt wegen seiner sicherheitspolitischen Relevanz bildete der Postsektor einen Teil der öffentlichen Verwaltung, sodass auch in etwaigen Krisenfällen die Kommunikation sichergestellt werden konnte. Daher wurden die Postdienste über Jahrzehnte oder teilweise sogar Jahrhunderte als öffentliche Monopoldienstleistung erbracht. Darüber hinaus stellte die staatliche Organisation des Postwesens die traditionelle Regulierungsform eines Sektors dar, der aufgrund der Subadditivität der Kostenfunktion Tendenzen zur Monopolbildung aufweist. Die Post als integraler Bestandteil des Staates hat sich derart im gesellschaftlichen Gedächtnis verankert, dass auch heute noch in der Wissenschaft auf die Funktionsfähigkeit des Postwesens als zentrale Maßeinheit für die Messung der staatlichen Leistungsfähigkeit rekurriert wird (Chong u.a. 2014).
Dennoch waren die staatsnahen Sektoren (Mayntz/Scharpf 1995b) und damit auch der Postsektor seit den 1980er Jahren einer wettbewerbsorientierten Restrukturierung durch die Politik unterworfen. Dieser Wandel von öffentlichen Monopoldienstleistungen zum privaten Wettbewerbsmarkt, der in der Literatur als Übergang vom Leistungs- zum Regulierungsstaat (Grande 1997; Majone 1994; 1997) oder als regulatory capitalism (Levi-Faur 2005) bezeichnet wurde, zeichnet sich durch ein verändertes Verhältnis in der Arbeitsteilung zwischen Staat und Gesellschaft aus. So hat der Staat in der jüngsten Vergangenheit die Leistungserbringung an private Unternehmen delegiert, während er allerdings weiterhin regulatorisch in den Markt eingreift.
Für das Postwesen bedeutete dieser Wandel, dass zunächst die finanzi-ell attraktiven Telekommunikationssparten von den häufig defizitären Postdienstleistungen getrennt sowie die üblicherweise als staatliche Admi-nistrationen geführten Dienste in öffentliche oder privatrechtliche Unter-nehmen umgewandelt und zum Teil veräußert wurden. Darüber hinaus wurden die Monopolmärkte für den Wettbewerb sukzessive geöffnet sowie meist zeitgleich politisch unabhängige Regulierungsinstitutionen geschaffen, die das Konkurrenzprinzip in einem zum Monopol neigenden Markt durchsetzen und die Einhaltung der Prinzipien des Universaldienstes überwachen sollten.
Gegenüber anderen staatsnahen Sektoren - etwa der Telekommunika-tion oder der Elektrizität - weist der Postsektor allerdings ein abweichen-des, erklärungsbedürftiges Reformmuster auf. Im Postwesen setzte sich Deutschland als Pionier an die Spitze der Reformen, während Großbritannien und Frankreich vergleichsweise spät wettbewerbsorientierte Restrukturierungen einleiteten. Dieses Reformmuster widerspricht dem sogenannten British Paradigm (Clifton u.a. 2003: 85), also der Annahme, dass ausgehend von der Pionierrolle Großbritanniens in der Restrukturi…
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